Notfallmedizin up2date 2006; 1(2): 145-161
DOI: 10.1055/s-2006-924653
Spezielle Notfallmedizin

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Präklinisches Polytrauma-Management

Andreas Seekamp, Lutz Mahlke
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Publication Date:
26 October 2007 (online)

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Kernaussagen

Die allgemeinen Prinzipien der präklinischen Versorgung von polytraumatisierten Patienten haben sich im Laufe der vergangenen Jahre nicht wesentlich geändert. Einzelne Aspekte haben jedoch eine neue Ausrichtung bzw. Gewichtung erfahren und sind hier nochmals genannt.

Im Rahmen des Atemwegsmanagements hat sich ein zunehmend abgestuftes Vorgehen durchgesetzt. Obwohl die orotracheale Intubation der Goldstandard bleibt, gibt es eine größere Vielfalt an Alternativen und damit verbundene Rückzugsmöglichkeiten für den Fall, dass eine Intubation nicht gelingt. Die Indikation zur Notfallkoniotomie ist hierdurch weiter in den Hintergrund getreten.

Die Volumentherapie ist um die Möglichkeit der small-volume-resuscitation durch Verabreichung hyperosmolarer Infusionslösungen erweitert worden. Grundsätzlich ist die Volumentherapie in Abhängigkeit des Verletzungsmusters und der Verletzungsschwere abgestuft vorzunehmen. Die Extreme beinhalten eine aggressive Volumentherapie beim isolierten Schädel-Hirn-Trauma sowie den kompletten Verzicht auf eine Volumensubstitution bei penetrierenden Verletzungen.

Die noch bis vor wenigen Jahren propagierte Verabreichung von Methylprednisolon nach NASCIS‐II-Schema kommt bei der Behandlung von Wirbelsäulenverletzungen mit neurologischen Ausfällen nicht mehr zur Anwendung. Eine Cortison-Therapie wird derzeit weder präklinisch noch innerklinisch bei Wirbelsäulenverletzungen mit neurologischen Ausfällen empfohlen.

Das präklinische Zeitmanagement hat stark an Bedeutung gewonnen. In den 90er-Jahren hatte die präklinische Verweildauer stark zugenommen, was jedoch nicht zu einer Verbesserung des Outcomes geführt hatte. In Einzelfällen waren eher negative Effekte zu beobachten. Zukünftig sollte die präklinische Verweildauer wieder drastisch gesenkt werden.

Im Zusammenhang hiermit hat auch die Hypothermie eine zunehmende Beachtung gefunden. Die Hypothermie hat sich in verschiedenen klinischen Studien als eigener unabhängiger prognostischer Faktor erwiesen, wobei eine Körperkerntemperatur von weniger als 34 °C bei Klinikeinlieferung ein deutlich schlechteres Outcome prognostiziert.

Literatur

Prof. Dr. Andreas Seekamp

Klinik für Unfallchirurgie (Traumatologie)
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel

24105 Kiel

Phone: 0431/597-4351

Fax: 0431/597-4107

Email: andreas.seekamp@unfchir.uni-kiel.de