Der Klinikarzt 2005; 34(1/02): 15-18
DOI: 10.1055/s-2005-863596
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Für den Kranken und seine Angehörigen da sein - Priorität ambulanter hausärztlicher Versorgung

Helping Patients and Their Relatives - Priority of Ambulatory Domiciliary CareA. Keseberg1
  • 1Facharzt für Allgemeinmedizin und Sportmedizin, Erftstadt
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Anschrift des Verfassers

Prof. Dr. A. Keseberg

Facharzt für Allgemeinmedizin und Sportmedizin

Am Hahnacker 36

50374 Erftstadt

Publication History

Publication Date:
03 February 2005 (online)

Table of Contents #

Zusammenfassung

Bei der Betreuung unheilbar Kranker in ihrer häuslichen Umgebung hat der Hausarzt als so genannter „Sterbebeistand” eine besonders wichtige Aufgabe. Neben der Information des Patienten und dessen Angehörigen, zählen die Organisation der Grundpflege, die Behandlung von Begleitsymptomen und die Bereitstellung einer adäquaten Schmerztherapie zu seinen Aufgaben. Mit am wichtigsten ist es sicherlich, den Patienten vor Schmerzen zu bewahren. Von immenser Bedeutung für den Patienten sind jedoch auch menschliche Zuwendung und die Schaffung von Geborgenheit. Zudem verlangen die seelischen und nicht zuletzt die physischen Belastungen pflegender Angehöriger Hilfe und Zuwendung, auch oft über den Tod des Schwerkranken hinaus.

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Summary

In the care of the incurably sick in their own homes, the family doctor has a particularly important task as the first care-provider. Apart from giving information to the patient and his relatives, the organization of basic care, treatment of concomitant symptoms, and ensuring the availability of appropriate pain treatment are essential elements of his catalogue of tasks. Among the most important of these is, without a doubt, relieving the patient's pain. Nevertheless, although effective analgesics and treatment strategies are available, almost three-quarters of all patients are still not receiving appropriate analgesic treatment. Of extreme importance for the patient, however, are also loving attention and an atmosphere of warmth and security. Furthermore, the psychological and, not least, the physical, stress suffered by the relatives also requires attention - often beyond the death of the loved one.

Trotz des medizinischen Fortschritts gibt es immer mehr Kranke, die am Ende eines langen Leidensweges dem Ende ihres Lebens entgegensehen. Diesen Menschen kann weder mit Diagnostik noch mit aggressiven kurativen Maßnahmen oder mit einer Operation geholfen werden. Man bezeichnet sie auch distanziert als austherapiert. In der Regel befinden sie sich im Endstadium bösartiger aber auch chronischer Erkrankungen.

Die meisten dieser unheilbar Kranken möchten möglichst lange Zeit in ihrer häuslichen Umgebung bleiben und dort versorgt werden. Sie wollen ihr Dasein dort beschließen, wo sie ihr gesamtes Leben verbracht haben. Diesem Wunsch kann aber nur entsprochen werden, wenn entsprechende Voraussetzungen erfüllt sind. Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts starben 80 % aller Menschen zu Hause. Heute, etwa 100 Jahre später, sind es nur noch 20 %, die ihr Leben in häuslicher Umgebung beenden. Ziel muss sein, dass wieder mehr Menschen am Ort ihrer Wahl, also auch in der Vertrautheit und Umgebung der Familie oder in einem Hospiz ihr Leben vollenden.

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Die Funktion des Hausarztes

Hierbei hat der Haus- und Familienarzt eine besondere Bedeutung und Aufgabe. Denn er nimmt bei der Betreuung unheilbar Kranker das Recht seiner Patienten auf einen natürlichen, ihm individuell gemäßen Tod wahr. Dieser Sterbebeistand fordert die therapeutische Anwendung jedes Medikamentes, das Schmerzen und Angst zu lindern vermag - manchmal auch, wenn damit möglicherweise eine Lebensverkürzung in Kauf genommen werden muss.

Die aktive Sterbehilfe, also die Tötung aus Mitleid (z.B. aufgrund unerträglicher Schmerzen des Patienten), lässt sich Angesichts der heutigen schmerztherapeutischen Möglichkeiten nicht befürworten. Allerdings besteht in der Bundesrepublik immer noch eine weite Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit in der Durchführung einer adäquaten Schmerztherapie. Die Kluft zwischen wissenschaftlichem Wissen und dem, was in der Praxis umgesetzt wird, ist leider noch sehr groß.

