Dtsch Med Wochenschr 2004; 129(4): 163-164
DOI: 10.1055/s-2004-817608
Leserbriefe

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Hat die Größe der Geburtsklinik Einfluss auf das neonatale Überleben? Schätzung von „vermeidbaren“ Todesfällen in Hessen 1990 - 2000

Zum Beitrag aus DMW 13 /2003
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Publication Date:
15 January 2004 (online)

Der Artikel über die Studie zur Klinikgröße [1] ist von besonderer gesundheitspolitischer Brisanz.

Die Tab. 1 des Beitrages zeigt alle frühen neonatalen Todesfälle in einer Periode von 11 Jahren (1990 - 2000) in Bezug zur Gruppe aller Lebendgeborenen. Die frühen neonatalen Todesfälle bekamen logischerweise den ausschließenden Faktor „Totgeburt“ (Tab. 1, Legende 1). Gleichzeitig wird die Gruppe im Text erweitert: „Mit Ausnahme der subpartal verstorbenen Kinder“. Auch Kinder mit kongenitalen Anomalien und hereditären Stoffwechseldefekten wurden verständlicherweise ausgeschlossen. Wie wurden anhand der Dateneintragungen der Hessischen Perinatalerhebung genau differenziert, ob es sich um kongenitale Anomalien und hereditäre Stoffwechseldefekte handelt?

Die Anzahl der Kliniken, die Daten für die jeweiligen Untergruppen liefern, wird nicht genannt.

Durch die Bildung der verschiedenen Untergruppen finden sich Gruppengrößen von 45 „Lebendgeburten“ und 234 395 „Lebendgeburten“, die die Grundlagen für Vergleiche darstellen. Auch in der Sparte „Frühe neonatale Todesfälle“ ist die Spannweite erheblich: Die Gruppengrößen rangieren zwischen 4 „Frühe neonatale Todesfälle“ und 375 „Frühe neonatale Todesfälle“.

Wurde hier der Faktor „Zufall“ berechnet, um die Mengen verschiedener Größen vergleichbar zu machen? Konkreter: Inwieweit wurde in Tab. 1 einberechnet, dass sieben Todesfälle innerhalb von 11 Jahren (in der Klasse „Geburtsgewicht 2000 - 2499g“, „sehr klein (£ 500 Geburten/Jahr)“) zum guten Teil dem Zufall zuzuschreiben sind?

Daran anschließend: Ist etwas darüber auszusagen, ob bei den verstorbenen Kindern ein Risiko vor der Geburt bekannt war oder nicht?

Was genau meint der Rechenweg: „Hier wurden rohe Mortalitätsraten berechnet, die nicht zur Berechnung von geschätzten und attributablen Todesfällen genutzt wurden“ (Tab. 1, Legende 5)?

Zur Tab. 2: Wie ist die Anzahl der „teilnehmenden hessischen Neonatalkliniken“? Werden darunter auch Perinatalzentren mit Neugeborenenstation verstanden oder zählen Verlegungen innerhalb eines Zentrums nicht dazu? Wie viele große Kliniken im Verhältnis zu kleineren Kliniken haben überwiesen?

Auch wenn die gemachten Vorschläge eingehalten würden, wie würden Frauen mit Frühgeburten versorgt werden, wenn sie einen zu langen Anfahrtsweg haben? Soweit ich die Autoren verstehe, wird die Frühgeburtlichkeit in der Schwangerenvorsorge erkannt, aber an den falschen Orten behandelt. Die Frage stellt sich, ob die Frühgeburtlichkeit stärker sinkt, wenn mehr Frauen mit Frühgeburtsbestrebungen in Zentren behandelt werden. Oder ist es nicht sinnvoller, alle Maßnahmen zu überdenken, die vorbeugend gegen Frühgeburtlichkeit wirken, damit Frauen und Kinder dort bleiben können, wo sie am besten aufgehoben sind, nämlich zu Hause bzw. im Mutterleib?

Literatur

  • 1 Heller G. et al . Hat die Größe der Geburtsklinik Einfluss auf das neonatale Überleben? Schätzung von „vermeidbaren“ Todesfällen in Hessen 1990 - 2000.  Dtsch Med Wochenschr. 2003;  128 657-662

Dr. rer. medic. Christine Loytved

Institut für Medizin- und Wissenschaftsgeschichte, Universität Lübeck

Königstraße 42

23552 Lübeck

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