Depression ist eine Erkrankung mit besonderer medizinischer und gesundheitspolitischer
Brisanz. Diese Brisanz ergibt sich aus drei Faktoren:
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Die von der WHO in Auftrag gegebene Studie „Global Burden of Disease” (1997) kommt
zum Ergebnis, dass Depression wie kaum eine andere Krankheit die Betroffenen beeinträchtigt
und zu den wichtigsten Ursachen für vorzeitigen Tod gehört. Diese Problematik wird
sich nach Prognosen der WHO in der Zukunft weiter verschärfen.
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Viele Betroffene suchen keine ärztliche Behandlung auf oder werden von (haus)ärztlicher
Seite nicht als depressiv erkannt. Es gibt derzeit massive diagnostische Defizite.
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Obwohl mit Antidepressiva und Psychotherapie wirksame Behandlungsoptionen zur Verfügung
stehen, kommen diese zu selten zur Anwendung. Schätzungen gehen davon aus, dass lediglich
10 % der Patienten mit Depressionen eine adäquate Akutbehandlung erhalten. Hinsichtlich
der symptomsupressiven und rückfallverhütenden Langzeitbehandlung dürfte die Situation
noch problematischer sein.
Vor dem Hintergrund dieser beunruhigenden Situation wurde nach einem 1 1/2 jährigen
Beantragungsprozess und Auswahlverfahren durch internationale Gutachter im Juli 1999
das Kompetenznetz „Depression, Suizidalität gestartet. Gefördert wird dieses Projekt
über 5 Jahre im Rahmen des BMBF-Forschungsprogramms „Kompetenznetze in der Medizin”.
Ziel dieses Forschungsprogramms ist eine bessere Kooperation und Abstimmung der forschenden
Einrichtungen (horizontale Vernetzung). Zudem wird eine bessere Zusammenarbeit zwischen
den verschiedenen Versorgungsebenen von Hochschulen bis hin zur Primärversorgung angestrebt
(vertikale Vernetzung). Durch das „Zuckerbrot” der finanziellen Förderung wurde bereits
in der Planungsphase ein intensiver Abstimmungsprozess in Gang gesetzt, der zu zahlreichen
stabilen Vernetzungen bisher getrennt arbeitender Bereiche in der Forschung und Versorgung
depressiver Patienten geführt hat. Eingebunden in das Kompetenznetzwerk sind Universitätskliniken,
ferner Bezirks- und Landeskrankenhäuser, psychosomatische Kliniken, niedergelassene
Ärzte und Praxisnetze, Krankenkassen, die Betroffenen und weitere wichtige Partner
im Versorgungssystem.
Nach der Zeit des Säens und Pflanzens beginnt nun die Erntezeit und eine Auswahl der
ersten Früchte wird in den Beiträgen dieses Schwerpunktheftes vorgestellt. Sie dokumentieren
die Breite der Forschungsthemen des Kompetenznetzes „Depression, Suizidalität”, die
von der Molekulargenetik bis zur Versorgungsforschung reicht.
Neben hochkarätiger Forschung betreibt das Kompetenznetz „Depression, Suizidalität”
eine intensive Öffentlichkeitsarbeit mit dem Ziel, auch über diesen Weg das diagnostische
und therapeutische Defizit zu reduzieren und eine bessere Interessensvertretung der
Betroffenen in gesundheitspolitischen Entscheidungsprozessen zu erreichen. Ein Baustein
ist die Homepage (www.kompetenznetz-depression.de) mit täglich 1.500 Besuchern, auf
der Informationen und andere Hilfestellungen für Betroffene und weitergehende Informationen
zum Kompetenznetz zur Verfügung stehen.