Zeitschrift für Klassische Homöopathie 2004; 48(4): 149-167
DOI: 10.1055/s-2004-834437
Originalia

Karl F. Haug Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG

Von Fall zu Fall: Falldokumentation und Fallredaktion

Clemens von Bönninghausen und Annette von Droste-HülshoffMartin Dinges, Klaus Holzapfel
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Publication Date:
13 December 2004 (online)

Zusammenfassung

Anhand eines Manuskriptes Bönninghausens wird nachvollzogen, wie sich ein behandelter Fall aus seiner Praxis zu einer Fallgeschichte für eine Publikation verändert bzgl. Personenbeschreibung, Beurteilung der zeitgenössischen Medizin und der homöopathischen Aspekte. Es fallen Glättung des Krankheitsverlaufes, Tilgung eines Irrweges sowie Auslassungen von problematischen Überlegungen auf.

Summary

With the aid of a manuscript of Boenninghausen's the change of a treated case of his practice to a case-history is comprehended, esp. characterization of the person, evaluation of contemporary medicine and homeopathy. Foremost are the egalization of the course of disease, eradication of an error and of problematic reflections.

Anhang

Vorbemerkung zu den Transkriptionen: Es wurde buchstabengetreu, aber nicht zeilengenau transkribiert. Unterstreichungen wurden originalgetreu wiedergegeben. Unsere Ergänzungen wurden durch eckige Klammern gekennzeichnet.

Anhang 1

Register: Bönninghausen C: Homöopathische Heilungs-Versuche, angefangen im September 1829.

(Bestand P des Instituts für Geschichte der Medizin der Robert-Bosch-Stiftung, Manuskript 151: 1-4, 181)

In der Druckfassung ausgelassene Stellen werden hier in Kursivdruck wiedergegeben.

[Seite 1]

1. Fräulein Nettchen von Droste-Hülshoff

Einige 30 Jahre alt, blond und sehr aufgeregten Gemüthes, mit ungewöhnlichem Verstand und ausgezeichneten Talenten für Poesie und Musik, litt seit längerer Zeit an Engbrüstigkeit, und hatte sich fest in den Kopf gesetzt, daß sie durch die Pflege ihres im letzten Frühjahre an der Schwindsucht verstorbenen Bruders ebenfalls von dieser Krankheit angesteckt sei. Auch ihr Arzt, der ihr mancherlei Arzneien verschrieben, welche aber sämmtlich ihre Beschwerden vermehrten, erklärte sie für schwindsüchtig, und stellte ihr eine sehr ungünstige Prognose. Eines Abends, wo ich bei dem Besuche des Arztes, der übrigens, wie alle, über die Homöopathie lacht, sagte dieser der Patientin gleichsam scherzweise, sie solle sich einmal in meine homöopathische Kunst begeben, weil ich doch so großen Werth auf diese neue Heilmethode lege. Diese ergriff die Äußerung mit gewohnter Lebhaftigkeit, und machte mir den Antrag im Ernst, den ich auch zu übernehmen mich erbot, wenn ihr Hausarzt, ein sehr geschulter Mann, auch mein Hausarzt und Freund, dieses gestatten wolle, und die Versicherung gäbe, daß eine Verzögerung bei der bisherigen allopathischen Behandlung kein Nachtheile herbeiführe. Beides wurde von dem Arzt bewilligt.

Das nun aufgenommene vollständige Krankheitsbild, welches verloren gegangen ist, und daher hier nicht mehr verzeichnet werden kann, ergab folgende hervorragende Symptome:

  • Allgemein sehr bedeutende Abmagerung mit Hinschwinden der Kräfte; verdächtige Röthe auf den eingefallenen Wangen; beständige Stiche in der linken Seite, und fortwährende Brustbeklemmung wie von zusammengeschnürtem Brustkasten, dabei große Niedergeschlagenheit und Hoffnungslosigkeit hinsichtlich der Genesung, fest glaubend, sie sei von ihrem Bruder, den sie in den letzten 5 Wochen seines Lebens Tag und Nacht gepflegt, angesteckt worden.

5. Sept. Der erste homöopathische Gebrauch bestand darin, daß sie Abends auf Nux vom. IV.[64] roch, worauf schon nach einer halben Stunde die Seitenstiche verschwanden. Indessen ein paar Tage nachher, in Folge eines Diätfehlers, wo sie bei einer Freundin zu Mittag gegessen und viel und Gewürztes genossen, stellten sich gleich nachmittags die Seitenstiche wieder ein, welche auf denselben Abend, (am 8. Sept 1829) auf nochmaliges Riechen auf Nux vom. IV[65] sofort wieder verschwanden.

