Notfall Medizin 2003; 29(6): 244-245
DOI: 10.1055/s-2003-40180
Praxis

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Latente Virusinfektionen - Diagnose des Herpes zoster korreliert mit Immunkonstitution

A. Kreuter1 , P. Altmeyer1
  • 1Dermatologische Klinik der Ruhr-Universität Bochum, Bochum (Direktor: Prof. Dr. med. P. Altmeyer)
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Anschrift für die Verfasser

Dr. med. Alexander Kreuter

Dermatologische Klinik der Ruhr-Universität Bochum

Gudrunstraße 56

44791 Bochum

Publication History

Publication Date:
24 June 2003 (online)

Table of Contents #

Zusammenfassung

Herpes zoster wird durch das Varicella-Zoster-Virus verursacht und entsteht durch Reaktivierung einer latenten Infektion des Spinalganglions. Die Inzidenz der Erkrankung nimmt linear mit dem Alter zu. Gehäufte und oftmals ungewöhnlich schwere Zosterverläufe kommen bei Immunsupprimierten, insbesondere bei HIV-infizierten Patienten, vor. Eine weitere Risikogruppe sind Krebspatienten. Am häufigsten tritt der Herpes zoster im Brust- und im Kopfbereich auf. Nach dem Prodromalstadium kommt es zu - charakteristischerweise gruppiert angeordneten - erythematösen Makulae, Papeln und Vesikeln. Die Therapie des Herpes zoster beinhaltet Hemmung der Virusreplikation, Schmerztherapie in der Akutphase, Verhinderung von Sekundärinfektionen und Hautschäden sowie Verhinderung der Zosterneuralgie.

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Summary

Herpes zoster is caused by the varicella-zoster virus and manifests as a result of the reactivation of a latent infection of the spinal ganglion. The incidence of the disease increases linearly with increasing age. Clustering and often unusually severe courses of zoster are observed in immunosuppressed - in particular in HIV-infected - patients. A further risk group are patients with cancer. Most commonly, herpes zoster manifests on the chest and heat. Following the prodromal stage, typical manifestations - characteristically grouped - are erythymatous maculae, pappeln and vesicles. Treatment of herpes zoster encompasses the inhibition of viral replication, management of pain in the acute phase, prevention of secondary infections and dermal lesions and the prevention of zoster neuralgia.

Durch das Varicella-Zoster-Virus werden zwei Krankheitsbilder verursacht: Die Windpocken (Varizellen) und die Gürtelrose (Herpes zoster). Bei den Windpocken handelt es sich um eine hochansteckende Infektionskrankheit des Kindesalters. Herpes zoster ist eine durch Reaktivierung einer latenten Infektion des Spinalganglions entstandene Hauterkrankung durch das Varizella-Zoster-Virus. Die Inzidenz der Gürtelrose nimmt linear mit dem Alter zu, wobei in seltenen Fällen der Herpes zoster bereits in den ersten Lebensjahren auftreten kann. Zum 50. Lebensjahr liegt die Inzidenz des Herpes zoster bei etwa zwei bis drei Fällen pro 1000 Personen pro Jahr. Ab dann zeigt sich ein deutlicher Anstieg. Die Hälfte aller Menschen, die das 85. Lebensjahr erreichen, erkranken zu irgend einem Zeitpunkt ihres Lebens an einer Gürtelrose. Aufgrund der ständig zunehmenden Lebenserwartung der Menschen in der Bundesrepublik Deutschland ist die Diagnose „Herpes zoster” zunehmend. Gehäuft und oftmals ungewöhnlich schwere Zosterverläufe kommen bei Immunsupprimierten, insbesondere bei HIV-infizierten Patienten, vor. Hier tritt der Zoster meist in früherem Alter, oftmals in hämorrhagisch-bullöser Form, teils mehrere Dermatome umfassend und mit längerer Verlaufsdauer und Therapieresistenz, auf. Eine Gürtelrose mit schwerem Krankheitsverlauf bei jungen Erwachsenen gilt als „Indikatorerkrankung” und kann Ausdruck einer ersten klinischen Manifestation einer bis dato nicht bekannten HIV-Infektion sein. Ein interessantes Phänomen ist das Auftreten eines Herpes zoster als „Immunrekonstitutionssyndrom” im Rahmen einer bestehenden HIV-Erkrankung nach Beginn einer hochaktiven antiretroviralen Therapie (HAART). Hier kommt es im Rahmen der Rekonstitution des Immunsystems neben dem Abfall der HIV-RNA im Serum zu einem Anstieg CD8-positiver Zellen. Der Anstieg der Suppressorzellen scheint mitverantwortlich für das Auftreten eines Herpes zoster unter antiretroviraler Therapie zu sein. Eine weitere Risikogruppe sind Krebspatienten. Kinder, die an einer Leukämie erkrankt sind, weisen eine 50-100fach höhere Inzidenz als gesunde Gleichaltrige auf. Dies sind Hinweise auf die Abhängigkeit der Varizella-Zoster-Virus-Reaktivierung von der zellvermittelten Immunität.

