psychoneuro 2005; 31(11): 531
DOI: 10.1055/s-2005-923368
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung ist keine Modekrankheit

Johanna Krause
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Johanna Krause

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Publication Date:
25 November 2005 (online)

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    Seit dem Erscheinen des ersten Schwerpunktheftes zum Thema ADHS im Erwachsenenalter hat sich die Situation deutlich verändert. Die Bundesregierung hat nach anfänglichen Schwierigkeiten wegen der zunehmenden Verordnungen von Stimulanzien, die als Mittel der ersten Wahl bei der Behandlung dieses Krankheitsbildes unumgänglich sind, Expertenkommissionen einberufen, um sich einen Überblick über die Situation im Hinblick auf Diagnostik und Therapie zu verschaffen. Aus der ersten Konferenz im Juni 2002, bei der nur wenige Erwachsenenpsychiater eingeladen waren, bekam ich den Auftrag zur Gründung einer speziellen Expertengruppe ADHS im Erwachsenenalter, mit der Zielsetzung, Leitlinien für das Erwachsenenalter zu entwickeln. Diese Kommission hat dann in nur einjähriger Arbeit Leitlinien geschaffen, die im Oktober 2003 im „Nervenarzt” veröffentlicht wurden.

    Die Wahrnehmung der ADHS als eigene Störung des Erwachsenenalters mit einem Symptombild, das nicht mehr der ADHS des Kindesalters entspricht, hat inzwischen große Fortschritte gemacht; an vielen universitären Einrichtungen gibt es mittlerweile Spezialambulanzen, die in wissenschaftlichen Projekten die besonderen Aspekte der Situation Erwachsener untersuchen.

    In dieser Ausgabe zeigt die Arbeit der Hannoveraner Gruppe unter der Leitung von M. Ohlmeier die Problematik des Drogenkonsums auf, während R. Laufkötter, Leiter der Regensburger Spezialambulanz, sich mit den bei Erwachsenen sehr häufigen Komorbiditäten auseinandersetzt.

    Obwohl inzwischen im November 2004 eine Aufklärungsbroschüre durch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung veröffentlicht wurde, die die verschiedensten Aspekte der Erkrankung umfasst und in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung erstellt wurde, ist leider die Behandlungssituation durch die fehlende Zulassung von Medikamenten in der Indikation „ADHS des Erwachsenenalters” sehr dramatisch. In diesem Jahr wurde nun die Gründung eines Netzwerkes ADHS zur Versorgung der Patienten mit dieser Störung vom BMGS in Auftrag gegeben, die Belange der Erwachsenen sollen dort ausdrücklich berücksichtigt werden. Noch immer ist aber in Deutschland kein einziges Präparat offiziell für Erwachsene zugelassen; dies führt zu extremen Schwierigkeiten in der Versorgung von Kassenpatienten, da eine Verordnung zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen häufig mit Regressforderungen an den behandelnden Arzt verbunden sind, obwohl die gesetzlichen Anforderungen an das Urteil des Bundessozialgerichts vom März 2002 erfüllt sind. Auf diese Aspekte wird im Artikel zur Medikation eingegangen.

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    Johanna Krause

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