Einleitung
Die derzeit modeartig zunehmende Verwendung von Luftbefeuchtern und Zimmerspringbrunnen
im privaten Bereich führt zur Exposition eines neuen Personenkreises. Befeuchterassoziierte
Lungenerkrankungen wurden bisher überwiegend berufsbedingt beschrieben [1]. Keimbesiedeltes Befeuchterwasser kann Infektionen, ein Befeuchterfieber (toxische
Alveolitis, engl.: organic dust toxic syndrome = ODTS) oder eine Befeuchterlunge (exogen-allergische
Alveolitis = EAA) hervorrufen. Thermophile Aktinomyzeten, weitere Bakterien, Schimmelpilze,
Hefen und seltener Parasiten wurden als Inhaltsstoffe von Befeuchterwasser beschrieben
[2]. Bei Klagen über rezidivierendes Fieber, Husten und Atemnot sollte der Arzt die
veränderten epidemiologischen Verhältnisse berücksichtigen und auch bei der Allgemeinbevölkerung
befeuchterassoziierte Erkrankungen in die differential-diagnostischen Überlegungen
einbeziehen.
Eine Erkrankung durch einen Zimmerspringbrunnen, allerdings ohne Nachweis von spezifischen
IgG-Antikörpern, wurde von Koschel und Müller-Wening bereits publiziert [3]. Wir beschreiben hier die Erstbeobachtung einer antikörperpositiven exogen-allergischen
Alveolitis bei Exposition gegen einen Zimmerspringbrunnen.
Kasuistik
Eine 22-jährige nichtrauchende Studentin wurde zur Abklärung von unregelmäßig auftretendem
nächtlichen Fieber, Husten und Atemnot eingewiesen. Das Fieber sei jeweils am folgenden
Morgen verschwunden. Ihr in der gleichen Wohnung lebender Freund habe ähnliche Symptome
gehabt. Seit dieser aus beruflichen Gründen den Wohnort gewechselt habe, seien sie
- und auch ihr Freund bei Besuchen - in ihrer Wohnung beschwerdefrei. In seiner Wohnung
dagegen bekämen er - und sie bei Besuchen - nächtliche Fieberschübe. Vor etwa einem
Jahr sei über eine Internetbörse ein Zimmerspringbrunnen mit Ultraschallvernebler
ersteigert worden, die Symptome bestünden seit etwa neun Monaten.
Bei diesem Zimmerspringbrunnen handelt es sich um eine Glasschale, in deren Mitte
eine Verneblereinheit über einen Transformator an den Stromkreis angeschlossen ist
(Abb. [1]). Eine Membran setzt elektrische Wellen über eine Keramikscheibe in mechanische
Schwingungen um. Diese Schwingungen wiederum erzeugen Nebel und ein leichtes Wasserspritzen.
Destilliertes Wasser sei zur Füllung verwendet worden. Eine Reinigung des Gerätes
sei nicht erfolgt. Der Zimmerspringbrunnen sei fast jeden Abend gelaufen und habe
zeitweise an der offenen Balkontür gestanden. Der Freund habe den Zimmerspringbrunnen
bei dem Umzug mitgenommen.
Abb. 1 Zimmerspringbrunnen: Glasschale, in deren Mitte eine Verneblereinheit auf Ultraschallbasis
über einen Transformator an den Stromkreis angeschlossen ist.
Zum Aufnahmezeitpunkt klagte die Patientin über Husten, weißlichen Auswurf und Belastungsdyspnoe,
sie habe 4 kg Gewicht in den letzten 9 Monaten verloren und sei inappetent. Außereuropäische
Auslandsaufenthalte wurden auf Befragen verneint. Als einzige Vorerkrankung wurde
eine vor 8 Jahren erfolgreich behandelte Essstörung angegeben.
Bei der körperlichen Untersuchung fand sich über beiden Lungen dorsobasal Sklerophonie.
Die Körpertemperatur betrug 36,9 °C. Die Blutsenkung war mit 16/34 mm n. W., das CRP
mit 30 mg/l (Normbereich: 0 - 5 mg/l) und die Leukozyten mit 11,6 × 109/l erhöht. Die Immunglobuline IgG, IgM, IgA und IgE lagen im Normbereich.
