Zusammenfassung
Hat der behandelnde Arzt bei seinem Patienten den begründeten Verdacht auf das Vorliegen
einer Berufskrankheit (BK), so muss er gemäß Sozialgesetzbuch (SGB VII) eine Berufskrankheitenanzeige
erstatten, auch wenn der Patient damit nicht einverstanden ist. Die ärztliche Schweigepflicht
wird dadurch nicht verletzt. Ein Verstoß gegen die Meldepflicht kann hingegen zu Regressansprüchen
gegenüber den unterlassenden Arzt führen. Die Kenntnis der Berufskrankheitenverordnung
(BKV) und der Berufskrankheitenliste, die derzeit 68 Berufskrankheitenziffern beinhaltet,
ist deshalb eine vom Gesetzgeber geforderte Pflicht für jeden approbierten Arzt. Über
eine Ausnahmeregelung, der so genannten Öffnungsklausel, können in seltenen Fällen
auch Erkrankungen anerkannt werden, die noch nicht in der aktuellen Berufskrankheitenliste
aufgeführt sind. Die Rolle des Arztes als Berater des Patienten in dieser Situation
ist zugleich ein Prüfstein für sein kritisches Urteilsvermögen und fachliches Können.
Für den in der ambulanten oder stationären Krankenversorgung tätigen Arzt sind bei
der Entscheidung über eine Berufskrankheitenanzeige die Merkblätter zu den einzelnen
Berufskrankheiten hilfreich, da sie Hinweise auf Vorkommen, Gefahrenquellen, Entstehungsweise
und Verlauf der Krankheitsbilder enthalten. Aufgrund der hohen Dunkelziffer nicht
angezeigter Fälle befürworten die Unfallversicherungsträger (UVT) eine extensive Meldebereitschaft
und setzen sich im Interesse der Gesundheitsvorsorge für ein unkompliziertes Meldeverfahren
ein.
Abstract
In Germany every physician is required by law to notify the accident insurance agency
or the medical authority responsible for labour safety whenever there are reasonable
grounds for suspecting an occupational disease. The consent of the patient is not
required for this report; the legal obligations of medical secrecy will not be breached.
If the physician fails to report an occupational disease, he may however be subjected
to liability claims by the patient. Therefore, knowledge of the German ordinance on
occupational diseases and the list of presently 68 numbers of occupational diseases
is a legal obligation for each German physician. Diseases which are not explicitly
stated in this list, can in rare cases be accepted as an “occupational disease” under
specific exceptional terms. Acting as an adviser of the patient in this situation
is a challenge for his critical judgement and his professional competence. The Federal
Ministry of Economics and Labour (Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit) provides
bulletins on individual occupational diseases giving information on the incidence,
potential sources of risk, development, and course of each. This may help physicians
decide if they should report a case of occupational disease to the accident insurance.
The purpose of an extensive notification is to decrease the high number of unreported
cases. In order to improve occupational health care and prevention, the accident insurance
agency is interested in facilitating the reporting procedure.
Schlüsselwörter
Berufskrankheit - Anzeigenpflicht - Gesundheitsvorsorge
Key words
occupational disease - duty of notification - health care
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Dr. med. B. Emmert
Abteilung für Arbeits- und Sozialmedizin der Georg-August-Universität Göttingen
Waldweg 37
37073 Göttingen
Email: baut@gwdg.de