Ionisierende Strahlung, limitierte räumliche Auflösung und Schwierigkeiten in der
Unterscheidung zwischen akuter Pyelonephritis und Narben sind die negativen Seiten
dieses Verfahrens. Ist die Gadolinium verstärkte Magnetresonanz- Imaginierung (MRI)
das Verfahren der Zukunft? A. C. Weiser und Kollegen berichten in ihrer Studie von
ihren Erfahrungen mit dieser neuen Methode anhand von 9 pädiatrischen Patienten im
Alter zwischen 7 Monaten und 18 Jahren zur radiographischen Abklärung einer akuten
Polynephrtitis (The Journal of Urology 2003; 169: 2308 - 2311).
Bei 4 Patienten wurde eine akute Polynephritis mittels MRI nachgewiesen, 2 zeigten
Narben, die auf eine frühere Polynephritis zurückzuführen waren, ein Patient zeigte
Anzeichen für eine chronische Polynephritis mit chronischen Veränderungen und 2 hatten
völlig normale Untersuchungen mit verminderter Signalintensität nach Gadolinium. Der
Kostenvergleich zwischen 99m-Technetium DMSA und Gadolinium-MRI fiel zugunsten letzterem
aus. Für das MRI wurden alle Patienten unter 6 Jahren intravenös sediert, für das
DMSA-Scanning 70 % der Kinder. Demgegenüber steht jedoch die detaillierte anatomische
Darstellung der renalen Architektur ohne Strahlenexposition mittels MRI, die eine
eindeutige Unterscheidung zwischen akuter Polynephritis und chronischen polynephritischen
Narben in einer Sitzung erlaubt.
Gerade bei Kindern bietet sich die Gadolinium-verstärkte MRI an, wenn auf ionisierende
Strahlung weitgehend verzichtet werden sollte. Sie ist schnell, reproduzierbar, kosteneffektiv
und sicher. Sie wird wohl als Methode der Wahl in der Diagnose einer akuten Polynephritis
aufsteigen.
Kommentar zur Studie
Der Artikel von Dr. Weiser und Kollegen ist ein weiterer interessanter Beitrag zur
diagnostischen Bildgebung der akuten Pyelonephritis. Die Autoren untersuchten in einer
kleinen Gruppe von Kindern (n = 9) den Einsatz der kontrastverstärkten MRT. Dieser
Beitrag ist für die urologische Fachliteratur sicherlich sehr zu begrüßen. Man muss
aber auch feststellen, dass es schon Ende der 90er-Jahre in der radiologischen Fachliteratur
ausführlichere und mit einer größeren Patientenzahl publizierte Studien bezüglich
der diagnostischen Potenziale der MRT gab. Nach dem heutigen Wissensstand scheint
es so, dass die MRT bezüglich parenchymatöser Läsionen bei akuter oder chronischer
Pyelonephritis Antworten mit hoher diagnostischer Sicherheit liefern kann. Wesentlich
ist jedoch die Frage, welche therapeutischen Konsequenzen sich daraus ergeben. In
der Institution der Autoren scheint das Ergebnis der MRT einen wichtigen Beitrag für
das klinische Management zu leisten. Man muss aber im Auge behalten, dass in vielen
Zentren diese zusätzliche Information keine wesentliche therapeutische Änderung hervorruft.
Eine DMSA-Szintigraphie durch eine MRT zu ersetzen trotz dieser Bedenken, ist von
großem Vorteil, da eine Strahlenexposition vermieden wird. Von dem Einsatz der MRT
ist es für die Routineanwendung wichtig, das Potenzial der modernen Sonographie auszuschöpfen.
Bei der Frage pyelonephritischer Läsionen stehen hochauflösende Ultraschallköpfe,
das Farb- und die Power-Doppler-Verfahren und in letzter Zeit die Harmonic imaging-Modalität
zur Verfügung. Diese ermöglichen in der B-Bild- bzw. in der Doppler-Untersuchung eine
deutlich bessere Abgrenzung von pathologischen Befunden. Eine weitere potenzielle
Anwendung ist der Einsatz von intravenösem Ultraschallkontrastmittel. Die Sonographie
ist im Vergleich ubiquitär verfügar, benötigt keine Sedierung und ist auch kostengünstiger.
Zusammenfassend kann man sagen, dass die MRT bei der diagnostischen Bildgebung der
Pyelonephritis eingesetzt werden kann, insbesondere als Alternative zur DMSA-Szintigraphie.
Wesentlich ist aber, ob sich aus einer derartigen Diagnostik Auswirkungen auf die
Behandlung des Patienten ergeben.
Prof. K. Darge, Würzburg
Kommentar zur Studie
Der Artikel von Adam C. Weiser et al. befasst sich mit einer interessanten Methode
zur Bereicherung des diagnostischen Spektrums bei Harnwegsinfektionen im Kindesalter.
Die hier beschriebene und an 9 Kindern mit klinischem Verdacht auf Pyelonephritis
angewandte MRT-Technik wurde schon mehrfach zuvor am Tierexperiment und in klinischen
Studien intensiv getestet und hat sich im Vergleich mit verschiedenen anderen bildgebenden
Methoden - insbesondere der Standardmethode renale kortikale Szintigraphie - als vorteilhaft
erwiesen.
