Anamnese und klinischer Befund
Da es bei akuten Schlaganfällen um jede Minute geht, muss sich die Anamnese zunächst
auf das Wesentlichste beschränken:
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Genauer Zeitpunkt des Beginns der Symptomatik
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Begleitsymptome (Zuckungen bei epileptischen Anfällen, Bewusstseinsstörungen etc.)
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Vorläufersymptome (Sehstörungen, Schwäche/Ungeschicklichkeit einer Extremität, Taubheitsgefühl
etc.)
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Wesentliche Risikofaktoren (Bluthochdruck, Diabetes mellitus, Herzrhythmusstörungen,
akute Infektionskrankheiten)
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Schwere Vorerkrankungen.
Besonders vor einer Lysetherapie empfiehlt sich eine Fremdanamnese, da der Patient
gelegentlich einige Symptome und Vorerkrankungen nicht als krankhaft oder berichtenswert
ansieht oder den genauen Zeitpunkt der ersten Symptome nicht erinnert.
Neurologische, internistische und psychische Untersuchungen müssen sich in der Akutsituation
auf die wichtigsten Parameter beschränken, spezielle Prüfungen werden später nachgeholt.
Bildgebende Untersuchungen
Computertomografie
Das CCT weist intrazerebrale Blutungen und die meisten Subarachnoidalblutungen unmittelbar
nach. Da das CCT beim ischämischen Insult nur Sekundärveränderungen im Hirngewebe
darstellt, findet man in der ersten Stunde keine oder nur diskrete Gewebsveränderungen
[5], jedoch gelegentlich eine durch den Thrombus bedingte Dichteerhöhung im betroffenen
Gefäß (hyperdenses Media- oder Basilariszeichen). Frühzeichen eines Infarktes sind
in den ersten Stunden sehr diskret:
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Verlust der Dichteunterschiede zwischen grauer und weißer Substanz in den Basalganglien
und im Kortex
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Hypodensität als Ausdruck eines sich entwickelnden Hirnödems
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Lokale Schwellung mit Kompression der Ventrikel und/oder der kortikalen Subarachnoidalräume
(„Verstreichen der Hirnfurchen”).
Nach Stunden und Tagen demarkiert sich der Hirninfarkt in Folge Ödemeinlagerung durch
Dichteminderung und Raumforderung. Die endgültige Infarktnarbe entwickelt sich nach
Monaten. Besonders bei größeren Infarkten kommt es zu mehr oder weniger ausgedehnten
Einblutungen vorwiegend in die graue Substanz (hämorrhagische Transformation), die
auch dann nicht mit primären Hirnblutungen verwechselt werden dürfen, wenn sie konfluieren
und im CCT das Aussehen von Rhexisblutungen annehmen.
Infarkte in der hinteren Schädelgrube können im CCT wegen der Artefaktüberlagerungen
nur schlecht erkannt werden. Hier dient das Akut-CCT vorwiegend dem Ausschluss einer
Blutung.
Die CT-Angiografie erlaubt hervorragende dreidimensionale Darstellungen der Gefäße
bzw. von Stenosen, Verschlüssen und Aneurysmen. Im Seitenvergleich lässt sich auch
ein Füllungsdefekt leptomeningealer kortikaler Äste erkennen. Vorteile der Methode
sind geringer Zeitaufwand, dreidimensionale Darstellung aus beliebigen Winkeln und
die im Vergleich zur DSA geringere Invasivität, Nachteile der Kontrastmittelbedarf
(80-120 ml) und die Strahlenbelastung für die Linse (Kataraktbildung). Moderne Spiral-CT-Scanner
ermöglichen eine semiquantitative Bestimmung der lokalen Perfusionsgröße.
Die Kernspintomografie mit T1-, T2- und Protonen-gewichteten Sequenzen ist besonders
bei kleinen Infarkten (z.B. Lakunen) und bei Infarkten in der hinteren Schädelgrube
sensitiver als das CCT. In der Spätphase stellen sich Infarkte in T1 hypo-, in T2
hyperintens dar.
