ZFA (Stuttgart) 2003; 79(4): 187-192
DOI: 10.1055/s-2003-39958
Keime in der Praxis

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Keime, Resistenzen und die DEGAM-Leitlinie

Pathogens, resistance and the German Society of General Practice and Family Medicine (DEGAM) guidelineH. Jahn1 , A. Graf von Luckner1
  • 1Universitätsklinik Freiburg
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Publication Date:
12 June 2003 (online)

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Zusammenfassung

Die DEGAM-Leitlinie »Brennen beim Wasserlassen« beruft sich u.a. auf Daten, die nicht an deutschen allgemeinmedizinischen Patientenkollektiven erhoben wurden. Ziel unserer Studie war die Erhebung relevanter epidemiologischer Daten aus Allgemeinpraxen. Wir stellten die folgenden Fragen: Wie setzt sich das Erregerspektrum des unkomplizierten HWI des allgemeinmedizinischen Patientenkollektivs zusammen? Wie ist das Resistenzprofil der Erreger? Wieviele Keime liegen pro ml Urin vor? Inwieweit werden die Therapieempfehlungen der DEGAM-Leitlinie »Brennen beim Wasserlassen« umgesetzt? Aus 62 hausärztlichen Praxen der alten Bundesländer werteten wir Daten von 83 Patientinnen mit unkompliziertem HWI aus. In 70 Urinproben wurden 86 Erreger nachgewiesen. Von 41 Urinproben mit 47 Erregern lagen Resistenzprüfungen vor. E. coli wurde in 60/70 (85,7 %) der Urinproben isoliert, gefolgt von Enterococcus 10/70 (14,3 %) und Staphylococcus epidermidis 8/70 (11,4 %). Gegen TMP waren 1/10 (10 %) der Keime der Urinproben resistent, gegen Cotrimoxazol waren 10/41 (24,4 %) der Urinproben resistent und gegen Nitrofurantoin 0/26 (0 %). 54/82 (66 %) der Patientinnen mit anamnestischem Anhalt für unkomplizierten HWI zeigten ≥ 105 Keime/ml Urin, 19/82 (23 %) 102-104, und 2/82 (2 %) < 102 Keime. Bei 7/82 (9 %) waren keine Keime nachweisbar. Therapiert wurden 10/83 (12 %) der Patientinnen nach LL-Empfehlungen. Aufgrund der niedrigen Anzahl von Studienpatienten müssen unsere epidemiologischen Daten kritisch erweitert werden.

Summary

The DEGAM guideline »burning sensation when passing water« is based on data which was not collected from the patient population of the German general practice. The objective of our study was to collect relevant epidemiological data from general medical practice in Germany with the following questions in mind: What is the composition of the pathogen spectrum of the uncomplicated urinary tract infection of the general practice patient population? How high is the resistance profile of the pathogen? How many pathogens occur per one ml urine? How far are the DEGAM guidelines on the »burning sensation when passing water« being applied? The data for evaluation was gathered from 62 family doctor practices in former West Germany, from which 83 patients with uncomplicated urinary tract infections were selected. In 70 urine samples, 86 pathogens were identified. Resistance examination occurred in 41 urine samples with 47 pathogens. E. coli was isolated in 60/70 (85.7 %) of the urine samples, followed by Enterococcus 10/70 (14.3 %) and Staphylococcus epidermidis 8//70 (14.3 %). 1/10 (10 %) of the urine samples were resistant against TMP, 8/70 (11.4 %) against cotrimoxazol and 0/26 (0 %) against nitrofuratoin. With regard to anamnestic evidence of uncomplicated UTI, 54/82 (66 %) of the patients had ≥ 105 CFU/ml urine, 19/82 (23 %) had 102-104 CFU/ml urine and 2/82 (2 %) <102 CFU/ml urine. For 7/82 (9 %) of the patients no pathogens were detectable. 10/83 (12 %) of the patients were treated according to the guideline. Our epidemiological data have to be appraised critically because of the low number of study patients.

Literatur

1 Der Professionalisierungskurs der DEGAM wurde 1999-2001 an fünf Wochendblöcken mit 18 Allgemeinärztinnen und -ärzten erfolgreich durchgeführt. Die Teilnehmenden hatten in diesem Kurs einerseits die Möglichkeit, neue theoretische Grundlagen und direkt nutzbare Fertigkeiten zu den Hauptthemen Lehre und Kommunikation, Versorgung in der Praxis, Qualität, Forschung und Gedeihen an der Hochschule zu erlangen. Andererseits hatten sie durch die Konzeption des Kurses die Möglichkeit, Ziele, Umsetzung und Evaluation in einem aktiven Lernprozess selbst zu gestalten. Den Mitgliedern des Kurses eröffneten sich somit neue Perspektiven in der universitären Arbeit und der interinstitutionellen Zusammenarbeit.

Hubertus Jahn

Lehrbereich Allgemeinmedizin, Universitätsklinik Freiburg

Elsässerstr. 2m, Haus 1A, 79110 Freiburg

Email: Jahnh@Med1.Ukl.Uni-Freiburg.de

Zur Person

Hubertus Jahn

geb. 1966, Medizinstudium in Bonn, Freiburg und Pamplona/Spanien, seit 1995 Weiterbildung zum Allgemeinarzt, seit 2001 Mitarbeiter am Lehrbereich Allgemeinmedizin der Universität Freiburg. In fester Partnerschaft lebend, zwei Kinder.

Schwerpunkte und Interessen: Klassische primärärztliche Funktion, universitäre Lehre, berufsbegleitende Fortbildung, Qualitätsförderung, Psychosomatik.