Indessen war dies nur palliative Beschwichtigung eines einzelnen Symptoms, und es war umso nöthiger, sie antipsorisch zu behandeln, weil sie geständlich in ihrer zarten Jugend die Krätze gehabt hatte, welche durch äußere Mittel vertrieben sei. Sie fand sich zu dieser, längere Zeit dauernden

[Seite 2] Kur um so eher bereit, weil sie nun schon die Wirksamkeit homöopathischer Gaben zweimal erfahren hatte, und jede frühere allopathische Arznei ohne Erfolg geblieben war. Es wurde daher ihre Diät gehörig geordnet und

am 12. Sept 1829 gab ich ihr, als den vorhandenen Symptomen am meisten passend, und da sie früher viel Schwefel gemißbraucht, Lycopodium VI°° [66]. - Am 6. Tage (am 18.) nach dieser Gabe trat die homöopathische Verschlimmerung ihrer Beschwerden sehr stark ein, so daß es klar wurde, daß die Dosis zu groß gewesen. Diese dauerte auch noch am 7. Tage (19.) bis gegen Abend, wo einige Linderung eintrat, und am 8. Tage (20.) begann die Besserung merklich zu werden, und hatte so erwünschten Fortgang, daß sie schon nach 3 Wochen im Stande war, ohne zu ermüden nach Lütjenbeck und zurück zu spazieren, während sie vorher kaum 1/4 Stunde weit zu gehen vermögend war. -

Sie reiste darauf mit ihrer Schwester aufs Land, nach Ruschhaus, wo ich sie am 12. Oct. besuchte. Auch hier hatte die Besserung guten Fortgang gehabt, wie sie mir voller Freude erzählte, und schon hatte sie sichtbar wieder am Fleische zugenommen. Die früheren Symptome hatten sich zum großen Theil verändert, und waren jetzt folgende hervorgetreten: Oefters ziehender Kopfschmerz im Hinterkopfe und im Nacken; Wundheit des Gaumens und des Zahnfleisches; sehr empfindliche Zähne; im Munde Rauchgeschmack; Jucken auf der Herzgrube; stechendes Jücken an den Händen, wie Neselstiche, mit kleinen stark jückenden Blüthchen.

Am 24. Oct. besuchte ich sie wieder, und fand die Heilung abermals bedeutend fortgeschritten. Indessen hatten sich folgende neue Symptome ergeben:

beim Bücken, heißmachender Beneblungs-Schwindel; in der Dämmerung und beim Mondlicht läuft alles mit ihr herum; Schwäche der Augen mit Doppeltsehen, besonders rechts (früher war das linke Auge schwächer); häufiges Ohrenklingen; zuweilen etwas Schmerz im Ohre und Kopfe rechts; beim willkürlichen Husten ein Rauschen in der Luftröhre, mit Schleimauswurf; zuweilen übler Geschmack im Munde wie veralteter Husten; vor ein paar Tagen, nach reichlicher Mahlzeit häufiges brecherliches Aufschwulken, welches Erleichterung gab; leeres Aufstoßen; Knieen erregt Übelkeit; ein Leberfleck auf der Herzgrube (früher Jucken); einige Brustbeklemmungen, vorübergehend; nach wenigem Bücken, Steifigkeit des Rückens, so daß das Aufrichten fast unmöglich ist; vor einigen Tagen, Jücken über den Hüftknochen, jetzt an beiden Schenkeln, besonders in den Kniekehlen, mit rothen Flecken und kleinen Blüthchen, wie von Nesselbrand, augenblicklich, aber nur kurze Zeit, durch Reiben gehoben; die bequemste Lage im Bette auf der linken Brust. - Indessen war die Wirkungsdauer der am 12. vor[igen] M[onats] gereichten Gabe Lyopodium noch nicht abgelaufen.

Am 6. Nov., wo ich wieder zu Rüschhaus war, fand ich die Patientin unwohler, wie das letztemal, und es war klar, daß seit einigen Tagen, wo das Befinden sich verschlimmert, die Wirkungsdauer des Lycopodium abgelaufen war. Indessen

[Seite 3] fand ich doch die Patientin abermals stärker geworden.