Obwohl die Forderung nach einer kompetenten Palliativtherapie immer lauter wird und uns hoch wirksame Opiate zur Verfügung stehen, erhalten laut Studienangaben 70 % der Krebspatienten keine ausreichende Schmerztherapie. Das Unterlassen einer wirksamen Schmerztherapie erfüllt im Übrigen juristisch den Tatbestand der Körperverletzung. Die Erfahrung zeigt, dass entsprechend behandelte Patienten fast nie um aktive Sterbehilfe oder Beihilfe zur Selbsttötung bitten.

Die Begleitung Sterbender muss als Teil ärztlichen Handelns wiederentdeckt werden. Hierzu sind jedoch besondere Handlungsqualitäten und -techniken notwendig. Zur Sterbebegleitung gehört vor allem die Kenntnis einer angemessenen Schmerztherapie - aber auch die Fähigkeit, mit dem Kranken und nicht über ihn zu sprechen sowie die Mittlerrolle zwischen dem Kranken und seiner Familie einzunehmen. Eine lindernde Palliativtherapie bedeutet nicht, die Therapie der Patienten einzustellen. Vielmehr erhält die Behandlung eine andere Richtung, bleibt dabei aber bei Bedarf Hochleistungsmedizin. Wie bei jeder professionellen und verantwortungsvollen ärztlichen Versorgung gehört hierzu natürlich auch, unnütze diagnostische und therapeutische Handlungen zu unterlassen.

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Was ist Palliativmedizin?

Dank einer effektiven Palliativtherapie ist heute in fast allen Fällen, wirksame Hilfe möglich. Menschliche Zuwendung und Schaffung von Geborgenheit für den Kranken sind dabei ebenso wichtig wie die wirksame Bekämpfung der Symptome. Ebenfalls zum Komplex der Palliativmedizin in der hausärztlichen Praxis gehören die Organisation einer sachgerechten Pflege durch den Hausarzt und der Beistand in der Abwicklung von Sozialversicherungsfragen wie zum Beispiel der Pflegeversicherung. Zudem verlangen die seelischen und nicht zuletzt die physischen Belastungen pflegender Angehöriger Hilfe und Zuwendung, oft auch über den Tod des Schwerkranken hinaus.

Um einen möglichst reibungslosen Ablauf einer Behandlung zu Hause zu gewährleisten, bedarf es systematischer Vorbereitungen durch:

  • die Information des Kranken

  • die Information der Angehörigen

  • die Vorbereitung der Wohnung

  • die Organisation der Grundpflege

  • die Behandlung der Symptome (Schmerzen, Obstipation, Appetitlosigkeit, Schlafstörungen und depressive Phasen, Atemnot und Husten).

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Information des Kranken

Bevor der Hausarzt seinem Patienten, den er aus der klinischen Behandlung übernimmt, einen schwer wiegenden Befund mitteilt, sollte er sich stets vergewissern, inwieweit der Patient bereits in der Klinik über seinen Zustand in Kenntnis gesetzt wurde. Oft steht in einem Arztbrief: „Der Patient ist über seine Erkrankung voll informiert.” Trotzdem muss man als behandelnder Arzt dann häufig feststellen, dass der Patient praktisch nichts über seine Krankheit weiß. Dies erklärt sich aus der Stresssituation, in der er sich bei der Feststellung seines nicht mehr heilbaren Leidens befunden hat.

Empirische Beobachtungen aus der Praxis lehren uns, dass - von Ausnahmen abgesehen - unheilbar Kranke der Wahrheit aus der immanenten menschlichen Angst vor der Entdeckung eines unentrinnbaren Schicksals gerne aus dem Weg gehen. Nach höchstrichterlicher Entscheidung (siehe „Strahlenurteil” vom 31.01.1957) hat der Patient das Recht auf die volle und uneingeschränkte Mitteilung seines Befundes. Jeder Arzt wird seine eigene Erfahrung, Auffassung und Methoden in diesem schwierigen Konflikt entwickelt haben. Niemals aber darf das im Menschen zutiefst verankerte „dum spiro spero” („so lange ich atme, hoffe ich”) verletzt werden oder wie Bock aus Tübingen formulierte: „Es gehört zur ärztlichen Uraufgabe, Hoffnung und Vertrauen zu erhalten.”

