Demenzen sind eines der größten Probleme, mit denen sich das Gesundheitssystem heute
und in Zukunft in Anbetracht der steigenden Lebenserwartung auseinander setzen muss.
Schätzungen gehen von einem Bedarf von bis zu 2.000.000 Pflegeplätzen im Jahr 2040
aus. Die Kosten für diese Versorgung überschreiten bei weitem die verfügbaren Ressourcen.
Zurzeit lässt sich bei Demenzen das Fortschreiten der Symptome verzögern und der Krankheitsverlauf
kann positiv beeinflusst werden, eine Heilung ist jedoch in den meisten Fällen nicht
möglich. Therapien der Zukunft werden ihre Grundlage im zunehmende Verständnis der
zugrunde liegenden Pathophysiologie haben. Es ist bekannt, dass die Entstehung nicht
löslicher Proteinkomplexe, bestehend aus Aß1-42, Synuclein oder Tau-Protein, sowohl
bei der Alzheimer Demenz, aber auch bei anderen Demenzen, wie der Lewy-Körperdemenz
und der frontotemporalen Demenz, eine entscheidende Rolle spielt. Hieraus ergeben
sich eine Reihe von vielversprechenden therapeutischen Ansätzen auf molekularer Ebene,
die jedoch zurzeit noch nicht zur Verfügung stehen. Dennoch sollten die versorgenden
Ärzte darauf vorbereitet sein, wenn sich hieraus neue Therapieoptionen ergeben. An
dieser Stelle sieht das Kompetenznetz Demenzen, das im August 2002 seine Tätigkeit
aufgenommen hat, eine seiner wesentlichen Aufgaben.
Es handelt sich dabei um einen bundesweiten Zusammenschluss von 14 auf dem Gebiet
der Demenzforschung führenden universitären Zentren, der vom Bundesministerium für
Bildung und Forschung gefördert wird. Zurzeit werden noch 16 weitere Kompetenznetze
in der Medizin vom BMBF gefördert. Ebenfalls am Kompetenznetz Demenzen beteiligt sind
Krankenhäuser, niedergelassene Fach- und Hausärzte, Industrieunternehmen und die deutsche
Alzheimer Gesellschaft. Das Kompetenznetz soll bundeseinheitliche Richtlinien für
die Diagnostik und Therapie demenzieller Erkrankungen entwickeln, die rasche Etablierung
neuer Therapieformen ermöglichen, den Austausch zwischen Wissenschaftlern und Praktikern
fördern und ein Höchstmaß an Versorgungsqualität für die Bevölkerung sicherstellen.
Eines der Projekte erfasst die Möglichkeiten der Früherkennung und Versorgung von
Demenzerkrankten durch den Hausarzt. Kaduszkiewicz und van den Bussche (Hamburg) geben
einen Überblick über bisherige Studien zu diesem Thema und beschreiben ein Projekt
des Kompetenznetzes, in dem eine Analyse der vom Hausarzt erfassten Demenzerkrankungen
und des weiteren Vorgehens erfolgt.
Der Artikel zum vertikalen Netzwerk von Wolf (Göttingen) beschäftigt sich mit den
bislang in der Gemeinde vorhandenen Ressourcen für Demenzkranke in unterschiedlichen
Versorgungsregionen und mit der Verbesserung des Informationsflusses mit Hilfe eines
IT basierten Informationsdienstes.
Auf Grund der klinischen Komplexität, mit der Demenzen in Erscheinung treten, gestaltet
sich die Diagnostik häufig schwierig. In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass
Lewy-Körperdemenzen wesentlich häufiger als ursprünglich angenommen sind, obwohl sie
nicht die Häufigkeit der Alzheimer Demenz erreichen. Ebenso sind reine Formen der
Alzheimer Demenz seltener als angenommen und gemischte Formen von Alzheimer Demenz
mit vaskulären Veränderungen machen einen großen Teil aus. Zur Unterscheidung dieser
verschiedenen Formen von Demenzen werden bessere diagnostische Instrumente gebraucht.
Einen Überblick über die Rolle der neuropsychologischen Verfahren im Kompetenznetz
Demenzen gibt der Artikel von Wolf (Göttingen). Post mortem Studien haben gezeigt,
dass selbst in spezialisierten Zentren bis zu 20 % der Demenzen fehldiagnostiziert
werden. Hier zeigt sich die Notwendigkeit spezifischer laborchemischer diagnostischer
Marker für die unterschiedlichen Erkrankungen. Dies stellt einen wichtigen Teilbereich
des Diagnostikmoduls dar, das von Wiltfang und Kornhuber (Erlangen) beschrieben wird.
Die Verfügbarkeit neurochemischer Marker und moderner bildgebender Verfahren wird
uns in Zukunft hoffentlich in die Lage versetzen, die diagnostische Genauigkeit im
weiten Feld der Demenzen erheblich zu verbessern.
Weiterhin wird eine Therapiestudie im Kompetenznetz durchgeführt, die synergistische
Effekte zwischen zwei etablierten medikamentösen Therapien, Galantamin und Memantine,
nachweisen soll. Diese Studie wird von Heuser (Berlin) beschrieben. Ein zentrales
Ziel der Therapiestudie ist das Etablieren einer Infrastrukur, die die rasche Evaluation
neuer Therapieformen ermöglicht, sodass sie schnellst möglich zur Behandlung von Patienten
zur Verfügung stehen.
Weitere Informationen über die Kompetenznetze in der Medizin und das Kompetenznetz
Demenzen finden sich auf folgenden Internetseiten:
http://www.kompetenznetze-medizin.de
http://www.kompetenznetz-demenzen.de