Ihren gegenwärtigen Krankheitszustand hatte sie bereits aufgeschrieben, und war folgender:

- 5a. Zuweilen Stiche im Kopfe. - 7. Öftere Röthe und Hitze einer Wange, gewöhnlich der Rechten. - 8. Schielen. - 13. Knacken der Kinnladen beim Essen. - 14. Empfindlichkeit der Zähne gegen Wärme. - 16. Wundheit des Gaumens. - 17. Zuweilen Kitzel in der Kehle, wobei sich die Beklemmung und der Reiz zum Aufstoßen vermindert. - 21. Ein unaufhörlicher Drang zum leeren Aufstoßen, welches aber, wenn ich ihm nachgebe, das Übel verschlimmert, so daß es nun unaufhörlich vor dem Halse liegt, und den Athem benimmt. - 21. Zuweilen Aufschwulken der genossenen Speisen, bald sauer, bald süßlich, bald geschmacklos. - 23. Etwas Druck auf der Herzgrube, und überall das unangenehme überladene Gefühl, wie von verdorbenem Magen. - 23. Wiederum einen Tag lang Jucken auf der Herzgrube. - 24. Seitenstiche, nur selten und einzeln, aber dann heftiger als sonst; zuweilen ein dumpfer geringer Druck in der Seite. - 28. Zuweilen Neigung zur Diarrhoe. - 28. Abgang kleiner Madenwürmer. - 37. Beklemmendes Zusitzen der Brust. - 37. (49) Beim Liegen auf dem Rücken ein schweres Gewicht auf der Brust, welches den Athem sehr erschwert, so daß ich nur ganz leise und wenig athme. - 50. Neigung zum Renken und Dehnen, wonach die Beklemmungen stets schlimmer werden. - 51. Ein innerliches Zittern, wie wenn alle Eingeweide und auch etwas in der Brust, beständig rütteln, mit gewaltigem Froste. - 52. Große Beängstigung, immerwährend. - 53. Große Schwermuth, mit Furcht vor einer Gemüthskrankheit, Todesgedanken, Verzweiflung an der Genesung, und den Kopf voll Sterbescenen u[nd] d[er]g[leich]en -

Auf diese Symptome paßt am besten Calcarea. Indessen ist zu befürchten, daß, da sie in ihrer Jugend die Gewohnheit hatte, Kalk, und zwar in großer Menge, täglich zu sich zu nehmen, dieses Mittel hier wenig, vielleicht gar üble Wirkung thun wird. Ich schickte ihr deshalb am 8. Nov. VI2°°°°°., zugleich aber dabei in einem Gläschen Spir. v. camphoratus, um im Falle es unrichtig gewählt sei aus obigem Grunde, die Wirkung aufzuheben.

Am 18. Nov. war ich wieder zu Rüschhaus, und fand die Heilung vorgeschritten. Meine vorstehende Bedenklichkeit war überflüssig, denn in den ersten Tagen nach der Einnahme war eine geringe homöopathische Verschlimmerung, und darauf von Tag zu Tage fortschreitende Besserung eingetreten. Ihr Befinden gestaltete sich jetzt folgendermaßen: Knacken im Kopfe und Kiefergelenke. Lautes Kollern im Leibe, besonders morgens, (was sie sonst sehr häufig hatte). Gegen Abend etwas gelinde Brustbeklemmung mit krampfhaftem Zusammenziehen im Bauchringe und in den Hüften. - Die Menstruation zur gehörigen [Seite 4] Zeit, aber zu lange, mit sehr schwarzem dickem Blute. Danach übles Befinden mit Schwäche und Traurigkeit. - Weißfluß jetzt selten, früher öfters nach Gemüthsaffektion, von kurzer Dauer, aber bösen Folgen in Hinsicht des Befindens. Klammartiges Ziehen im Schulterblatte. Überhaupt von jeher alle Beschwerden an der linken Seite. Die freie Luft macht Angegriffensein. Zuweilen, etwa alle 14 Tage, ein krampfhaftes Zusammenzucken in allen Gliedern, anfangs nicht unangenehm, aber in krampfhaften Leibschmerz wie zu den Regeln, übergehend, wenn dies in bedeutendem Grad eintritt, etwas Weißfluß, worauf stets Beklemmung und allgemeines Übelbefinden.

