Die Eigensynthese ist in der Regel nicht bedarfsdeckend
Im Gegensatz zu den meisten anderen Vitaminen ist der menschliche Organismus zu einer
Eigensynthese von Vitamin D befähigt. Unter dem Einfluss von UV-Licht kann Vitamin
D3 (Cholecalciferol) in der Haut aus der Vorstufe 7-Dehydrocholesterin gebildet werden.
Diese Eigensynthese ist unter den klimatischen Bedingungen Mittel-europas in der Regel
nicht bedarfsdeckend, was vor allem für die Wintermonate gilt. Eine kontinuierliche
exogene Zufuhr von Vitamin D über die Nahrung ist daher erforderlich.
Die aktuellen Referenzwerte für die Nährstoff-zufuhr (herausgegeben von den Gesellschaften
für Ernährung in Deutschland, Österreich und der Schweiz - D.A.CH.-Referenzwerte)
nennen für das Vitamin D eine empfohlene Zufuhr von 5 μg pro Tag für den erwachsenen
Menschen bis 65 Jahre und von 10 μg über 65 Jahre. Die höhere Zufuhr beim älteren
Erwachsenen wird durch eine verminderte Fähigkeit zur Vitamin-D-Bildung in der Haut
begründet.
Der Vitamin-D-Status kann über die Messung der Plasmakonzentration von 25-Hydroxy-Vitamin
D3 festgestellt werden. Werte zwischen 25 und 50 nmol/l werden als leichter Mangel,
Werte zwischen 10 und 25 nmol/l als mittelgradiger Mangel und Werte unter 10 nmol/l
als schwerer Mangel klassifiziert (Thomas: Labor und Diagnose, TH-Books GmbH, 5. Auflage
2000). Inverse Beziehungen bestehen zwischen den Serumkonzentrationen von 25-Hydroxy-Vitamin
D3 und Parat-hormon (PTH) und verschiedene Studien zur Ermittlung »optimaler« Serumkonzentrationen
von 25-Hydroxy-Vitamin D3 haben sich mit der Frage befasst, ab welchen Serumkonzentrationen dieses Vitamin-D-Metaboliten
ein sekundärer Hyperparathyreoidismus nicht mehr auftritt. Danach sind Werte < 40
nmol/l bei jungen Mädchen mit verminderter Knochendichte der Elle und hohem PTH korreliert,
Werte < 60 nmol/l gehen bei postmenopausalen Frauen mit einer erhöhten Ausscheidung
von Knochenresorptionsmarkern und hohem PTH einher und erst ab Werten von ca. 100
nmol/l kann das Auftreten eines sekundären Hyperparathyreoidismus nicht mehr beobachtet
werden.
Welche Werteverteilungen für 25-Hydroxy-Vitamin D3 werden in Deutschland gefunden? Zunächst sind starke jahreszeitliche Unterschiede
hervorzuheben. Untersuchungen an freiwilligen (gesunden) Probanden zeigen für den
Monat Januar einen Median von 30 nmol/l, während im Juli ein Median von 65 nmol/l
nachgewiesen wird. Anhand der Daten aus dem routinemäßigen Probeneingang eines deutschen
Laboratoriums unterschreiten im Januar/Februar 40 % der Patienten einen Grenzwert
von 25 nmol/l und über 80 % einen Grenzwert von 50 nmol/l, während in den Monaten
Juni/Juli nur 10 % der Patienten den Grenzwert von 25 nmol/l unterschreiten, allerdings
immer noch fast 50 % der Patienten einen Grenzwert von 50 nmol/l. Eine besondere Häufung
solcher Defizite lässt sich bei Risikogruppen, wie z.B. institutionalisierten älteren
Menschen, nachweisen, die in den Wintermonaten in bis zu 90 % der Fälle Werte unter
50 nmol/l aufweisen. Eine suboptimale Vitamin-D-Versorgung bzw. ein Vitamin-D-Mangel
kann daher in weiten Bereichen der deutschen Bevölkerung bzw. der mitteleuropäischen
Staaten nachgewiesen werden.
Die vorliegenden Zufuhrempfehlungen für Vitamin D sind offensichtlich nicht ausreichend,
um in der breiten Mehrheit der Bevölkerung optimale Serumkonzentrationen von 25-Hydroxy-Vitamin
D3 einzustellen, einem sekundären Hyperparathyreoidismus vorzubeugen und um Knochen-abbauprozesse
zu vermindern. Hierfür dürften deutlich höhere Zufuhren erforderlich sein und eine
Überarbeitung der Empfehlungen ist anzustreben.