Klin Padiatr 2005; 217(5): 253-258
DOI: 10.1055/s-2005-872514
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Familiendynamik bei chronischer Krankheit: Das diabeteskranke Kind im Kontext Familie

Family Dynamics and Chronic Illness: Children with Diabetes in the Context of their FamiliesS. Wirlach-Bartosik1 , M. T. Schubert1 , M. Freilinger1 , E. Schober1
  • 1Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Wien, Austria
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Publication Date:
16 September 2005 (online)

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Zusammenfassung

Die Untersuchung basiert auf der Annahme einer Wechselwirkung zwischen Familienfunktionalität und chronischer Krankheit. Sie setzt sich vor einem systemischen Ansatz mit der innerfamiliären Situation von Familien mit diabeteskranken Kindern auseinander. Mittels eines familiendiagnostischen Instruments („Familienbögen”) [1] wurden 44 Familien mit einem diabeteskranken Kind untersucht und mit 31 Familien gesunder Kinder verglichen. Weiters wurde gefragt, ob die Familienfunktionalität Einfluss auf die Stoffwechseleinstellung, gemessen am HbA1c hat, und umgekehrt. In Familien mit diabeteskranken Kindern traten mehr dysfunktionale Bereiche und höhere Diskrepanzen der Einschätzungen auf (p < 0,05). Eine Wechselwirkung zwischen Familienfunktionalität und Stoffwechseleinstellung war nicht im erwarteten Ausmaß bzw. der erwarteten Richtung nachzuweisen. So zeigte eine schlechte Stoffwechsellage keine nachteilige Wirkung auf die Familienfunktionalität, sondern sogar Gegenteiliges. Auch wurde die Geschwisterbeziehung besser eingeschätzt, wenn ein Geschwister chronisch krank war (p < 0,05). Die Ergebnisse zeigen, dass es in Zusammenhang mit der Diabeteskrankheit eines Kindes vermehrt zu Beeinträchtigungen der innerfamiliären Dynamik kommt, aber auch Chancen für eine Verbesserung innerfamiliärer Beziehungen bestehen. Sind somatische Parameter im Krankheitsverlauf jedoch auffällig (schlechte Stoffwechseleinstellung), dürften die innerfamiliären Probleme in den Hintergrund treten. Der Erfolg einer Betreuung von Diabetespatienten sollte somit nicht allein an der Qualität der Stoffwechsellage gemessen werden, sondern psychische und familiendynamische Aspekte miteinbeziehen.

Abstract

The present study is based on the assumption of an interaction between family functioning and chronic illness. Using a systemic approach, the intra-familial situation of families with a diabetes-affected child is examined. 44 families were evaluated using a family diagnostic instrument (“Familienbögen”) [1] and compared with 31 control families with a healthy child. Furthermore, the study looked at the influence of the level of family functioning on glycemic control, as measured by HbA1c values, and vice versa. Families with a child affected by diabetes showed significantly more dysfunctional domains and higher discrepancies of the ratings in the family diagnostic instrument (p < 0.05). Unexpectedly, no significant interaction between family functioning and glycemic control was found. Poor glycemic control therefore did not have any negative effects on the family dynamics, in fact, the opposite was often the case. Also, the relationship between siblings was judged more positively when one of the siblings was chronically ill (p < 0.05). The results show that despite the fact that diabetes in children may lead to an increase in impairment of intra-familial dynamics, it may, at the same time, offer opportunities for an improvement of family relationships. However, if physiological parameters deteriorate in the child (poor glycemic control), family problems seem to become less important. Success in the treatment of diabetes patients should therefore not only be measured by the quality of glycemic control, but also by considering psychological factors and aspects of family dynamics.

Literatur

Hinweis: Der bisher in der PDF-Datei für diesen Beitrag angezeigte DOI 10.1055/s-2004-832431 war falsch.

Ao. Univ. Prof. Dr. Maria Theresia Schubert

Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde

Währinger Gürtel 18–20

A-1090 Wien