22. Nov. theilte mir Fr. Jenny einen Zettel mit, worauf Fr. Nettchen folgende seit dem 18. d[ieses Monats] neu erschienenen Symptome verzeichnet hatte:

1. Kopfweh, vorzüglich im Hinterkopfe, Morgens gelinde, Nachmittags stärker, Abends oft sehr heftig. - 2. Knacken mitten im Kopfe, so oft ich ihn umdrehe. 3. Knacken der Kinnladen. - 4. Etwas Neigung zu leerem Aufstoßen. - 5. Einmal schmerzhaftes Stechen auf der Herzgrube. - 6. Zuweilen ein kurzer Stich in der Seite über der Hüfte, meistens links, selten rechts. - 7. Kollern im Leibe. - 8. Etwas Beschwerde beim Athmen. - 9. Ein beständiger dumpfer Schmerz in der linken Brust, zuweilen in Stiche ausartend, worauf es besser zu werden pflegt. - 10. Einmal ein Stich mitten in der Brust, wo der Brustknochen am höchsten ist, aber unter demselben. - 11. Zuweilen etwas rascher Puls mit einigem Herzklopfen, etwas außer Athem sein, und innerem Zittern. - 12. Häufiger Schmerz im Rücken, sowie unter und im linken Schulterblatte. - 13. Kalter Schweiß der Füße. - Da die meisten dieser Symptome sich unter Calcarea befinden, so scheinen sie einer homöop. Verschlimmerung zugeschrieben werden zu müssen, und ist jedenfalls der Erfolg abzuwarten.

Am 7. Dec. erzählte mir Fr. Jenny, welche zu Ruschhaus gewesen war, daß die Besserung ihrer Schwester täglich gute Fortschritte mache, und sich mehrere Symptome verloren hätten.

Am 18. Dec. als ich zu Rüschhaus war, sagte mir Patientin, daß sie seit 8 Tagen wieder unwohler sei. Ein genau aufgenommenes Krankheitsbild ergab folgende Symptome:

1.

Ziehschmerz in der Stirn mit Angegriffenheit der Augen jedesmal.

2.

Schielen. - Doppelsehen. - Das Weiße im Auge mit rothen Adern durchzogen.

3.

Empfindlichkeit der Zähne gegen Wärme.

4.

Plötzlich entstehender, und bald vergehender bitterer Geschmack im Munde.

5.

Gefühl im Schlunde, als wäre das Zäpfchen verlängert.

6.

Leeres Aufstoßen, mit stetem Drange dazu, welches den Athem benimmt.

7.

Nach Ziehen in den Hüften und aufgeregter Stimmung, ein leichtes Zusammenschrecken durch den ganzen Körper, anfangs nicht unangenehm, dann zunehmend bis zur Schmerzhaftigkeit. Die Tage darauf ein brennendes Gefühl im Schlunde und Gef. von Magenverderbnis - jetzt häufiger (Forts. S. 181)

[Seite 181] Nettchen v. Droste-Hülshoff (Forts. zu S. 4.)

8.

Schwarze Schweißlöcher an Nase und Stirn.

9.

Schweiß fettig, schmierig.

10.

Brenngefühl in der Speiseröhre, nach dem Essen besser.

11.

Spannender Leibschmerz, mit Rückenschmerz.

12.

Rheumatischer Schmerz im linken Arme.

13.

Zuweilen Bluten auf den Wangen.

14.

Großer Appetit auf rohes Obst. (gegen Gewohnheit)

15.

Wein erhöhet die Beschwerden; (auch jetzt noch?)

16.

Zittrig in den Händen, selten im linken Beine.

17.

Nach Aufgeregtsein Kriebeln in Händen und Fingern.

18.

Brennen in den Handtellern.

Den meisten dieser Symptome ist Phosph. angemessen, wovon ich ihr deshalb X°°° zuschickte. (20. Dec.1829)

Bis 29. Dec. war sie in Münster, und befand sich sehr wohl.

Den im vorliegenden Briefe angegebenen Symptomen scheint Lyc. vorzüglich angemessen, weshalb ich 15. Febr. dieses überschickte.[67]

Bis zum 22. März war durch Schreck mit Betrübniß und einer Vergiftung mit Nux. vom. (für die Mäuse gelegt) die Wirkung aufgehoben. Ich gab heute Mur. Magn. VI°°°.

Am 2. May gab ich als nun passend Sep. X°°°.

Am 8. erhielt ich inliegende Inschrift, und gab Bry. VIII. 1.

Am 24. Julius - viel Besserung - Sil. X°.

Anhang 2

Bleistiftnotiz auf einem Blatt mit Adresse, ausgegliedert aus Bönninghausen C: Homöopathische Heilungs-Versuche, angefangen im September 1829.