Meiner Erfahrung nach kann die wortgetreue Befriedigung des aktenmäßigen Wahrheitsanspruchs für den Patienten grenzenlos unmenschlich sein. Bewusst vereinfachend möchte ich sagen: Angehörige beklagen in solchen Situationen oft nicht ärztliche Unwahrhaftigkeit, sondern bitten meist ausdrücklich, dem Kranken zu verschweigen, was ihm bevorsteht. Es ist aber falsch, das Problem zu simplifizieren und auf Ehrlichkeit oder ärztliche Täuschung zu reduzieren. Vielmehr geht es um die Frage, wann, wie und inwieweit der unheilbar Kranke an das Wissen um sein Schicksal heranzuführen ist. Auf einen kurzen Nenner gebracht: „Der Patient soll über seine Krankheit das wissen, was er versteht, was er verkraftet und was ihm seelisch nicht schadet.”

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Information der Angehörigen

Mit Rücksicht auf die rechtliche Lage muss zumindest einem Angehörigen die volle Wahrheit über Befund und Prognose des Kranken mitgeteilt werden. Dies ist einerseits notwendig, um eine sachgemäße Pflege des Patienten gewährleisten zu können. Darüber hinaus können die betreuenden Ärzte nur so ihr eigenes ärztliches Interesse wahren - denn andernfalls kann sonst allzu leicht der Vorwurf erhoben werden, der Arzt selbst habe Art und Schwere der Erkrankung nicht erkannt. Aus der Mitteilung über Ernst und Verlauf der Erkrankung ergibt sich häufig für den Patienten, seine Angehörigen sowie für den betreuenden Hausarzt die Frage, was zu bevorzugen ist: eine Pflege in der Klinik, im Hospiz oder in der häuslichen Umgebung.

Zu bedenken ist auch, dass die Problematik des Sterbens, der Todesannahme und der Trauer nicht auf den Kranken beschränkt ist, sondern alle - den Patienten, seine Familie, Pflegerinnen und Pfleger, Freunde und nicht zuletzt den Hausarzt - berührt. Hierbei beobachtet man immer wieder, wie stark die erschreckende Nachricht der todbringenden Erkrankung die Angehörigen trifft. Ihre Reaktion ist in etwa mit der des Kranken zu vergleichen. Auch die Angehörigen verdrängen typischerweise die Wahrheit, was sich oft in Zorn und einer folgenden Depression äußert, wie Elisabeth Kübler-Ross den Verdrängungsmechanismus beschrieben hat.

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Organisation der Grundpflege

Solange der Kranke nicht vollständig ans Bett gebunden ist und keine nächtlichen Pflegemaßnahmen erforderlich sind, kann er weiterhin im eigenen Schlafzimmer schlafen. Tritt eine zunehmende Bettlägerigkeit ein, ist die Anschaffung eines Pflegebettes notwendig. Wenn möglich, sollte dieses Pflegebett im Wohnbereich aufgestellt werden, möglichst in der Nähe des Fensters. Dabei muss das Bett von allen Seiten zugänglich sein, um den Kranken dadurch in das Zentrum der Familie zu rücken.

Wichtig ist zudem eine gute Belüftung des Zimmers, ohne dabei Durchzug zu erzeugen. Im Übrigen geben zum Beispiel Blumen eine wohnliche Atmosphäre. In Greifnähe des Kranken sollte sich außerdem ein Beistelltisch befinden, auf dem beispielsweise eine Glocke liegen kann, mit der der Patient den Kontakt zu den Angehörigen herstellen kann.

Zur Pflege gehört auch das Verabreichen häufiger kleiner Mahlzeiten, sie schaffen Freude am Essen und wirken der oft vorhandenen Appetitlosigkeit entgegen. Ein zusätzlicher Schluck Bier oder Aperitifwein kann dies noch unterstützen. Natürlich ist auch auf eine regelmäßige und ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu achten, zum Beispiel in Form von Tee oder verdünnten Fruchtsäften.

Besondere Aufmerksamkeit muss der Mundhygiene gewidmet werden. Auch diese Maßnahme beeinflusst den Appetit und das Wohlbefinden des Patienten positiv - besteht ein verminderter Speichelfluss kann mit künstlichem Speichel (Glandosane®) nachgeholfen werden. Unverzichtbar für jeden Schwerkranken ist eine sorgsame Körperpflege. Sie trägt dazu bei, Infektionen und Dekubitalulzera zu vermeiden. Eine Antidekubitusmatratze bzw. eine Wechseldruckmatratze ist unbedingt erforderlich.

