Rehabilitation (Stuttg) 2004; 43(3): 152-161
DOI: 10.1055/s-2003-814985
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Stufenweise Wiedereingliederung nach orthopädischer Rehabilitation - Teilnehmer, Durchführung, Wirksamkeit und Optimierungsbedarf

Stepwise Occupational Reintegration - Participants, Realization, Effectiveness, and Optimization RequirementsW.  Bürger1
  • 1Arbeitsgruppe Reha-Forschung, Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
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Publication Date:
17 June 2004 (online)

Zusammenfassung

Der vorliegende Beitrag stellt erstmals Forschungsergebnisse zur stufenweisen Wiedereingliederung (STW) bei Patienten mit orthopädischen Erkrankungen - überwiegend Rückenschmerzen - vor. Im Rahmen einer einmaligen retrospektiven Fragebogenerhebung wurden von Januar bis Mai 2003 insgesamt 534 Versicherte der Landesversicherungsanstalt Schleswig-Holstein befragt, die in den Jahren 1999 - 2001 eine medizinisch-orthopädische Rehabilitation abgeschlossen haben und denen in diesem Zusammenhang eine STW empfohlen wurde. Die Teilnahmequote an der Befragung lag bei 47 % (n = 250 ausgefüllte Fragebogen). Die standardisierte Befragung erfasste neben Daten zur Demografie, Erkrankung, beruflichen Situation und Rehabilitation insbesondere Angaben zur Einleitung der STW, zur Durchführung, zur Bewertung der STW sowie zur Rückkehr ins Erwerbsleben. STW wird bei etwa 4,5 % der Rehabilitanden mit orthopädischen Erkrankungen angeregt, in 57 % der Fälle folgen die Versicherten dieser Empfehlung. Die Ergebnisse zeigen insgesamt positive Bewertungen der STW und auch mittelfristig stabile hohe Wiedereingliederungsquoten von über 80 %, aber mit über 15 % auch hohe Abbruchquoten. Optimierungsbedarf ergibt sich diesen Ergebnissen zufolge insbesondere im Hinblick auf die Einleitung und Motivierung zur STW, aber auch im Sinn einer besseren Unterstützung während der STW. In diesem Zusammenhang eröffnen enge Verzahnungen von stufenweisen Wiedereingliederungen mit begleitenden Rehabilitationsverfahren neue viel versprechende Perspektiven auf zielgerichtet erwerbsbezogene Rehabilitationsverfahren.

Abstract

This paper presents research results on stepwise occupational reintegration in patients with orthopaedic diseases, predominantly back pain. A retrospective questionnaire study was performed from January to May 2003. We questioned 534 insurants of the LVA (statutory pension insurance institute) in Schleswig-Holstein who had completed orthopaedic rehabilitation between 1999 and 2001 and had been recommended for stepwise occupational reintegration. The participant rate was 47 % (n = 250 completed questionnaires). The standardized survey included demographic as well as illness-, rehabilitation- and job-related information. Particularly, information about the beginning and implementation of the stepwise occupational reintegration programme, its evaluation by the insurants, and their reintegration into working life was gathered. Stepwise occupational reintegration was recommended for 4.5 % of the rehabilitation patients; 57 % of them acted on this suggestion. The results show a positive appraisal of the stepwise occupational reintegration programme in general and high rates of reintegration (more than 80 %) at mid-term. However, the dropout rate of 15 % is quite high. The results suggest a necessity for optimization especially regarding initiation of the stepwise occupational reintegration programme, patient motivation, and better support for patients during the programme. Thus, a close linkage of stepwise occupational reintegration with accompanying rehabilitation programmes offers promising perspectives for purposive occupation-orientated rehabilitation programmes.

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1 Besonderer Dank gebührt Frau Dr. Glaser-Möller für ihre engagierte Unterstützung der Erhebung.

Dr. phil. Dipl.-Psychologe Wolfgang Bürger

Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf · Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie · Haus S 35

Martinistraße 52

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Email: buerger@uke.uni-hamburg.de

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