(Bestand P des Instituts für Geschichte der Medizin der Robert-Bosch-Stiftung, Manuskript 202/1)

Hinter jedem Symptom wurden vom Herausgeber die Symptomnummern aus Hahnemanns Arzneiprüfung[68] in eckigen Klammern ergänzt.

[Adressierung:] An den Herrn General Commissairs Regierungs-Rath von Bönninghausen Hochwohlgeboren hier

hierbei ein Paket

[1. Spalte]

1.

In der Stirn heftiges Drücken mit Zusammenkneipen der Schläfen wie mit einer Zange, morgens stärker.
[42, 43, 44, 46, 48, 49]

2.

Hitze im Kopfe sehr stark, mit Klopfen indemselben, nachmittags. [88, 89, 72-75]

3.

Schründen in den äußeren Augenwinkeln. [113]

4.

Jücken in der Nase. [142]

5.

Im Munde süßlich-ekeliger Geschmack, morgens am schlimmsten. [222, 225]

6.

Seit 3 Tagen wieder viel Durst nach kaltem Wasser. [212-216, 717]

7.

Gestern und heute Morgen Anfall von Schwäche mit Übelkeit; sie war dabei hingefallen auf die linke Seite. [15]

8.

Wenig Appetit; - kein besonderer Appetit. - Milch unverdaulich und widerlich; auch von Bier; [247, 319]

9.

Häufige Stiche in der Herzgrube. [319]

10.

Beständiges Schründen im Unterleibe, unter dem Nabel, bei Anfällen stärker. [320]

11.

Hartleibigkeit mit zögerndem Stuhl. [336 mit FN, 352]

12.

Periode regelmäßig, vorher etw. Leibschneiden. [-]

[2. Spalte]

13.

Trockener Husten, nachts schlimmer, am Ende desselben Stiche mitten in der Brust oberhalb der Herzgrube. [397, 417, 418

14.

Reißen in den Oberschenkeln; beim Aufstehen schlimmer; auch äußerlich zuweilen. [324]

15.

Stiche im Kreuze. [471, 472, 477]

16.

Tag und Nacht kalte Füße. [(703)[69]]

17.

Frühschweiß von saurem Geruche, besonders auf der Brust mit kalten Unterfüßen. [759, 761, 762]

18.

Schlaf nur Vormitternacht gut. [695]

19.

Träume nach Mitternacht häufig, schreckhaft vom Fallen oder Fangen. [677]

20.

Ärgerlich, weinerlich. [771, 772, 775, 776]

[Seitlicher Zusatz]:

Sauer im Magen [268, 271]

Erbrechen sei von Geschmacks [285]

Anmerkungen

01 So die Festrednerin S. Tarne bei der 125-Jahr-Feier des Berliner Vereins homöopathischer Ärzte (7. Mai 2004).

02 Dinges M: Introduction: Patients in the History of Homeopathy, in: Ders. (Hg.): Patients in the History of Homeopathy. Sheffield: European Association for the History of Medicine and Health Publications; 2002: 1-32, 16 f. mit weit. Lit.

03 Witzel A: Ein Lesebuch zur Unterhaltung & Belehrung für Ärzte zusammengestellt aus einer Ärztebibliothek der Goethezeit. Stuttgart: Gustav Fischer Verlag; 1990: bes. 32 f. und 135 f., nennt etwa Brookes (1763), Richter (1784), Sydenham (1786), Stoll (1788), Sprengel (1815); dem entsprachen Empfehlungen für das Patientenverhalten an die Kranken Tissot (1774), Niederhuber (1789), Hufeland (1798). Stolberg M: Homo patiens. Krankheits- und Körpererfahrung in der Frühen Neuzeit. München: Böhlau Verlag; 2003: 93 ff. Zu dem maßgeblichen Standard der Patientenbefragung in der Klinik um 1810 s. Risse GB: Mending Bodies, Saving Souls. A History of Hospitals. New York: Cambridge University Press ; 1999: 315, 318, f.

04 Voswinckel P: Der schwarze Urin: Vom Schrecknis zum Laborparameter. Berlin: Blackwell; 1983; Kortum (1745-1824) wendete sie aber 1805 bei einem Drittel der männlichen und der Hälfte der weiblichen Patienten an, vgl. Balster W: Medizinische Wissenschaft und ärztliche Praxis im Leben des Bochumer Arztes Karl Arnold Kortum (1745-1824). Medizinhistorische Analyse eines Patiententagebuches. Med. Diss, Universität Bochum; 1990: 147.

