Zusammenfassung
Hintergrund: Der Aufbau von qualitätsgesicherten gemeindenahen Versorgungsnetzen für Demenzkranke
setzt die Kenntnis der gegenwärtigen Situation der Versorgung voraus. Mit dieser Zielsetzung
wurde im Rahmen des Kompetenznetzes Demenzen eine empirische Untersuchung durchgeführt.
Methoden: In drei Untersuchungsregionen wurden mit allen an Beratung, Behandlung, Pflege und
Betreuung von Demenzkranken beteiligten Institutionen differenzierte Interviews geführt
(n = 35). Im Mittelpunkt standen dabei die Versorgungsbeiträge der einzelnen Akteure
und das Zusammenwirken der unterschiedlichen Versorgungsangebote. Die vorliegende
Arbeit ist auf die Versorgung durch niedergelassene Ärzte fokussiert. Ergebnisse: Die demenzspezifische Qualifikation niedergelassener Ärzte stellte sich extrem unterschiedlich
dar. Geriatrisch/gerontopsychiatrisch qualifizierte und in der Versorgung von Demenzkranken
engagierte Ärzte repräsentierten eine kleine Minderheit. Screening-ähnliche Maßnahmen
zur Früherkennung von kognitiven Beeinträchtigungen fanden an keinem Ort statt. Die
Schwelle, einem Verdacht auf eine dementielle Entwicklung durch gezielte diagnostische
Schritte nachzugehen, ist bei der Mehrzahl der Ärzte eher hoch angesetzt. Leitlinienorientierte
Diagnostik und Behandlung von Demenzkranken finden nur in seltenen Fällen statt. Behandlungsversuche
mit Antidementiva werden nur bei wenigen Patienten durchgeführt. Flankierende Versorgungsangebote
für Demenzkranke sind häufig nur ausschnittsweise bekannt und werden nur selten für
Demenzkranke erschlossen. Schlussfolgerungen: Aus der Analyse des Ist-Zustandes der Versorgung werden prioritäre Qualitätsziele
abgeleitet und geeignete Qualifizierungsmaßnahmen spezifiziert.
Abstract
Background: The establishment of quality-assured local networks for people with dementia makes
necessary to know more about the present state of mental health care. So we conducted
an empirical study within the Dementia-Network. Methods: An interview-study (n = 35) was done in 3 regions of Lower Saxony including all institutions
involved in consultation, treatment, care and support of patients with dementia. This
article is focussed on the role of general practitioners/family doctors. Results: The main results of this study are: Dementia-specific qualifications of family doctors
are extremely different. Doctors with sufficient qualifications and experiences in
this field represent a small minority. Screening methods for the early detection of
cognitive impairments were not used. The threshold to follow a suspicion of dementia
by purposeful diagnostic steps is rather highly set. Guideline-oriented diagnostic
and treatment of dementia patients is a rarity. Treatment attempts with anti-dementia-drugs
are accomplished only with few patients. Accompanying offers of care for dementia
patients are insufficiently known and rarely usual. Conclusions: On background of these findings goals for quality in care are derived and suitable
methods suggested.
Schlüsselwörter
Demenz - hausärztliche Versorgung - Qualitätsziele
Key words
Dementia - family doctor - quality - care
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Dr. med. Heiner Melchinger Prof. Dr. med. Wielant Machleidt
Medizinische Hochschule Hannover · Abt. Sozialpsychiatrie und Psychotherapie
30623 Hannover
Email: melchinger.heiner@mh-hannover.de