Der Klinikarzt 2005; 34(1/02): 10
DOI: 10.1055/s-2005-863594
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

„Palliativmedizin als interdisziplinärer Auftrag”

W. Hardinghaus
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Prof. Dr. W. Hardinghaus

Ostercappeln

Publication History

Publication Date:
03 February 2005 (online)

Table of Contents

    Danke Professor Klaschik, für Ihre hervorragende Auswahl der Referenten und der Themen für das gleichnamige Symposium im November 2004 im Rahmen der Medica Düsseldorf. Eine sehr gute Resonanz hatte auch Ihr einführendes Referat, das ebenso wie die anderen Vorträge hier in diesem Heft nachfolgend wiedergegeben ist. Ein weiterer Dank gilt ebenfalls für die damit verbundene gute Kooperation zwischen der von Ihnen geleiteten Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) und unserer Deutschen Gesellschaft für Interdisziplinäre Klinische Medizin (DGIKM).

    In der Tat verbindet die Palliativmedizin als das typische interdisziplinäre Fach die unterschiedlichen medizinisch-pflegerischen, psychosozialen und spirituellen Aspekte und vernetzt Berufsgruppen, Strukturen und Forschungsansätze. Andererseits zählt die Palliativmedizin heute aufgrund ihrer notwendigerweise enorm gestiegenen Kompetenz und Professionalität nahezu als spezialisierte Disziplin. Interdisziplinarität auf der einen und Eigenständigkeit auf der anderen Seite können ideelle und strukturelle Spannungsfelder erzeugen. Die nachfolgenden Beiträge dieser klinikarzt-Schwerpunktausgabe vermitteln in hervorragender Weise verschiedene Fassetten der Palliativmedizin, die gleichermaßen sowohl mit Fach- als auch mit Querschnittskompetenz ausgestattet ist: In diesem Heft können Sie sich über grundlegende Aspekte der Palliativmedizin, über die hausärztliche Versorgung und integrierte Konzepte zur Versorgung von (Nicht-Tumor-)Patienten bis hin zu ökonomisch-ethischen Gesichtspunkten informieren.

    Auf einen weiteren konkreten Gesichtspunkt möchte ich hier hinweisen, denn dieser liegt mir sehr am Herzen: das immer wieder aktuelle Thema der Patientenverfügungen. Zurzeit gibt es in Deutschland eine Diskussion um zwei gegensätzliche Positionen hinsichtlich deren Reichweite. Die Enquetekommission des Bundestages hat sich im letzten Jahr mehrheitlich (15 zu acht Stimmen) darauf festgelegt, Patientenverfügungen auf irreversible tödliche Krankheitsfälle zu beschränken bzw. die Gültigkeit auf den natürlichen und somit tödlich verlaufenden Krankheitsprozess zu beschränken. Die Bundesärztekammer hat sich dem seinerzeit angeschlossen. Allerdings gehen jetzt Forderungen aus der Ärzteschaft und insbesondere auch Forderungen von der vom Bundesjustizministerium eingesetzten Kommission unter der Leitung des ehemaligen Bundesrichters Kutzer viel weiter. Sie machen die Zulässigkeit von indirekter und passiver Sterbehilfe ausschließlich vom Willen des Patienten abhängig, nicht aber vom - letzten - Krankheitsstadium. Eine solche Verfügung bezöge sich also auf jede Lebenssituation, nicht nur auf die Situation einer tödlich verlaufenden Krankheit.

    Meiner Meinung nach liegt es auf der Hand, dass eine solche weit reichende Auslegung in der heutigen und der unter immer höherem Kostendruck stehenden Zeit die Gefahr in sich bergen würde, die Tür zu öffnen für eine implizierte Form aktiver Sterbehilfe oder begleiteter Suizide. Schon jetzt ist zu beachten, dass es nach jüngsten Ergebnissen in den Niederlanden pro Jahr in etwa 1000 Fällen zur Sterbehilfe gekommen ist, ohne dass es ein Einverständnis der Patienten gegeben hat. Außerdem muss ein Nachlassen der eignen Kräfte nicht zwingend mit einem Verlust der so genannten Autonomie einhergehen, sodass etwa andere Macht über den Kranken erhalten. Eine menschliche Beziehung oder ein menschlicher Dialog ist auch mit Bewusstlosen möglich!

    Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten können im Vorfeld hilfreich sein. SPES VIVA - ein palliativmedizinisches Modell unseres Krankenhauses, dem Krankenhaus St. Raphael, Ostercappeln - hat seine viel nachgefragte Patienteninformation inklusive einer herausnehmbaren „Vertrauenskarte” jetzt neu aufgelegt (siehe S. 28 in diesem Heft). Wenn Sie mögen, schicken wir Ihnen ein Exemplar zu!

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    Prof. Dr. W. Hardinghaus

    Ostercappeln

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