Kardiologie up2date 2006; 2(1): 51-70
DOI: 10.1055/s-2006-925250
Herzinsuffizienz
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Ansätze zur Optimierung der Behandlung der chronischen Herzinsuffizienz

Christian  Zugck, Andrew  Remppis, Hugo  A.  Katus, Bernhard  Rauch, Markus  Haass
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Publication Date:
20 April 2006 (online)

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Kernaussagen

Für eine evidenzbasierte Behandlung der chronischen Herzinsuffizienz stehen erst kürzlich aktualisierte Leitlinien der deutschen, europäischen und US-amerikanischen Fachgesellschaften zur Verfügung. Durch eine leitlinienkonforme Therapie herzinsuffizienter Patienten kann deren Hospitalisierungsrate signifikant gesenkt und deren Überlebensrate dramatisch verbessert werden. Bislang werden die Leitlinien jedoch nur unzureichend umgesetzt: (I) Häufig werden Patienten eine oder mehrere prognoseverbessernde Medikation(en) (Beta-Blocker, ACE-Hemmer, AT1-Rezeptorblocker und Aldosteronantagonisten) vorenthalten; (II) die Dosistitration bleibt oft unzureichend, so dass die Potentiale der prognoseverbessernden Therapieansätze nicht ausgeschöpft werden; (III) herzinsuffiziente Patienten sind nicht ausreichend oder überhaupt nicht über den Umgang mit ihrer Erkrankung (z. B. Warnzeichen wie eine Gewichtszunahme) informiert; und (IV) nicht-medikamentöse Therapieansätze, wie beispielsweise kontrolliertes körperliches Training, werden nur unzureichend angeboten. Die Ursachen für die suboptimale Umsetzung der Leitlinien sind vielschichtig und nicht alleine auf die oftmals vorliegende Multimorbidität der zu behandelnden Patienten und die Polypharmakotherapie zurückzuführen. Zur Optimierung des Managements herzinsuffizienter Patienten ist somit ein besser koordinierter, multidisziplinärer Ansatz unter Einbeziehung von Hausarzt, Facharzt, Akutkrankenhaus und Rehabilitationseinrichtung erforderlich. Künftige Ansätze sollten zudem eine engere Einbindung der Patienten beinhalten, denen hierdurch auch mehr Eigenverantwortung zukommt. Da es sich bei der Herzinsuffizienz um eine chronische Erkrankung handelt, sind grundsätzlich Langzeitprogramme notwendig.

Wesentliche Bausteine zur Verstetigung des Behandlungserfolges, Reduktion von Hospitalisierungen und Verbesserung der Lebensqualität sind strukturierte Schulungsprogramme, die dem herzinsuffizienten Patienten mehr Sicherheit im Umgang mit der eigenen Erkrankung bieten, die Compliance verbessern und ihn zu einem eigenverantwortlicheren Partner in der Arzt-Patienten-Beziehung machen. Auch wenn der Nutzen eines strukturierten Schulungsangebots unstrittig ist, besteht bislang noch kein genereller Konsens bezüglich Schulungsintensität und -häufigkeit.

Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass durch kontrollierte Trainingsprogramme nicht nur körperliche Leistungsfähigkeit und Lebensqualität, sondern offenbar auch die Lebenserwartung herzinsuffizienter Patienten verbessert werden kann. Die nach individuellen Erfordernissen maßgeschneiderten Trainingsprogramme sollten nicht nur auf jüngere Patienten beschränkt bleiben. Bislang werden solche Programme - im Gegensatz zum Koronarsport - jedoch außerhalb von Rehabilitationseinrichtungen nur punktuell angeboten.

Vielversprechend sind Multidisziplinäre Ansätze, wie beispielsweise (I) die Einrichtung von Spezialambulanzen, (II) die Implementierung von speziell ausgebildeten Pflegekräften („Heart failure nurses”), (III) die Einrichtung von spezialisierten Call Centern (u. a. regelmäßige Telefonkontakte) und (IV) der Einsatz der Telemedizin (u. a. regelmäßige Übertragung von Vitalparametern). Der potentielle Benefit all dieser Modalitäten ist unbestritten, erlauben sie doch nicht nur eine bessere Umsetzung einer leitlinienkonformen Therapie, sondern auch eine effizientere Überwachung des Krankheitsverlaufs.

Durch welchen der Ansätze oder durch welche Kombination von Ansätzen sich das Management herzinsuffizienter Patienten am effektivsten verbessern lässt, hängt von individuellen Faktoren (u. a. Alter, Mobilität) ab und ist bislang noch nicht abschließend geklärt. Dies gilt es bei der Entwicklung strukturierter Behandlungsprogramme (DMPs) zu berücksichtigen, damit diese auch unter gesundheitsökonomischen Aspekten breite Akzeptanz finden können. Sicher ist aber schon jetzt, dass sich nur durch strukturierte, sektorenübergreifende Langzeitprogramme das Management herzinsuffizienter Patienten optimieren lässt.

Literatur

Dr. med. Christian Zugck

Innere Medizin III (Kardiologie, Angiologie und Pneumologie) · Medizinische Universitätsklinik

Im Neuenheimer Feld 410 · 69120 Heidelberg

Email: Christian_Zugck@med.uni-heidelberg.de