Chronische Obstipation gehört bei Menschen über 60 Jahre zu den am häufigsten genannten
Beschwerden. Dies vor allem dann, wenn die körperliche Aktivität eingeschränkt ist
oder gar Pflegebedürftigkeit und Immobilisation vorliegen. Aber auch die bei vielen
älteren Menschen notwendige Polymedikation bei bestehender Multimorbidität ist nicht
selten Ursache einer Obstipation. Folglich steigt mit dem Lebensalter auch die Anwendung
von Laxantien, die die Verweildauer des Stuhls im Kolon und Rektum verkürzen sollen.
Laxantien können Elektrolythomöostase stören
Prof. Ingo Füsgen, Wuppertal, verweist in diesem Zusammenhang aber darauf, dass die
wiederholte Einnahme solcher Präparate zwar in vielen Fällen notwendig ist, die Behandlung
einer Obstipation aber doch in erster Linie auf Allgemeinmaßnahmen, körperliche Aktivität
und entsprechende Ernährung gestützt sein sollte. Er begründet dies mit den Wirkungsmechanismen
der Laxantien, denen allen gemeinsam ist, dass "entweder durch eine vermehrte Bindung
von Wasser an schwer-resorbierbare Substanzen, durch Hemmung der Wasser- und Elektrolytresorption
aus dem Darm oder durch Steigerung der Flüssigkeitssekretion in das Darmlumen ein
höherer Wasseranteil am Faeces erreicht werden soll". Zu beachten ist hier aber, dass
mit dem höheren Wasseranteil am Faeces Elektrolyte gebunden werden oder zusätzlich
aus dem Plasma in den Darm einströmen und so dem Organismus verloren gehen. Dies ist
ein Circulus vitiosus, denn "durch die Laxantien kommt es vor allem zum Natrium- und
Wasserverlust, was eine gesteigerte Aldosteronsekretion nach sich zieht, mit der Folge
eines deutlichen Kaliumverlustes, der wiederum eine ausgeprägte Obstipation bewirkt".
Da aber die auf diese Weise entstandene Störung der Elektrolythomöostase oft als typische
Alterserscheinung betrachtet wird, unterbleibt die hier eigentlich notwendige Substitution,
bis es zu vital bedrohlichen Zustandsbildern (z.B. kognitive Störungen, Muskelschwäche,
Hypotonie, Stürze und auch Nierenfunktionsstörungen) kommt.
Experten sehen vor allem im Bereich der Selbstmedikation bestimmte Gefahren, denn
viele "Abführmittel" enthalten Sennoide, Aloe-Extrakte, Bisacodyl oder Natriumpicosulfat,
also Substanzen, die Störungen in der Elektrolytbilanz bewirken können.
Isoosmolare Macrogol-Präparate verhindern Elektrolytverlust
Wesentlich günstiger sei die Anwendung so genannter Macrogole, die einen dosisabhängigen
Transport von Wasser in das distale Kolon bewirken und damit den vermehrten Wasserentzug
bei Obstipation therapeutisch ausgleichen. Isoosmolare Macrogol-Präparate (z.B. PEG
3.350 mit bilanzierten Elektrolyten) verhindern, dass der durch den osmotischen Druck
bedingte vermehrte Elektrolytverlust zu einer veränderten Netto-Gesamtbilanz des Wasser-
und Elektrolythaushaltes führt. Diese hochmolekularen Macrogole haben sich gerade
im Bereich der Geriatrie in der Behandlung der refraktären beziehungsweise chronischen
Obstipation bewährt. Sie haben ein nur geringes Interaktionspotential und verfügen
unter Verwendung eines physiologischen Wirkprinzips im Kolon über ein breites therapeutisches
Fenster. Die Experten sind sich einig, dass die PEG 3.350 plus Elektrolyte enthaltenden
Laxantien eine unproblematische therapeutische Anwendung mit minimalem Nebenwirkungsprofil
gerade bei geriatrischen Patienten erlauben und auch bei multifaktoriell bedingten
Obstipationen beziehungsweise refraktären Formen (z.B. beim Parkinson-Syndrom, Diabetes
mellitus oder bei Opiat-behandelten Patienten) mit Erfolg eingesetzt werden können.
Allerdings gehöre die Behandlung älterer Patienten aufgrund der Komplexität der Symptomatik
in die Hand des geriatrisch erfahrenen Arztes.
Quelle: Presse- und Konsensusveranstaltung "Bedeutung der Elektrolyte für die Laxantientherapie",
März 2005 in Berlin. Veranstalter: Norgine GmbH, Marburg.