Psychiatr Prax 2004; 31(6): 313-315
DOI: 10.1055/s-2004-831288
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Übereinstimmungsmessung

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Publication Date:
25 August 2004 (online)

 

Martin Hambrecht, Darmstadt

Der erste Schritt bei der Auswahl des richtigen statistischen Verfahrens besteht in der Klärung des Skalenniveaus der Daten. Haben die verschiedenen Ausprägungen des Merkmals nur eine Gleichheits-/Ungleichheitsbeziehung und keinen anderen mathematischen Bezug zueinander (z.B. "Symptom vorhanden versus nicht vorhanden"), dann besteht Nominalskalenniveau. Können Rangfolgen gebildet werden (z.B. "Symptom fehlt, ist selten, ist häufig"), liegt Ordinalskalenniveau vor. Sind die Abstände zwischen den Messpunkten definiert (z.B. Anzahl geschlafener Stunden), dann handelt es sich um eine Intervallskala.

Für die Messung von Übereinstimmungen sind je nach Skalenniveau unterschiedliche Verfahren anzuwenden. Intervallskalierung erlaubt Produkt-Moment-Korrelationen. Bei Ordinalskalierung können Rangkorrelationen berechnet werden. Nominalskalierung erfordert besondere Übereinstimmungsmaße, die im Folgenden wegen ihrer Bedeutung für die klinisch-praktische psychiatrische Forschung besprochen werden.

Psychopathologische Auffälligkeiten werden im klinischen Alltag oder in einem diagnostischen Interview nicht wirklich "gemessen", sondern beobachtet oder eingeschätzt ("Rating"): Der Betroffene selbst, Angehörige, Therapeuten oder auch geschulte Rater beurteilen beispielsweise, ob ein Morgentief vorlag bzw. berichtet wurde oder nicht ("Symptom vorhanden" versus "nicht vorhanden").

Die Reliabilität solcher Beobachtungen und Einschätzungen wird in der Regel durch das Maß der Übereinstimmung zwischen Beobachtern angegeben. Wie gut ein Ratertraining war oder wie gut Selbst- und Fremdwahrnehmung übereinstimmen, wird durch bestimmte statistische Kennwerte angegeben. Übereinstimmungsmessungen sind aber auch beim Vergleich von Diagnosen, Vergleich anamnestischer Daten mit dem Aufnahmebefund und bei vielen weiteren diagnostischen, klinischen und sozialpsychologischen Fragestellungen erforderlich. Zur Quantifizierung der Übereinstimmung werden verschiedene Parameter empfohlen, die allerdings statistische Probleme mit sich bringen können. Der Anschaulichkeit halber beschränkt sich die folgende Darstellung auf binäre Variablen (Merkmal vorhanden/nicht vorhanden).

Literatur

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  • 8 Hambrecht M . Die Wahrnehmung der frühen Psychose. Untersuchungen zur Selbst- und Fremdanamnese der beginnenden Schizophrenie.  Monographien aus dem Gesamtgebiete der Psychiatrie. Darmstadt: Steinkopff. 2001; 

Prof. Dr. med. Dr. phil. Martin Hambrecht 

Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Evang. Krankenhaus Elisabethenstift gGmbH

Landgraf-Georg-Straße 100

64287 Darmstadt

Email: hambrecht.martin@krankenhaus-elisabethenstift.de

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