In der Frühphase weit sensitiver ist die diffusionsgewichtete Kernspintomografie (DWI),
die durch Nachweis einer verminderten Wasserdiffusion im Extrazellulärraum des Gehirns
indirekt eine Zellschwellung nachweist und dadurch ischämische Schädigungen schon
in den ersten Stunden sichtbar macht. Um andere Ursachen der Signaländerung in der
DWI auszuschließen, kann die Untersuchung nur in Zusammenschau mit T2-gewichteten
oder Flair-Bildern oder nach Kalkulation des Apparent Diffusion Coefficient (ADC)
sicher interpretiert werden. Diffusionsgeschädigte Areale indizieren fast immer eine
beginnende Infarzierung.
Perfusionsmessungen (PWI) sind kernspintomografisch mit und ohne Kontrastmittel möglich.
Stimmen DWI- und PWI-gestörtes Areal überein, ist ein Infarkt ziemlich sicher. Ist
das gestörte Areal im DWI kleiner als im PWI (sog. Mismatch), spricht dies dafür,
dass perfusionsgestörtes Gewebe noch nicht irreversibel geschädigt ist, also möglicherweise
durch rasche Reperfusion gerettet werden kann.
Der sichere Ausschluss von Blutungen gelingt auch in der Frühphase kernspintomografisch
mit Hilfe von T2* gewichteten Bildern [4]. Darüber hinaus sind FLAIR-Sequenzen geeignet, extraaxiale Blutansammlungen in Subarachnoidal-
und Subduralraum ebenso darzustellen, wie Strömungsminderung oder Thrombose in Gefäßen.
Die Kernspinangio- und -venografie erlaubt mit zwei- oder dreidimensionaler Time of
Flight oder mit Phasenkontrasttechnik sehr gute Darstellungen des Durchflusses in
Arterien und Venen und stellt auch Dissektionen dar. Die Abschätzung von Stenosegraden
ist aber schwierig.
Positronen-Emissions-Tomografie (PET) und Single-Photon-Emissions-CT (SPECT) spielen
in der Routineversorgung keine Rolle, ein EEG ist nur bei Verdacht auf Todd' Parese
und bei Bewusstseinsstörungen zum Nachweis/Ausschluss nicht-konvulsiver Staten oder
metabolischer Störungen indiziert.
Abklärung der Infarktursache
Die Doppler/Duplex-Sonografie ist die wichtigste angiologische Methode zur Erfassung
von Stenosen, Verschlüssen und Emboliesignalen (high intensity transcranial signals,
HITS). Ihre Aussagefähigkeit kann durch Ultraschallkontrastmittel verbessert werden.
Rechts-Links-Shunts sind nach i.v.-Gabe von Kontrastmittel (sog. Bubble-Test) ebenso
sicher nachzuweisen, wie durch die Echokardiografie [3]. Die HITS erreichen die Media nach ca. zehn Sekunden. Später eintreffende HITS sieht
man besonders bei av-Shunts der Lunge.
Bei hochgradigen Stenosen kann durch CO2- oder Diamox-Stimulation die zerebrale Reservekapazität an Hand des Durchströmungsverhaltens
in der Media dopplersonografisch getestet werden. Auf die CT- und MRT-Angiografie
ist oben schon eingegangen worden.
Die digitale intraarterielle Subtraktionsangiografie ist risikobeladen (etwa 0,5 %
bleibender Schäden oder Tod) und darf daher nur eingesetzt werden, wenn nicht-invasive
Methodik keine Klärung gebracht hat und sich aus ihrer Anwendung therapeutische Konsequenzen
ergeben können. Das Einsatzgebiet beschränkt sich im Wesentlichen auf:
Ob bei Verdacht auf Subokklusion angiografiert werden sollte, ist ungewiss, da derartige
Stenosen eine gute Prognose haben und die Operationsindikation fraglich ist.