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Klinisches Bild eines Herpes zoster

Vor dem Auftreten erster Hautveränderungen kommt es in der Regel zu prodromalen Schmerzen und Parästhesien im betroffenen Dermatom. Häufig werden Müdigkeit und Fieber beschrieben. Nach dem Prodromalstadium kommt es zu - charakteristischerweise gruppiert angeordneten - erythematösen Makulae, Papeln und Vesikeln. Am häufigsten tritt der Herpes zoster im Brust- und im Kopfbereich auf. Seltener sind zervikale, lumbale oder sakrale Dermatome betroffen. Beim Herpes zoster im Kopfgebiet können meningeale Erscheinungen wie Nackensteifigkeit und Kopfschmerzen auftreten. Beim Zoster ophthalmicus kommt es zu Hautveränderungen im Bereich des Verlaufes des 1. Trigeminusastes. Die Umgebung des Auges und der Augenlider können gerötet und ödematös geschwollen sein. In diesen Fällen ist eine ophthalmologische Konsultation angeraten, da der Zoster auf die Konjunktiven und auf die Cornea übergreifen kann und hier die Gefahr einer Keratitis mit Hornhautulzera besteht. Der Zoster oticus ist in der Regel auf das äußere Ohr (Ohrmuschel und Ohrumgebung) beschränkt. Bei Mitbeteiligung des Innenohrs besteht die Gefahr einer Affektion des Trommelfells sowie Gefahr der Akusticus- und Fazialislähmung. Auch hier sollte frühzeitig ein HNO-Arzt zur Mitbehandlung eingeschaltet werden.

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Verlauf des Herpes zoster

Das Aufschießen der charakteristischen gruppiert stehenden Bläschen dauert in der Regel zwei bis drei Tage. Nach etwa einer Woche trübt der Bläscheninhalt gelblich ein und die Austrocknung der Bläschen beginnt. 14 Tage später findet sich meist nur noch eine festhaftende Kruste, zur Narbenbildung kommt es jedoch nur bei schweren hämorrhagisch-nekrotisierenden Verläufen (Zoster hämorrhagicus) oder wenn es zu bakteriellen Sekundärinfektionen gekommen ist. Komplikationen können sowohl im Verlauf eines akuten Zosters als auch als chronische Folgekrankheit in Erscheinung treten. Komplikationen betreffen Haut, Auge und zentrales Nervensystem. Die häufigste und besonders beeinträchtigende Komplikation ist der chronische Zosterschmerz (postherpetische Neuralgie). Oft überdauert er die eigentliche Zostererkrankung langfristig. Der Zoster generalisatus ist selten. Hierbei entwickelt sich ein exanthematisches, über das primär befallene Segment hinausgehendes, varizellenähnliches Bild. Bei immundefizienten Patienten wird der Zoster generalisatus wesentlich häufiger beobachtet. Eine Abklärung einer möglichen zugrundeliegenden Erkrankung, die mit einem Immundefekt einhergeht, muss bei dieser Verlaufsform der Zostererkrankung erfolgen. Es kann zum Befall innerer Organe (Pneumonie, Ösophagitis, Myokarditis, Enterokolitis, Pankreatitis, Arthritis) kommen.

