ZFA (Stuttgart) 2005; 81(4): 180-182
DOI: 10.1055/s-2005-836353
DEGAM-Nachrichten

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„N-of-1”-Studie - Ein mögliches Studienkonzept für die Allgemeinmedizin?

“N-of-1”-Study: A Concept of Primary Care Research?T. Fischer1 , E. Hummers-Pradier1
  • 1Abteilung Allgemeinmedizin, Georg-August-Universität Göttingen
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
14. April 2005 (online)

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Literaturbeispiel

Im Februar 2004 erschienen 2 klinische Berichte im British Medical Journal bezüglich einer 25-jährigen schwangeren Patientin, die sich mit ausgeprägter Übelkeit und Erbrechen in einer hausärztlichen Praxis vorstellte [1] [2]. Nachdem ein Behandlungsversuch mit Prochlorperazine erfolglos geblieben war, fragte die Patientin nach Alternativen zur konventionellen Therapie. Aufgrund einer komplementärmedizinischen Ausrichtung der behandelnden Ärztin, schlug diese einen Therapieversuch mit Vitamin-B6 (Pyridoxin) vor. Eine Literaturrecherche in Medline, Cochrane Library etc. verwies auf 3 plazebokontrollierte Kontrollstudien, die zeigten, dass Vitamin-B6 keinen Einfluss auf das Erbrechen, wohl aber auf die Übelkeit habe. Um eine mögliche Wirkung des Präparates auf die schwangere Patientin zu überprüfen, entschieden sich die britischen Kollegen zu einem ungewöhnlichen Vorgehen: Einem doppelblinden, plazebokontrollierten Behandlungsversuch bei dieser Patientin, einer so genannten „N-of-1”-Studie. Nach Zustimmung der Patientin (und einer Ethikkommission!) erhielt die Patientin 10 mg Vitamin-B6 3 × täglich, bzw. Plazebo in jeweils 5 Behandlungsphasen (2 Tage aktive Behandlung, 1 Tag „Auswaschphase”, dann 2 Tage Plazebo) über insgesamt 25 Behandlungstage. Die Erfassung der Symptome erfolgte mittels eines täglich auszufüllendem validierten Selbsterfassungsbogens. Die Patientin selbst gab subjektiv an, dass sich die Übelkeit während der Behandlung nicht relevant verändert habe. Die statistische Auswertung (gepaarte t-Tests für jedes Symptom) ergab keinen signifikanten Unterschied der Symptome im Vergleich Verum vs. Plazebo. Die Patientin selbst entschied sich die Einnahme abzubrechen, nachdem sie über die Ergebnisse informiert worden war.

Literatur

1 Bei 3 Behandlungszyklen und einer qualitativen Messung des Outcomes z. B. im Sinne von „besser” oder „schlechter” beträgt die Wahrscheinlichkeit für eine durch den Zufall bedingten, konsistenten Überlegenheit des Verums 1 : 23 = 0,125 [9].

Dr. med. Thomas Fischer

Abteilung Allgemeinmedizin · Universität Göttingen

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