Blutgasanalytisch ergaben sich unter Ruhebedingungen Normalbefunde. Lungenfunktionsanalytisch
fanden sich eine mittelgradige restriktive Ventilationsstörung (TLC 2,95 l [- 37 %],
VC 1,95 l [- 48 %]), keine obstruktive Ventilationsstörung. Der CO-Transferfaktor
(Einatemzugmethode) war mit 27 % des Sollwertes schwergradig eingeschränkt. Ergospirometrisch
zeigten sich eine ventilatorische Limitation (maximales Atemäquivalent für CO2 42,4, Atemreserve bei 17 %) und eine Gasaustauschstörung. Bei 135 Watt betrug der
pO2 57 mm Hg (Normwert ≥ 82 mmHg), die AaDO2 32,1 mmHg (Norm < 25 mm Hg).
Die Thoraxübersichtsaufnahme p. a. zeigte eine feinretikuläre, teils milchglasartige
Trübung der Lunge mit Betonung der Mittel- und Unterfelder. Im HR-CT ließ sich eine
generalisierte, zentrilobulär akzentuierte Milchglaszeichnung nachweisen (Abb. [2] und [3]).
Abb. 2 Röntgen-Thorax pa: Feinretrikuläre, teils milchglasartige Trübung der Lunge mit Betonung
der Mittel- und Unterfelder.
Abb.3 HR-CT des Thorax: Generalisierte Milchglaszeichnung, zentrilobulär akzentuiert, mit
Aussparung einzelner sekundärer Lobuli (Mosaikperfusion).
Die Fiberbronchoskopie ergab einen unauffälligen makroskopischen Befund. Die bronchoalveoläre
Lavage ( Instillationsvolumen 100 ml, Rückgewinnung 50 ml) aus dem Mittellappen erbrachte
bei einer deutlich erhöhten Gesamtzellzahl von 40 × 106 eine Lymphozytose von 39 %. Die Makrophagen lagen beí 40 %, die Neutrophilen bei
11 %, die Eosinophilen bei 10 %, der CD4/CD8-Quotient war mit 0,97 erniedrigt.
Die bakteriologische und mykologische Untersuchung des Zimmerspringbrunnenwassers
ergab Wachstum von Mucor species, Saccharomyces cerevisiae und Bacillus subtilis. Die Bestimmung der Endotoxinkonzentration im Zimmerspringbrunnenwasser mittels chromogen-kinetischen
LAL-Tests, BioWhittaker, ergab mit 39 EU/ml, entsprechend 3,9 ng/ml einen niedrigen
Wert.
Im Ouchterlony-Test reagierte das Serum der Patientin mit dem Zimmerspringbrunnenwasser
in Form einer scharfen Präzipitationslinie, die auf hochtitrige IgG-Antikörper gegen
das kontaminierte Zimmerspringbrunnenwasser hinweist. Auch im ELISA - das kontaminierte
Wasser war zuvor an die Wand des Reaktionsgefäßes gecoatet worden - waren IgG-Antikörper
nachweisbar. Ferner waren IgG-Antikörper im ELISA gegen Bacillus subtilis, Mucor racemosus und Mucor mucedo nachweisbar. Gegen die übrigen Keime fanden sich keine IgG-Antikörper.
Nach Aufklärung wurde mit Einverständnis der Patientin eine Provokation mit dem Zimmerspringbrunnen
und dem noch darin befindlichen destillierten Wasser unter stationären Bedingungen
(Expositionszeit 2 Stunden) durchgeführt. Folgende Parameter wurden registriert: Symptome,
Lungenuntersuchungsbefund, Blutgasanalyse, Lungenfunktion und Blutbild. Diese Werte
wurden vor, sowie 2, 4, 6, 8, (12) und 24 Stunden nach Beginn der Provokation bestimmt.
Der Provokationsverlauf ist in der Abb. [4] dargestellt. Es kam zu einer signifikanten Reaktion. Entsprechend den Kriterien
der Arbeitsgruppe „Exogen-allergische Alveolitis” der Deutschen Gesellschaft für Allergie-
und Immunitätsforschung wurde die Diagnose einer exogen-allergischen Alveolitis, einer
Befeuchterlunge, gestellt [4].
Abb. 4 Provokationsverlauf: Verhalten von Temperatur, Sauerstoffpartialdruck (pO2), Vitalkapazität (VC) und Leukozyten im Provokationsverlauf.