05 Lachmund J: Die Erfindung des ärztlichen Gehörs. Zur historischen Soziologie der stethoskopischen Untersuchung. Zeitschrift für Soziologie 1992; 21: 235-251; Ders.: Der abgehorchte Körper. Zur historischen Soziologie der medizinischen Untersuchung. Opladen: Westdeutscher Verlag, 1997. Hahnemanns Stethoskop ist im Institut für Geschichte der Medizin der Robert Bosch Stiftung in Stuttgart (im Folgenden = IGM) ausgestellt.

06 Die tatsächliche Journalführung ist für jedermann leicht nachvollziehbar anhand der im Haug Verlag edierten Krankenjournale.

07 Unter den veröffentlichten Journalen ist die Entwicklung von D 2 (1801/1802) zu D6 (1806/1807) deutlich erkennbar.

08 Schuricht U: Samuel Hahnemann: Krankenjournal D 16 (1817-1818). Kommentarband zur Transkription, Stuttgart: Haug Verlag; 2004: 13.

09 Dies unterstreicht besonders Varady in ihrer ausführlichen Diskussion der Krankenjournalführung: Varady H: Die Pharmakotherapie Samuel Hahnemanns in der Frühzeit der Homöopathie. Edition und Kommentar des Krankenjournals Nr. 5 (1803-1806). Med. Diss, LMU München 1987. Kommentarband: 23-26, 163-182; s.a. Fischbach-Sabel U: Samuel Hahnemann: Krankenjournal D 34 (1830). Kommentarband zur Transkription, Heidelberg: Haug Verlag; 1998: 45. Demgegenüber ist der von Genneper untersuchte Einzelfall nicht repräsentativ, vgl. Genneper T: Als Patient bei Samuel Hahnemann. Die Behandlung Friedrich Wiecks in den Jahren 1815/1816. Heidelberg: Haug Verlag; 1991: 36-53.

10 Dumont F: Nicht nur Hölderlin. Das ärztliche Besuchsbuch Soemmerings als Quelle für sein soziales Umfeld in Frankfurt am Main. Medizinhistorisches Journal 1993; 28: 123-154.

11 Tuztke D, Engel R: Tätigkeit und Einkommen eines Allgemeinpraktikers vor der Mitte des 19. Jahrhunderts - Ergebnisse einer historisch-statistischen Analyse. Zeitschrift für die gesamte Hygiene 1978; 24: 460-465, 461.

12 Balster: 162 ff.

13 Roilo C: „Historiae Morborum” des Franz von Ottenthal - ein Zwischenbericht. Medizin, Gesellschaft und Geschichte (= MedGG) 2000; 18: 57-80.

14 Risse: 243 f., 275 f. Bleker J: Patientenorientierte Krankenhausgeschichtsschreibung - Fragestellung, Quellenbeschreibung, Bearbeitungsmethode, in. Dies., Brinkschulte E, Grosse P: Kranke und Krankheiten im Juliusspital zu Würzburg 1819-1829. Husum: Matthiesen Verlag; 1995: 11-22, 13-18. Zur weiteren Entwicklung vgl. Dupree MW: Computerizing Case Histories: Some Examples from Nineteenth Century Scotland. MedGG 1993; 11: 145-168, bes. 155-161.

15 Nekrolog. Gottfried Wilhelm Stüler. Archiv für die homöopathische Heilkunst 1838; 17, Heft 1: 203-212, 207.

16 Bönninghausen C: Das Krankenjournal. AHZ 1863; 67: 114-116, 121-123, 129-131, 140-141, 147-149, 163-165.

17 S. dazu den Überblick bei Jütte R: Case-Taking in Homoeopathy in the 19th and 20th Centuries. British Homoeopathic Journal 1998; 87: 39-47. Hering rät „alles aufzuschreiben” und schreibt treffend „Vom Buchhalten homöopathischer Ärzte” in Hering K: Bruchstücke aus Vorlesungen. Archiv für die homöopathische Heilkunst 1832; 11, 3. Heft: 76-103, 85, 93; S. a. Schrön [kein Vorname]: Ueber Krankengeschichten. AHZ 1839; 14: 353-363.