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Therapie des Herpes zoster

Die Therapie des Herpes zoster beinhaltet Hemmung der Virusreplikation, Schmerztherapie in der Akutphase, Verhinderung von Sekundärinfektionen und Hautschäden sowie Verhinderung der Zosterneuralgie. Die äußerliche Therapie richtet sich nach der Akuität der Erkrankung. Bei frischen Bläschen kann eine 2 %ige Clioquinol Lotio dünn auf die befallenen Areale aufgetragen werden. Nach Eintrocknen der Bläschen können antiseptische oder antibiotische Salben beziehungsweise Cremes sinnvoll sein. In der aktuellen antiviralen Therapie des Herpes zoster ist Aciclovir (Zovirax®) bei schweren Zosterverläufen das Medikament der ersten Wahl. Es erfolgen 3mal täglich Einzelinfusionen mit 5 mg/kg KG im Abstand von acht Stunden. Bei Patienten mit Immundefekt kann die Dosierung auf 10 mg/kg KG erhöht werden. Die Behandlungsdauer beträgt in der Regel 5-7 Tage bis zur deutlichen Besserung des Hautbefundes. Gegebenenfalls kann die Aciclovir-Therapie auch oral für einige Tage fortgesetzt werden. Bei Patienten, bei denen eine intravenöse Aciclovir-Behandlung nicht möglich ist, beträgt die Dosierung oral 800 mg 5mal täglich alle vier Stunden. Die analgetische Therapie richtet sich nach dem Grad des Schmerzzustandes entsprechend der WHO-Richtlinien. Bei leichten Schmerzen kann Acetylsalicylsäure oder Paracetamol, bei schwereren Schmerzen Metamizol oder Tramadol verabreicht werden. Generell gilt das Bestreben, bereits im Akutstadium eines Herpes zoster Schmerzfreiheit durch eine konsequente Schmerztherapie zu erzielen. Eine frühestmögliche systemische antivirale Therapie in Kombination mit einer konsequenten Schmerztherapie ist der entscheidende Ansatz, um das Auftreten von postzosterischen Neuralgien zu verhindern.

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Abb. 1

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Abb. 2

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Literatur

  • 1 Altmeyer P, Bacharach-Buhles M. Springer Enzyklopädie Dermatologie, Allergologie, Umweltmedizin.  Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag. 2002; 
  • 2 Gross G. Herpes zoster. Overview, symptoms and treatment.  Med Monatsschr Pharm.. 2002;  25 309-316
  • 3 Gurwood AS, Savochka J, Sirgany BJ. Herpes zoster ophthalmicus.  Optometry. 2002;  73 295-302
  • 4 Johnson RW. Consequences and management of pain in herpes zoster.  J Infect Dis. 2002;  186 83-90
  • 5 Wood M. Understanding pain in herpes zoster: an essential for optimizing treatment.  J Infect Dis. 2002;  186 78-82
  • 6 Gnann Jr JW, Whitley RJ. Clinical practice. Herpes zoster.  N Engl J Med. 2002;  347 340-346
  • 7 Chen TM, George S, Woodruff CA, Hsu S. Clinical manifestations of varicella-zoster virus infection.  Dermatol Clin. 2002;  2 267-282
  • 8 Kreuter A, Schugt I, Hartmann M, Rasokat H, Altmeyer P, Brockmeyer NH. Dermatological diseases and signs of HIV infection.  Eur J Med Res. 2002;  7 57-62
  • 9 Fueyo MA, Lookingbill DP. Herpes zoster and occult malignancy.  J Am Acad Dermatol. 1984;  3 480-482
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Anschrift für die Verfasser

Dr. med. Alexander Kreuter

Dermatologische Klinik der Ruhr-Universität Bochum

Gudrunstraße 56

44791 Bochum

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Literatur

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Anschrift für die Verfasser

Dr. med. Alexander Kreuter

Dermatologische Klinik der Ruhr-Universität Bochum

Gudrunstraße 56

44791 Bochum

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