Geradezu brillant ist der spezielle technische Ansatz dieser Methode: Neben primär
anatomisch orientierten Sequenzen wird eine schnelle Inversion-Recovery-Spinecho Sequenz
nach intravenöser Applikation des MR-Kontrastmittels Gadolinium-DTPA akquiriert. Bei
diesem Sequenztyp stellt sich das normal Kontrastmittel anreichernde und konzen- trierende
Nierengewebe signalarm (= schwarz) dar. Demgegenüber bleibt die Signalintensität von
Gewebe, das schlecht durchblutet ist, oder das Kontrastmittel nicht konzentrieren
kann, hoch.
Darüber hinaus zeigen sich mit dieser Sequenz vermehrt wasserhaltige Strukturen, also
auch ödematöses Gewebe, ebenfalls signalintensiv. Bei der akuten Pyelonephritis spielen
pathophysiologisch als entzündliche Reaktion der Niere auf die bakterielle Invasion
sowohl als fokale Ischämie als auch ein interstitielles Ödem eine Rolle. So zeichnen
sich akute pyelonephritische Läsionen mit dieser MRT-Technik durch eine im Vergleich
zum gesunden Gewebe deutlich angehobene Signalintensität aus, die aus der Kombination
einer mangelnden KM-Anreicherung mit ödematös verändertem Gewebe resultiert. Die Herde
leuchten also hell auf, die zusätzlichen Sequenzen erleichtern die anatomische Orientierung.
Mit dieser Technik erreicht die MRT in histologischen Vergleichstudien eine hohe Sensitivität
zur Detektion pyelonephritischer Herde. Die Unterscheidung der akuten Pyelonephritis
von der maturen Narbe erscheint mit der MRT leichter als mit der kortikalen Szintigraphie.
Neben der hohen Sensitivität und Spezifität besteht ein weiterer wesentlicher Vorteil
dieser Methode in der fehlenden Strahlenbelastung, was besonders bei Kindern Bedeutung
hat. Dem stehen als Nachteile die mancherorts noch limitierte Verfügbarkeit und die
Notwendigkeit einer guten Sedierung bei kleinen Kindern gegenüber. Wie Weiser et al.
detailliert herleiten, sind die Kosten der MRT-Methode mit denen der kortikalen Szintigraphie
vergleichbar.
Eine kritische Frage muss sich diese Methode allerdings gefallen lassen: Wird zur
Diagnostik der Pyelonephritis überhaupt eine bildgebende Methode benötigt, oder ist
die Pyelonephritis nicht per se eine klinische Diagnose? Muss hier nicht das rasche
therapeutische Eingreifen mit dem Ziel der Verhinderung späterer postpyelonephritischer
Narben ganz im Vordergrund stehen und ist nicht jegliche Verzögerung durch eine Bildgebung
zu vermeiden? Spielt nicht das detaillierte Erkennen sämtlicher einzelner Herde demgegenüber
eine deutlich untergeordnete Rolle? Die Antwort wird durch die Autoren selbst gegeben,
die bei der Diagnostik der Pyelonephritis zum wohl überlegten Gebrauch bildgebender
Untersuchungen raten und deren routinemäßigen Einsatz ablehnen. Einzelfälle, in denen
eine Bildgebung sinnvoll zur Klärung beitragen kann, sind Fieber unbekannter Ursache
bei fraglichem Harnwegsinfekt, chronische Bakteriurie mit unsicheren klinischen Zeichen
des akuten Harnwegsinfektes, fieberhafter Harnwegsinfekt trotz antibiotischer Prophylaxe
bei bekanntem vesikoureteralen Reflux und multiple fieberhafte Harnwegsinfekte.
Sinnvoll und zurückhaltend angewandt, kann also die kontrastmittelverstärkte MRT als
komplementäres diagnostisches Mittel einen wertvollen Beitrag im diagnostischen Spektrum
des kindlichen Harnwegsinfektes leisten.
PD Wiltrud K. Rohrschneider, Heidelberg
Kommentar zur Studie aus nuklearmedizinischer Sicht
Die szintigraphische Untersuchung der Nieren mit 99m-Tc-DMSA in SPECT- Technik ist
eine etablierte und validierte Methode bei V.a. akute Pyelonephritis im Kindesalter.
Im Einzelfall kann tatsächlich die Unterscheidung zwischen einer akuten Pyelonephritis
und älteren narbigen Veränderungen schwierig sein, sofern keine szintigraphischen
Voraufnahmen vorliegen. Hieraus kann jedoch unseres Erachtens keine generelle Empfehlung
zur Abkehr von der szintigraphischen Untersuchung mit 99m-Tc-DMSA abgeleitet werden.
Die in der Publikation angegebenen Kosten der DMSA-Szintigraphie fallen in Deutschland
deutlich niedriger aus, eine intravenöse Sedierung der Patienten ist nach unserer
Erfahrung nur sehr selten erforderlich.
Prof. P. Bartenstein, Mainz