18 Es handelt sich um die Bestände NFR, NRI, NSCHM und NHES des IGM. Die ersten beiden Bestände sind bereits verzeichnet und zugänglich: NFR mit einer Patientenkartei von 1922 bis 1937, NRI mit Kartei für 1926-1957. Der wissenschaftliche Nachlass von Pierre Schmidt ist verzeichnet, die Patientenkartei wird im Winter 2004/2005 fertig verzeichnet sein. Die Patientenkartei von W. Hess ist derzeit noch gesperrt.

19 Geyer-Kordesch J: Medizinische Fallbeschreibungen und ihre Bedeutung in der Wissensreform des 17. und 18. Jahrhunderts. MedGG 1990; 9: 7-19, 12. Der gelehrte Brief erfüllte ähnliche Funktionen, s. Schnalke Th: Medizin im Brief. Der städtische Arzt des 18. Jahrhunderts im Spiegel seiner Korrespondenz. Stuttgart: Steiner Verlag; 1997.

20 Ausnahme sind zwei Fälle, s. Hahnemann S: Reine Arzneimittellehre, 3. Aufl. 1833; 2. Teil. Dresden: Arnold; 1833: 31-37; auf S. 30 das folgende Zitat; umstritten war die später von Bönninghausen geplante Publikation Hahnemann'scher Fälle, die dann nicht zustande kam; s. dazu „Vom Rhein”. AHZ 1856; 9: 144. Das Manuskript im IGM hat die Signatur P 182. Mélanie beschwert sich am 8. September 1856 bei Bönninghausen wegen seiner auszugsweisen Publikation eines Krankenjournals von S. Hahnemann, IGM, Bestand M 554.

21 Archiv für homoeopathische Heilkunst 1822; 1: IX. In den 23 Bänden dieser Zeitschrift wurden 1221 Beiträge veröffentlicht. 119 davon waren Kasuistiken. Ina Chammah: „Das Archiv für homöopathische [sic !] Heilkunst” (1822-1848). Eine Analyse der Berichterstattung. Diss. med. Hannover 1999, 3 Teile, Teil 1 :4.

22 Allgemeine Homoeopathische Zeitung 1833; 1: 1 f.

23 Doppelt (hinsichtlich Autoren- und Patientenname) anonym veröffentlicht unter dem Titel Homöopathische Heilungen. Mitgetheilt vom Herrn Regierungsrath Dr. Freiherrn v. B… in M… in 1831; 10, 2. Heft: 86-94.

24 Erstdruck 1829, zweite Auflage Münster: Regensburg; 1833.

25 Da Bönninghausen keine Daten für die Erstbehandlung angibt, bildet immer nur die zweite, dann mit Datum angegebene Behandlung den terminus ante quem.

26 Droste-Hülshoff A: Sämtliche Briefe. Hg. von Woesler W. München: Deutscher Taschenbuch Verlag; 1987: 105.

27 Droste-Hülshoff A: Historisch-kritische Ausgabe. Hg. von Woesler W. Band XI,1 (Briefe an die Droste 1809-1840.) Bearb. von Plachta B. Text. Tübingen: Max Niemeyer Verlag; 1994: 39.

28 Ebendort.

29 Schulte-Kemminghausen K, Woesler W: Annette von Droste-Hülshoff. München: Deutscher Kunstverlag; 4 S. zur Biographie auch Plachta B: Annette von Droste-Hülshoff (1797-1848) „aber nach hundert Jahren möchte ich gelesen werden”. Wiesbaden: Reichert Verlag; 1997, zur Krankheit bes. 164 ff.; zum familiären Umfeld Freiherr Droste zu Hülshoff W: Annette von Droste-Hülshoff im Spannungsfeld ihrer Familie. Limburg: Starke Verlag; 1998.

30 Kottwitz F: Bönninghausens Leben. Hahnemanns Lieblingsschüler. Berg am Starnberger See: O.-Verlag; 1985: 109-144, hat das Verdienst, auf den Fall hingewiesen, Quellen transkribiert und einen tabellarischen Überblick über die Behandlung gegeben zu haben. Allerdings steht eine kritische Analyse der Krankengeschichte noch aus. Die Autoren bereiten dazu eine weitere Publikation vor.

31 Fischer-Homberger E: Krankheit Frau. Zur Geschichte der Einbildungen. Darmstadt: Sammlung Luchterhand; 1984.

32 Hahnemann S: Die chronischen Krankheiten, ihre eigenthümliche Natur und homöopathische Heilung …, 2. Aufl. 1838, 4. Theil. Düsseldorf: Schaub; 1838: 73 [CK].

