Zusammenfassung
Aus aversiven Kindheitsbelastungen resultierende Beschädigungen des Körpererlebens
können als häufige Grundstörung eines vulnerablen Selbstgefühls angesehen werden.
Die systematische Vernachlässigung dieser zentralen Dimension in diagnostischen Manualen
dürfte verschiedene Ursachen haben: Die Schambesetzung des Körpers, die Schwierigkeiten
der differenzierten Verbalisierung und Symbolisierung des Körpererlebens werden durch
trauma- und bindungstheoretische Hypothesen erörtert. Bislang werden die weiter bestehenden
negativen Körperkonzepte, die intensiven Berührungsängste und negative Wahrnehmung
des Körpers durch den anderen auch bei erfolgreichen Therapien Traumatisierter übersehen.
Daraus resultieren bleibende Vulnerabilitäten für die Intimitäts- und Beziehungsgestaltung.
Der inzwischen umfangreiche klinische Erfahrungsschatz durch multimodale stationäre
Therapien mit körperorientierter Psychotherapie wie auch die Einbeziehung des Körpererlebens
in den therapeutischen Dialog stimmen hoffnungsvoll, dass in Zukunft systematische
Untersuchungen dieses Feldes auch zu einer besseren Integration körperpsychotherapeutischer
Ansätze führen können.
Schlüsselwörter
Körperselbst - Selbstgefühl - Trauma - Emotionsregulation - integrierte Körpertherapie
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Korrespondenzadresse:
Prof. Dr. Peter Joraschky
Klinik für Psychotherapie und Psychosomatik der Universität
Fetscherstraße 74
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