Zusammenfassung
Fragestellung: Nachdem bereits die Effektivität der ambulanten Nachsorge in mehreren Veröffentlichungen
untersucht wurde, beschäftigt sich die vorliegende Arbeit mit der Frage, welche Rehabilitanden
das Angebot einer ambulanten psychosomatischen Nachsorge in Anspruch nehmen und wie
sie gegenüber Nichtteilnehmern zu charakterisieren sind. Gleichzeitig wurde ein Vorhersagemodell
getestet, das Aussagen darüber zulässt, welche Versicherten an einer ambulanten Nachsorge
teilnehmen. Anhand einer Nachbefragung wurden darüber hinaus die Gründe für eine Nichtteilnahme
erfragt. Ergebnisse: Insgesamt nahmen 68 von 187 Versicherten (36,4 %) der LVA Hannover, die sich zuvor
einer stationären psychosomatischen Rehabilitationsmaßnahme unterzogen hatten, an
der Nachsorge teil. Die Teilnehmer waren zu Beginn und am Ende der stationären Heilbehandlung
depressiver als die Nichtteilnehmer und blieben im Durchschnitt eine Woche länger
in der stationären Behandlung. Sie waren partnerschaftlich weniger gebunden und hatten
häufiger eine Psychotherapieempfehlung zur Nachbehandlung erhalten. Die Nichtteilnehmer
waren wesentlich unzufriedener mit der stationären Rehabilitation und wiesen längere
Arbeitsunfähigkeitszeiten im Vorjahr der stationären Rehabilitation auf. In der Nachbefragung
gaben die Nichtteilnehmer an, dass sie lieber Einzelgespräche wahrgenommen hätten
und außerdem in einem guten sozialen Umfeld leben würden. Diskussion: Die Ergebnisse zeigen, dass die Teilnehmer der ambulanten psychosomatischen Nachsorge
in ihren Aktivitäts- und Partizipationsmöglichkeiten deutlicher eingeschränkt sind
als die Vergleichsgruppe. Gleichzeitig werden die Gründe, an der ambulanten psychosomatischen
Nachsorge nicht teilzunehmen sowie der Wunsch nach Einzelgesprächen vor dem Hintergrund
des Rehabilitationsauftrags der Rentenversicherung und der Akzeptanz von Gruppenangeboten
allgemein kritisch diskutiert.
Abstract
Questions: The effectiveness of outpatient after-care has been widely researched. This publication
now deals with the questions as to which patients make use of outpatient psychosomatic
after-care and how they can be characterized compared to non-participants. Moreover,
this article presents the results of a prognosis model that has been tested with the
aim of predicting which insurants will participate in outpatient after-care. Non-participants
have been inverviewed and their reasons for non-participation have been analyzed.
Results: The total number of participants in after-care was N = 68 (36.4 %) of 187 insurants.
They were more depressed than non-participants, both at the beginning and at the end
of in-patient treatment, and on average stayed a week longer in in-patient therapy.
Fewer of them had partners and more of them had been given psychotherapeutical recommendations
for after-care. Non-participants were unable to work for longer periods in the year
previous to hospitalization and were much more dissatisfied with in-patient rehabilitation.
In the subsequent interviews the non-participants stated that they would have preferred
to meet their psychotherapists for individual sessions and to live in a good social
environment. Discussion: The results of this study show that the participants of outpatient psychosomatic
after-care are more restricted in their activity and participation than the controlgroup.
At hte same time the reasons not to participate and the request for individual psychotherapy
are discussed on the basis of the aims of pension insurances and the general acceptance
of group psychotherapy.
Key words
Literatur
- 1 Kobelt A, Grosch E, Lamprecht F. Ambulante psychosomatische Nachsorge. Integratives
Trainingsprogramm nach stationärer Rehabilitation. Stuttgart; Schattauer 2002
- 2
Lamprecht F, Kobelt A, Künsebeck H W, Grosch E, Schmid-Ott G.
Ergebnisse der 1-Jahres-Katamnese einer ambulanten wohnortnahen Nachsorge nach stationärer
psychosomatischer Rehabilitation.
Psychother Psych Med.
1999;
49
387-391
- 3
Herschbach P.
Über den Unterschied zwischen Kranken und Patienten.
Psychother Psych Med.
1995;
45
83-89
- 4 Meller I, Fichter M M.
Krankheitsverhalten. Inanspruchnahme medizinischer Dienste. In: Fichter MM (Hrsg) Verlauf psychischer Erkrankungen in der Bevölkerung. Berlin;
Springer 1990: 232-254
- 5
Schneider W, Klauer T, Janssen P L, Tetzlaff M.
Zum Einfluss der Psychotherapiemotivation auf den Psychotherapieverlauf.
