Balint Journal 2005; 6(4): 108-114
DOI: 10.1055/s-2005-916204
Original
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Psychoanalyse für Studenten

Wie psychotherapeutische Technik helfen kann, Lernziele in Anamnesegruppen zu erreichenT. Köglsperger1
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Publication Date:
29 December 2005 (online)

Zusammenfassung

Die Ausbildung von Medizinstudenten in Deutschland fokussiert besonders auf eine Vermittlung naturwissenschaftlich-medizinischer Kenntnisse und klinisch-technischer Fertigkeiten. Die Vermittlung von Kompetenzen in den Bereichen Kommunikation und Arzt-Patient-Beziehung nimmt dagegen in den meisten Curricula nur wenig Raum ein. Sowohl (Junior-) Balintgruppen wie auch Anamnesegruppen können diese Lücke teilweise schließen. Anamnesegruppen sind freiwillige Gruppen, in denen sich Medizin- und Psychologiestudenten im Umgang mit Kranken erfahren und das Gespräch mit Patienten erlernen können. Diese Gruppen kommen ohne Dozenten aus und werden stattdessen von Studenten, so genannten Tutoren, geleitet.  Bereits vor über 20 Jahren konnten Forschungsarbeiten zeigen, dass Studenten in Anamnesegruppen wichtige Fähigkeiten und Fertigkeiten für ihren  Beruf erlernen und somit die Effektivität dieser Gruppen grundsätzlich bestätigen. Dennoch gibt es bislang wenige Untersuchungen über die Art und Weise, wie dieser Effekt zustande kommt und welche Wirkfaktoren dazu beitragen. Es ist aufgrund von Beobachtungen aus der Praxis der Anamnesearbeit  anzunehmen, dass die Tutoren mit ihren Interventionen im Gruppenprozess den Verlauf und die Wirksamkeit der Anamnesegruppen entscheidend mit beeinflussen. Eine Verbesserung der Interventionstechnik der Tutoren könnte sich daher positiv auf die Arbeit der Anamnesegruppen und indirekt auf die Ausbildung von Medizinstudenten auswirken. Ich möchte in dieser Arbeit daher eine Methode vorstellen, die sich Tutoren für ihre Tätigkeit in Anamnesegruppen nutzbar machen können und versuchen zu zeigen, warum mir diese Methode für diese Anwendung geeignet scheint: Die Lernziele von Anamnesegruppen und deren Ziele sind teilweise deckungsgleich. Es handelt sich dabei um die psychoanalytisch-interaktionelle Methode nach dem Göttinger Modell. Ich will damit versuchen, Antwort auf die Frage zu geben, wie das, was in Anamnesegruppen erreicht werden soll, auch erreicht werden kann. 

Abstract

The education of medical students in Germany focuses in particular on the teaching of natural and medical sciences and technical skills. However, within the most curricula, few time is spent on the development of competencies in the fields of communication and doctor-patient-relationship, although interest in the teching of those skills has increased during the last years. (Junior-) balint groups as well as so called history-taking groups can bridge this gap at least in part. History-taking groups are voluntary groups, whereby medical students can improve their communicative skills with patients and become aware of the interactional process of doctor-patient-relationship. Those groups refrain from classical teachers and instead are managed by student tutors. Almost twenty years ago research in this field confirmed that medical students learn important skills for their later profession in history-taking groups. However, little is known about how this effect is achieved and which factors mainly contribute to the improvement of studentŽs communicative skills. Because of several findings it can be assumed, that student tutors and their interventions within the group process contribute to a high grade to the outcome effect of those groups. An improvement of their intervention technique could therefore improve the work of history-taking groups and as a result the education of medical students. In the present study, the psychoanalytic-interactional method is introduced as a new tool for student tutors to be used for  their work in history-taking groups. As a rational, it is shown, that both, psychoanalytic-interactional therapy and history-taking groups follow the same goals. Thereby, a new and inovative method for  student  tutors in history-taking groups is provided.

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