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Schmerztherapie - Basis der Symptombehandlung

An erster Stelle jeder Symptombehandlung steht die Schmerztherapie. Nur selten hat der Sterbende Angst vor dem Tod, vielmehr fürchtet er starke Schmerzen. Deshalb besteht die wichtigste Aufgabe des betreuenden Mediziners darin, den Patienten vor Schmerzen zu bewahren. Vor dem Beginn einer wirksamen Schmerztherapie müssen jedoch Ursache und Intensität der Schmerzen geklärt werden. Hier hat sich die Einteilung von verschiedenen verursachenden Faktoren als Therapiegrundlage bewährt:

  • Lokalisation

  • Schmerzintensität

  • Art und Charakter des Schmerzes

  • zeitliche Entwicklung und Verlauf des Schmerzes

  • Auslösemechanismen

  • Faktoren, die den Schmerz positiv oder negativ beeinflussen

  • Begleitphänomene.

Als Schmerzursachen kommen infrage:

  • tumorbedingte Schmerzen

  • tumorassoziierte Schmerzen

  • therapiebedingte Schmerzen

  • tumorunabhängige Schmerzen.

Das subjektive Schmerzempfinden wird besonders bei Tumorpatienten in erheblichem Maße durch psychische Faktoren beeinflusst: Schlaflosigkeit, Angst, Trauer, Depression und Isolation können die Schmerzschwelle senken. Bei terminal Tumorkranken in der ambulanten Hausarztpraxis ist die orale und perkutane (Opiatpflaster) Pharmakotherapie bzw. deren Kombination das Mittel der Wahl.

Nach dem von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Dreistufenschema [Tab. 1] ist es möglich, etwa 85 % der Tumorpatienten schmerzfrei oder schmerzarm zu behandeln. Bei den verbleibenden 15 % liegen besondere Schmerzfaktoren wie beispielsweise eine diffuse Metastasierung vor, aber auch in diesen Fällen lassen sich in Zusammenarbeit mit Spezialeinrichtungen - zum Beispiel durch die Implantation einer Opiatpumpe - befriedigende Ergebnisse erzielen.

Nach dem Stufenschema der WHO beginnt eine regelmäßige Analgetikagabe schon bei einem niedrigen Schmerzpotenzial.

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Behandlung von Begleitsymptomen

Viele Tumorpatienten leiden im Endstadium unter Schlaflosigkeit, Angst und Depression - Begleitsymptome, die als Schmerzverstärker wirken können. In solchen Fällen ist der Einsatz von Antidepressiva unerlässlich. Antidepressiva gehören neben anderen Substanzen in die Gruppe der so genannten Koanalgetika. Diese wirken zwar im eigentlichen Sinne nicht analgetisch, sie bewirken aber in speziellen Situationen im Zusammenwirken mit Analgetika eine Schmerzreduktion. Bei einigen Vertretern dieser Gruppe sind direkte antinozizeptive Wirkungen bekannt.

So wirken Kortikosteroide antiödematös und antiphlogistisch, etwa bei Kopfschmerzen aufgrund einer zerebralen Metastasierung, die durch den erhöhten intrakraniellen Druck bedingt sind. Hinzu kommen - durchaus erwünschte - roborierende und euphorisierende Effekte. Bei neuropatischen Schmerzen mit einschießendem Charakter haben sich Antikonvulsiva wie Clonazepam (Rivotril®), Carbamazepin (Tegretal®) und Phenytoin (Zentropil®) bewährt.

Psychischer Stress bei Tumorpatienten führt häufig zu einer Tonuserhöhung der quergestreiften Muskulatur und zu reaktiven Schmerzzuständen. Hier sind Benzodiazepine wie Diazepam (Valium®) oder Tetrazepam (Musaril®) effektiv, ebenso wie Chlormezanon (Muskeltrancopal®). Bei Muskelspasmen eignen sich Baclofen (Lioresal®) bzw. Tizanidin (Sirdalud®).