Arterielle Dissektionen und Pseudoaneurysmen lassen sich durch CT- oder Kernspinangiografie
gut darstellen. Stehen diese Methoden nicht zur Verfügung, helfen oft schon axiale
Ct- oder NMR-Schichten zwischen Karotisbifurkation und Schädelbasis nach KM-Gabe.
Auf die notwendige kardiologische Diagnostik beim Hirninfarkt wird im Beitrag von
Darius eingegangen. Die wichtigsten Laboruntersuchungen sind in [Tabelle 1] aufgeführt.
Abklärung seltener Ursachen von ischämischen Insulten
Die seltenen, wegen ihrer therapeutischen Konsequenzen jedoch bedeutsamen, nicht kardialen
oder arteriosklerotischen Insultursachen werden in den [Tabellen 2] und [3] zusammengefasst.
Die Differentialdiagnose bei einem akut einsetzenden neurologischen Syndrom hat im Wesentlichen folgende Erkrankungen
zu berücksichtigen:
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Ischämischer Insult
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Hirnblutung
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Hypoglykämie
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Krampfanfall mit postparoxysmaler Parese (Todd' Parese)
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Demaskierung eines alten Defizits (z.B. bei Infekt, Exsikkose o. ä.)
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Migräne mit Aura
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Hirnvenenthrombose
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Enzephalitis
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Hirntumor
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Transiente globale Amnesie.
Therapie
Jeder akute Schlaganfall ist ein Notfall, bei dem es auf Minuten ankommt. Dies gilt
auch für TIA, da die Gefahr eines nachfolgenden Hirninfarktes in den ersten Stunden
und Tagen am höchstens ist. Vor jeder spezifischen Therapie (Antiaggregation, Antikoagulation,
Thrombolyse) muss Art und Ursache der Erkrankung geklärt werden. Zusätzlich sind Überwachung
der in den ersten Tagen oft instabilen Kreislaufparameter, fachgerechte Vorsorge allfälliger
Komplikationen (z.B. Aspirationspneumonie etc.) und gegebenenfalls rasche Einleitung
rehabilitativer Maßnahmen notwendig. Diese Aufgaben können optimal in Stroke Units
gelöst werden (zusammenfassende Therapieempfehlungen siehe [1]
[6]
[10]).
Die prähospitale Phase
Nur etwa 20 bis 30 % aller Schlaganfallpatienten erreichen ein geeignetes Krankenhaus
innerhalb von zwei bis drei Stunden nach Symptombeginn (Lysefenster). Ursachen hierfür
liegen beim Patienten, der seine Symptome nicht als Schlaganfall erkennt und zunächst
einmal abwartet, oder auf Fehlern im Rettungsweg. Hausärzte und Bereitschaftsdienste
der kassenärztlichen Vereinigung sollten bei Benachrichtigung gezielt Schlaganfallsymptome
erfragen und dann unmittelbare Einweisung mit der Feuerwehr oder ggf. Rettungshubschrauber
in ein geeignetes Krankenhaus veranlassen. Laien sollten darauf hingewiesen werden,
bei Schlaganfallsymptomen sofort die Feuerwehr bzw. den Notarztdienst zu kontaktieren.
Mitarbeiter der Rettungsdienste müssen instruiert werden, nur entsprechend ausgerüstete
Kliniken anzusteuern.
Therapeutische Aufgabe in der Prähospitalphase ist die Stabilisierung der wichtigsten
Körperfunktionen (Herz-Kreislauf, Lungenfunktion, Ausschluss Hypoglykämie, Vermeidung
von Komplikationen, wie Aspiration etc.).
Behandlung im Krankenhaus
Eine effiziente Behandlung setzt ein erfahrenes interdisziplinäres Team, klar und
effizient geregelte Logistik der Aufnahme-, Diagnose- und Notfallabläufe, ausreichende
technische Ausstattung und Überwachungsmöglichkeit voraus. Behandlung auf Stroke Units,
die in unterschiedlichen Ländern unterschiedlich ausgestattet sind, senkt im Vergleich
zu einer normalen internistischen Station die Sterblichkeit um ca. ein Drittel, Tod
und Abhängigkeit um 29 % und die Notwendigkeit einer Weiterbehandlung in einem Pflegeheim
um 25 % [13].