Der Freund der Patientin war anderenorts unter Annahme einer Pneumonie behandelt worden.
Es waren eine respiratorische Partialinsuffizienz und eine restriktive Ventilationsstörung
diagnostiziert worden. Retrospektiv zeigten sich radiologisch interstitielle Veränderungen.
Im Serum wurden mittels ELISA spezifische IgG-Antikörper gegen das Zimmerspringbrunnenwasser
und gegen Mucor mucedo nachgewiesen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit liegt auch bei diesem
Patienten eine exogen-allergische Alveolitis vor.
Diskussion
Die Erstbeschreibung des Befeuchterfiebers erfolgte durch Pestalozzi 1959 bei Schreinern
[5], die einem keimbesiedelten Luftbefeuchter ausgesetzt waren. Banaszak u. Mitarb.
[6] beschrieben 1970 das Krankheitsbild der Befeuchterlunge mit IgG-Antikörper-Nachweis
im Serum von Büroangestellten, deren Klimaanlage kontaminiert war. Die Inzidenz des
Befeuchterfiebers wird auf 40 - 50 % der Exponierten geschätzt [7], die der Befeuchterlunge auf unter 10 % [8]
[9].
Ultraschallvernebler gelten als stärker pathogen als andere Geräte, da verklumptes
Allergen auseinandergerissen wird und so vermehrt alveolengängige Partikel produziert
werden. Außerdem sind diese Geräte schlecht zu reinigen, da die Gefahr besteht, die
ultraschallproduzierende Membran zu zerstören [10]. Derzeit ist eine zunehmende Verbreitung von Zimmerspringbrunnen - meist auf Ultraschallbasis
- in Privathaushalten zu beobachten. Die befeuchterassoziierte Erkrankung einer jungen
Frau im häuslichen Bereich war Grund, die Kasuistik darzustellen.
Die Anamnese der Patienten sprach in Verbindung mit den Lungenfunktionsbefunden, dem
Nachweis spezifischer IgG-Antikörper, der BAL mit Lymphozytose und erniedrigtem CD4/CD8-Quotienten
sowie den röntgenologischen Befunden für die Diagnose einer EAA bei Exposition gegenüber
einer Befeuchteranlage, also einer Befeuchterlunge [4]
[11]
[12]
[13]
[14]. Bewiesen wurde die Diagnose durch den positiven Ausfall des inhalativen Provokationstest.
Für diese besondere Form der Befeuchterlunge schlagen wir die Bezeichnung „Zimmerspringbrunnen-Alveolitis”
vor.
Gegen das differenzialdiagnostisch abzugrenzende Befeuchterfieber, ein ODTS, sprechen
der Nachweis von spezifischen IgG-Antikörpern, das Auftreten einer signifikanten pulmonalen
Reaktion neben der systemischen nach Provokation, ferner die radiologischen und lungenfunktionsanalytischen
Befunde sowie die geringe Endotoxinkonzentration von 3,9 ng/ml im Befeuchterwasser.
Nach einer Modellrechnung würde dies einer Luftbelastung von 3,5 ng/m3 entsprechen, welche unterhalb des level of no effect (5 ng/m3) für die Entstehung eines ODTS liegt [15]
[16].
Ursache der Erkrankung ist das Betreiben des Zimmerspringbrunnens mit keimhaltigem
Wasser. In den uns zugänglichen Beschreibungen dieser Geräte findet sich kein Hinweis
auf die erforderliche Frequenz oder die Art der Pflege. Bei der derzeit verbreiteten
Anwendung solcher Geräte ist vermehrt mit befeuchterassoziierten Erkrankungen zu rechnen.
Bei der Abklärung von unklarem Fieber sollte auch an eine exogen-allergische Alveolitis
bzw. ein ODTS gedacht werden und speziell nach der Anwendung von Befeuchtergeräten
bzw. Zimmerspringbrunnen gefragt werden.
Von der Industrie ist zu fordern, evidenzbasierte Anwendungs- und Pflegeempfehlungen
in die Gebrauchsanweisungen aufzunehmen, damit das Auftreten derartiger Erkrankungen
verhindert werden kann. Solange dies nicht erfolgt ist, muss aus allergologisch-pneumologischer
Sicht vom Betreiben derartiger Geräte abgeraten werden.