Der Nervenarzt.
1999;
70
240-249
- 6 Nübling R. Psychotherapiemotivation und Krankheitskonzept. Zur Evaluation psychosomatischer
Heilverfahren. Frankfurt; Verlag für akademische Schriften 1992
- 7
Bürger W, Morfeld M.
Gibt es schichtspezifische Benachteiligungen bei der Inanspruchnahme von medizinischen
Reha-Maßnahmen?.
Rehabilitation.
1999;
38
134-141
- 8 Geyer S.
Psychotherapie und soziale Ungleichheit. In: Strauß B, Geyer M (Hrsg) Psychotherapie in Zeiten der Veränderung. Historische,
kulturelle und gesellschaftliche Hintergründe einer Profession. Opladen; Westdeutscher
Verlag 2000: 210-219
- 9
Schneider W, Basler H D, Beisenherz B.
Die Unterschiede bei der Krankheitsbewältigung - Krankheitserleben und Behandlungserwartungen
bei stationären Psychotherapiepatienten.
Psycho.
1990;
16
511-520
- 10 Franz M.
Wer nimmt an? - Empirische Einflussfaktoren der Psychotherapieakzeptanz. In: Lamprecht F, Johnen R Salutogenese. Ein neues Konzept in der Psychosomatik?. Frankfurt;
Verlag für akademische Schriften 1994: 284-298
- 11 Manz R.
Social support. In: Schepank H (Hrsg) Verläufe: Seelische Gesundheit und psychogene Erkrankung heute. Berlin;
Springer 1990: 106-119
- 12
Kobelt A, Schmid-Ott G, Künsebeck H W, Grosch E, Hentschel J, Malewski P, Lamprecht F.
Bedingungen erfolgreicher ambulanter Nachsorge nach stationärer psychosomatischer
Rehabilitation.
Praxis klinische Verhaltensmedizin und Rehabilitation.
2000;
52
16-23
- 13
Harfst T, Koch U, Schulz H.
Nachsorgeempfehlung in der psychosomatischen Rehabilitation - Empirische Analyse auf
der Basis des einheitlichen Entlassungsberichts der Rentenversicherungsträger.
Rehabilitation.
2002;
41
407-414
- 14 Waltz E M.
Soziale Faktoren bei der Entstehung und Bewältigung von Krankheit - ein Überblick
über die empirische Literatur. In: Badura B (Hrsg) Soziale Unterstützung und chronische Krankheit. Zum Stand sozialepidemiologischer
Forschung. Frankfurt; Suhrkamp 1981: 40-119
- 15
Manz R.
Konfundierungseffekte in sozialwissenschaftlichen Untersuchungen und deren Kontrolle
am Beispiel Persönlichkeit, soziale Unterstützung und psychische Erkrankung.
Psychother Psych Med.
1997;
47
198-205
- 16
Hillert A, Staedtke D, Cuntz U.
Bei welchen psychosomatischen Patienten sind berufsbezogene Therapiebausteine indiziert?
Therapeutenentscheidung und operationalisierte Zuweisungskriterien im Vergleich.
Rehabilitation.
2001;
40
200-207
- 17
Bürger W.
Hilft stationäre psychosomatische Rehabilitation im Arbeitsleben? Eine Längsschnittuntersuchung
zum Erfolg stationärer psychosomatischer Rehabilitation im beruflichen Bereich.
Praxis klinische Verhaltensmedizin und Rehabilitation.
1998;
44
60-76
- 18
Beutel M, Kayser E, Vorndran A, Farley A, Bleicher F.
Die integrierte berufliche Belastungserprobung in der medizinischen Rehabilitation
- Erfahrungen und Perspektiven am Beispiel der psychosomatischen Rehabilitation.
Rehabilitation.
1998;
37
85-92
- 19
Schneider E, Olbrich D.
Psychosomatische Rehabilitation bei Störungen am Bewegungsorgan - Erkundungsstudie
zu einem indikativen Therapieprogramm.
Rehabilitation.
1996;
35
215-223
- 20
Kieser J, Schmidt J, Krambeck P, Nübling R, Wittmann W W.
Psychosomatische Rehabilitation mit integrierter Berufstherapie (berufliche Belastungserprobung):
Ergebnisse einer Evaluationsstudie.
Praxis klinische Verhaltensmedizin und Rehabilitation.
2000;
52
48-56
- 21
Weber A, Weber U, Raspe H.
Medizinische Rehabilitation bei Langzeitarbeitsunfähigkeit.
Rehabilitation.
1999;
38
220-226
Dr. Axel Kobelt
Landesversicherungsanstalt Hannover · Ärztlicher Dienst
Lange Weihe 2
30880 Laatzen
eMail: axel.kobelt@lva-hannover.de