Die Kombination von Morphin und Neuroleptika sollte nicht beherrschbaren Schmerzzuständen vorbehalten bleiben. Wenn es möglich ist, sollte der Patient nicht stark sediert werden, so kann er stets an seiner Umwelt teilnehmen. In der Regel ist eine Tumorschmerztherapie eine Kombinationstherapie.

In allen Phasen der Schmerztherapie können Begleitmedikamente oder physikalische Maßnahmen wie die transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS) eingesetzt werden. Entscheidend für den Therapieerfolg dieses Verfahrens ist die optimale Platzierung der Elektroden. Oft sind hierzu mehrere Teststimulationen notwendig - entweder im Bereich der schmerzhaften Region im Verlauf peripherer Nerven oder an muskulären Triggerpunkten.

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Was ist zu beachten?

Bei einer Opioidtherapie ist eine zusätzliche Behandlung mit Laxanzien unerlässlich. Zu den Allgemeinmaßnahmen zählt hierbei auch die Steigerung der Flüssigkeitszufuhr. Hohe Dosen von Progesteron oder die Gabe von Kortikosteroiden können bei Appetitproblemen hilfreich sein. Manchmal genügt auch die Gabe von Metoclopramid. Atemnot kann viele Uraschen haben, wie zum Beispiel pulmonale Metastasierungen, Erregung, Blutarmut oder eine Ermüdung der Atemmuskulatur. Manchmal zwingt dieses Symptom auch zur stationären Einweisung.

Ebenso wichtig wie die medikamentösen und allgemeinen Maßnahmen ist die menschliche Betreuung. Ein Beispiel: Ein amerikanischer Junge, der mit 13 Jahren an Krebs gestorben ist, schrieb seinen Pflegern: „Gebt Euch selbst die Erlaubnis, fürsorglich zu sein. Das ist alles, wonach wir verlangen. Vielleicht fragen wir nach dem warum und wozu, aber wir erwarten gar keine Antwort darauf. Lauft nicht davon. Bleibt da. Alles, was ich wissen will ist, dass da jemand ist, der meine Hand hält, wenn ich das brauche. Ich habe Angst, ich bin noch niemals zuvor gestorben.”

Ziel einer modernen hausärztlichen Palliativmedizin sollte sein, dass der Patient

  • zu Hause möglichst lange sein gewohntes Leben führen kann und seine Aktivitäten und sein Aktionsradius möglichst langsam eingeschränkt werden

  • möglichst lange außer Bett bleibt

  • möglichst wenig Schmerzen und Leidensdruck hat

  • schließlich zu Hause im Kreise seiner Angehörigen ohne schweren Todeskampf sein Leben vollendet.

Für den Hausarzt selbst bedeuten die Anforderungen einer modernen Palliativmedizin eine erhebliche Mehrbelastung: Denn unheilbar Kranke müssen häufiger besucht werden, als jeder andere Patient. Der betreuende Arzt braucht zudem mehr Zeit bei jedem Besuch, und schlussendlich ist die Situation sicherlich eine seelische Belastung für den Mediziner - nicht zuletzt aufgrund der medizinischen Erfolglosigkeit, trotz konsequenter Betreuung.

Tab. 1 WHO-Stufenschema zur Schmerztherapie

Stufe 1

Nichtopioid

z.B. Paracetamol, Metamizol, Flurbiprofen, Ibuprofen

Stufe 2

mittelstarke Opioide plus Nichtopioid

z.B. Codein, Dihydrocodein, Tramadol, Tilidin

Stufe 3

starke Opioide plus Nichtopioid

z.B. Morphin, Buprenorphin, Fentanyl

Tab. 2 Standardfehler bei der Schmerztherapie vermeiden

falsch

richtig

  • Verschreibung nach Bedarf

  • Standarddosierung

  • zu schwache Analgetika

  • Unterschätzung der Intensität

  • Angst vor Sucht

  • unzureichende Begleitmedikation

  • i.m.- oder i.v.-Injektion

  • Einnahme nach festem Zeitschema

  • individuelle Dosierung

  • kontrollierte Dosisanpassung

  • von vorneherein hoch genug dosieren

  • nach Möglichkeit orale Medikation

  • Einsatz von Koanalgetika

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Anschrift des Verfassers

Prof. Dr. A. Keseberg

Facharzt für Allgemeinmedizin und Sportmedizin

Am Hahnacker 36

50374 Erftstadt

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Prof. Dr. A. Keseberg

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Am Hahnacker 36

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