In gut organisierten Krankenhäusern mit Stroke Units sind Zielzeiten von zehn Minuten
von Aufnahme bis erstem Arztkontakt, von 25 Minuten bis zum Beginn der CT-Untersuchung
und 60 Minuten bis zum Therapiebeginn (Lyse) in den meisten Fällen erreichbar.
Behandlungsziele
Für den akuten ischämischen Insult können vier Behandlungsziele definiert werden:
Zur Reinfarktprophylaxe siehe Beitrag von Jansen und Koennecke in diesem Heft.
Etwa 70 % der Patienten mit akutem ischämischen Insult haben bei Aufnahme erhöhte
Blutdruckwerte. Dies kann vorteilhaft sein, wenn distal einer Stenose oder eines Verschlusses
die Autoregulation aufgehoben ist und daher ein höherer Druck benötigt wird. Zum anderen
ist hoher Blutdruck in dieser Phase auch durch Angst und Aufregung bedingt und fällt
oft spontan nach Minuten ab. Eine Blutdrucksenkung in den ersten 20 Minuten nach Aufnahme
ist daher außer bei Hochdruckkomplikationen (Angina pectoris, Lungenödem, akute Enzephalopathia
hypertonica) nicht indiziert. Beträgt er nach dieser Zeit noch immer > 220/120 mmHg,
sollte er vorsichtig gesenkt werden. Angestrebt wird eine schrittweise Senkung um
ca. 20 mmHg (Hypotonie vermeiden!) bis auf einen Blutdruck, der etwas oberhalb der
Werte liegt, die der Patient vor dem Insult gehabt hat [6]. Oral sind Kalziumantagonisten (z.B. 5 mg Nitrendipin), ACE-Hemmer (z.B. 5 mg Enalapril)
und parenteral Clonidin (0,15 mg sc. oder i.v.) oder Urapidil (5-25 mg i.v.) geeignet.
Bei Therapieversagen ist parenterale Dauermedikation über einige Tage mit Urapidil,
Metoprolol und/oder Dihydralazin angezeigt. Vasodilatatoren gelten wegen der intrakraniellen
Blutvolumenzunahme als wenig geeignet.
Hypotone Blutdruckwerte unter syst. 120 mmHG bedürfen einer Abklärung ihrer Ursache
(Exsikkose, Myokardinfarkt, intestinale Blutungen, Aortendissektion, Sepsis, Medikation)
und in der Regel einer Behandlung: Flachlagerung des Oberkörpers und Kopfes, intravenöse
Volumentherapie, eventuell auch inotrope Substanzen (Dobutamin) oder Vasopressantien
(Adrenalin).
Brady- oder tachykarde Herzrhythmusstörungen sind in der Frühphase häufig und können
zu einer Verminderung des Herzminutenvolumens führen. Indiziert sind bei Tachykardien
Betablocker oder Verapamil, bei Bradykardien Atropin. Myokardinfarkte sind bei bis
zu 2 % der Patienten Ursache des ischämischen Insultes oder entwickeln sich in der
Frühphase des Hirninfarktes.
Zur Optimierung der Herzauswurfleistung ist eine Regulation des Elektrolyt- und Wasserhaushaltes
mit Vermeidung von Hyper- oder Hypovolämie essentiell. Zur Überwachung eignen sich
Messung der Ein- und Ausfuhr, des zentralen Venendruckes (optimal zwischen 10 und
12 mmHg) und Bestimmung von Serumelektrolyten, Kreatinin, Harnstoff und Serumosmolarität.