33 Bönninghausen C: Homöopathische Heilungen. Mitgetheilt vom Herrn Regierungsrath Dr. Freiherr v. B… in M… In: ACS 1831; 10: 86-94, 90 [DF].

34 Bönninghausen, 1831: 91

35 Droste-Hülshoff A: Sämtliche Briefe. Historisch-kritische Ausgabe. Hrsg. W. Wösler. Briefe 1805-1838. Text. Tübingen: Niemeyer; 1987: 444-447. Der Brief trägt das Datum 13. Februar 1830. Bei Kottwitz ist hier irrtümlich das Datum 13. Februar 1840 mit einem Fragezeichen angegeben; Vgl. Kottwitz, 1985: 172-176.

36 Bönninghausen C: Homöopathische Heilungs-Versuche, angefangen im September 1829. (Manuskript P 151 im Bestand P des Instituts für Geschichte der Medizin der Robert-Bosch-Stiftung. [M]: 181.

37 Bönninghausen, 1831: 93.

38 Droste-Hülshoff, 1987: 104.

39 Hahnemann S: Die chronischen Krankheiten, ihre eigenthümliche Natur und homöopathische Heilung. 4. Theil. Düsseldorf: Schaub, 2. Aufl. 1838: 172-173.

40 Bönninghausen C: Systematisch-Alphabetisches Repertorium der nicht-antipsorischen Arzneien. Münster: Coppenrath, 1835 [SRN]: XX.

41 Droste-Hülshoff A: Historisch-kritische Ausgabe. Hrsg. W. Wösler. Werke. Briefwechsel. Band XI,1. Briefe an die Droste. Tübingen: Niemeyer, 1994: 27.

42 Rummel F: Editorial. AHZ 1833; 1: 1-2.

43 Wahrscheinlich ist hiermit die C 30 gemeint.

44 Entspricht Magnesium muriaticum.

45 Im Manuskript als „passend” bezeichnet, in der DF nicht erwähnt.

46 Bönninghausen, 1831: 94.

47 Hahnemann S: Reine Arzneimittellehre. 1. Theil. 3. Aufl. Dresden und Leipzig: Arnold, 1830: 221, Nr. 500-506. 249, Nr. 1037-1039.

48 Bönninghausen, 1831: 89.

49 Hahnemann, 1839: 2, 7.

50 Kottwitz, 1985: 139-144.

51 Droste-Hülshoff, 1987: 113-114.

52 Bönninghausen, 1831: 94.

53 Kottwitz, 1985: 144.

54 Bönninghausen, 1831: 91.

55 Bönninghausen, 1831: 94.

56 Bönninghausen, 1831: 93.

57 Bönninghausen, 1831: 91.

58 Oomen G: „Die Chronischen Krankheiten” - Hinweise für die Praxis? Hahnemanns große Enttäuschung. ZKH 2002; 46: 49-59, 53; siehe zur tatsächlichen Praxiserfahrung zu diesem Zeitpunkt Anm. 63.

59 Bönninghausen, 1831: 91.

60 Bönninghausen, 1829: 4.

61 Hahnemann S: Organon der Heilkunst. Textkritische Ausgabe der 6. Aufl. Hrsg. J. Schmidt. Heidelberg: Haug; 1992.

62 Bönninghausen C: Die Aphorismen des Hippokrates. Leipzig: Purfürst; 1863: 477-478.

63 Als im Mai 1832 die Redaktion seines ersten Repertoriums [SAR] abgeschlossen ist, hat er also gerade zwei Jahre und zehn Monate Praxiserfahrung. Das von Oomen angeführte Zitat findet sich dort auf S. X.

64 Über der Zahl „IV” befindet sich ein Oberstrich

65 Wie Anm. 63.

66 Über der Zahl „VI” befindet sich ein Oberstrich

67 S. Fußnote 35.

68 Hahnemann S: Reine Arzneimittellehre, 2. Theil, Dresden und Leipzig: Arnold; 3. Aufl. 1833: 419-461.

69 Das Symptom wurde von Hahnemann in runde Klammern gesetzt, um anzudeuten, daß es sich um eine unsichere Beobachtung handelt. S. Klunker W: Zur Herkunft der Symptomengrade. ZKH 1987; 21: 155-158.

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Prof. Dr. Martin Dinges

Institut für Geschichte der Medizin der Robert Bosch Stiftung

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Dr. med. Klaus Holzapfel

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