Lungenfunktion, Atmung und Oxygenierung
Hypoxie und Hyperkapnie führen zur Verschlechterung der Infarktsituation. Die Sorge
für freie Atmung gehört daher zu den wichtigsten Aufgaben. Bei Abfall der Sauerstoffsättigung
unter 90 % ist Gabe von 2-4 l Sauerstoff über Nasensonde angezeigt. Eine Indikation
für maschinelle Beatmung besteht bei einem PO2 < 70 mmHG (trotz O2-Sonde), PCO2 > 60 mmHG, Vitalkapazität < 600 ml (falls messbar), klinischen Zeichen einer Ateminsuffizienz
(Tachypnoe etc.), schwerer respiratorischer Azidose und erheblicher Aspirationsgefahr.
Hyperglykämie bei Beginn des ischämischen Insultes ist mit schlechter Prognose assoziiert.
Trotz Fehlens kontrollierter Untersuchungen über die Effektivität wird empfohlen,
Blutzuckerwerte > 200 mg/dl mit Altinsulin s.c. zu behandeln (z.B. 4 i.E und Steigerung
um 2 i.E für jede weitere Erhöhung um 50 mg/dl). Reichen sechs Einzeldosen pro 24
Stunden nicht aus, sollte eine i.v.-Gabe von Insulin erfolgen, was allerdings Erfahrung
und engmaschige Blutzuckerkontrollen erfordert. Glukosehaltige Lösungen sollten in
der Frühphase vermieden oder mit Insulin abgedeckt werden. Hypoglykämien werden durch
Gabe von 10-20 % Glukoselösungen i.v. behandelt.
Temperatursteigerung ist mit schlechter Prognose assoziiert [8]. Es wird daher empfohlen, Körpertemperaturen über 37,50 mit nicht-steroidalen Antipyretika (z.B. Parazetamol, Novaminsulfon) symptomatisch
zu senken. Infektionen (besonders betroffen Harn-ableitende Systeme und Lungen) erfordern
eine frühzeitige Antibiose.
Epileptische Anfälle werden üblicherweise mit Benzodiazepinen unterdrückt. Zumindest
bei Anfallswiederholung ist eine rasche Aufsättigung z.B. mit Valproat oder Phenytoin
(beachte Hypotonie und Bradykardie!) notwendig.
Malnutrition nach einem Schlaganfall verschlechtert die Prognose. Unglücklicherweise
wird diesem Parameter in der Schlaganfallbehandlung bisher wenig Aufmerksamkeit gewidmet.
Perfusionsverbesserung
Die intravenöse (systemische) Thrombolyse mit 0,9 mg/kg Körpergewicht (max. 90 mg)
rekombinantem Gewebsplasminogenaktivator (rt-PA) innerhalb der ersten drei Stunden
nach Beginn der Symptomatik, davon 10 % als initialer i.v.-Bolus, verbessert Rekanalisationsrate
und Prognose. Der Effekt ist umso größer, je früher begonnen wird. Bei Beachtung strenger
Ein- und Ausschlusskriterien liegt die Rate symptomatischer intrazerebraler Blutungen
unter 5 %, die Rate der Patienten, die ohne oder mit nur minimalen Restsymptomen überleben,
steigt um etwa 15 % (1,9). Bei Therapiebeginn in der vierten bis sechsten Stunde erhöht
sich die Blutungsrate, so dass hier nur in Ausnahmefällen, z.B. bei Mismatch zwischen
DWI und PWI im Kernspintomogramm, eine Indikation bestehen mag. Eine weitere Gefahr
der Thrombolyse ist das Reperfusionsödem, das gelegentlich zu einer Hemikraniektomie
zwingt. Voraussetzungen für die Thrombolyse sind:
-
Erfahrenes Team mit neurologischer, neuroradiologischer und internistischer Expertise
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Beachtung der Ein- und Ausschlusskriterien
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Leistungsfähige Neuroradiologie (CT, Doppler, möglichst MRT, CT- oder MRT-Angiografie,
Katheterangiografie)
-
Behandlung unter Monitorüberwachung auf Stroke Unit oder Intensivstation.
Aspirin-Vorbehandlung scheint keine Kontraindikation zur Thrombolyse zu sein [12].
Die intraarterielle Thrombolyse mit Urokinase bleibt spezialisierten Zentren überlassen
und kommt bei Patienten mit Verschlüssen größerer Arterien oder nach dem Zeitfenster
von drei Stunden in Frage. Sie kann bei Basilaristhrombosen ohne schwere Bewusstseinsstörungen
auch jenseits eines sechs-Stunden-Fensters erfolgreich sein.
Die Hämodilution führt besonders in gesundem Hirngewebe in Folge der Verdünnung der
Sauerstoffträger - und nicht wegen Viskositätsverminderung - zu Mehrdurchblutung [11]. In mangeldurchblutetem Gewebe ist der Effekt nicht sicher vorhersagbar. Isovolämische
und insbesondere hypovolämische Hämodilution bergen die Gefahr einer Symptomverschlechterung,
hypervolämische die der Entwicklung von Hirnödem, Lungenödem und Nierenversagen. Eine
Hämodilution wird daher außer bei Polyzythämie nicht empfohlen, wohl aber eine suffiziente
Flüssigkeitszufuhr.
Antiaggregantien sind in der Frühphase eines Hirninfarkts indiziert, da sie das Outcome
trotz leichter Erhöhung hämorrhagischer Komplikationen verbessern.
Fraktioniertes oder unfraktioniertes Heparin und Hepariniode werden zur Beinvenenthrombose
und Lungenembolieprophylaxe in niedriger Dosis angewendet. Bei höheren Dosierungen
steigt die Gefahr intrakranieller Blutungen und hebt den positiven Effekt gegen Frührezidive
auf.
Vermeidung von Komplikationen
Im Verlaufe der ersten Tage nach Infarktbeginn entwickelt sich oft ein Hirnödem. Zur
Prophylaxe und Behandlung werden Verbesserung des venösen Abstroms durch Oberkörper-
(nicht nur Kopf-) Hochlagerung (ca. 20°), Vermeidung von Ventilationsstörungen und
frühzeitige Behandlung einer erhöhten Körpertemperatur empfohlen. Hypertonische Lösungen
(Mannitol, hyperosmolare NaCl-Lösung) dürfen nicht prophylaktisch gegeben werden,
sondern nur, wenn sich Symptome der intrakraniellen Drucksteigerung entwickeln. Die
Dosisanpassung kann durch intrakranielle Druckmessung gesteuert werden. Eine Hemikraniektomie
kann die Mortalität maligner Media- oder Kleinhirninfarkte vermindern [7], wenn sie rechtzeitig, d.h. vor Manifestwerden von Einklemmungssymptomen (z.B. Pupillenerweiterung),
eingesetzt wird. Dies gilt insbesondere für Kleinhirninfarkte ohne Hirnstammbeteiligung,
da Entfernung auch größerer Kleinhirnanteile meist ohne wesentliche Funktionsbeeinträchtigungen
toleriert wird.
Eine große Gefahr in der Frühphase ischämischer Insulte liegt in der Aspiration mit
nachfolgender Pneumonie. Die Untersuchung auf Schluckstörungen, Absaugen von Sekret
und gegebenenfalls Vermeidung oraler Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme (Magensonde,
PEG, evtl. parenterale Ernährung) gehören daher zum obligaten Repertoire der Schlaganfallbehandlung.
Physikalische Maßnahmen zur Verbesserung der Ventilation und Verringerung pulmonaler
Hypostase sind weitere Therapieoptionen zur Pneumonieprophylaxe. Ist eine Pneumonie
eingetreten, bedarf sie einer antibiotischen Therapie.
Dekubitalulzera sind durch geeignete Lagerung zu vermeiden und gelten daher als Pflegefehler.
Zur Vermeidung von Gelenkkontrakturen ist rechtzeitige und ausreichende krankengymnastische
Betreuung notwendig.