Bei der Behandlung kardiovaskulärer Störungen ist ein umfassender Gefäßschutz erforderlich,
um drohenden Komplikationen wie Myokardinfarkt und Schlaganfall vorzubeugen. "Dabei
muss die Behandlung so gesteuert werden, dass möglichst viele kardiovaskuläre Risikofaktoren
positiv beeinflusst werden", forderte PD Dr. Uwe Zeymer, Ludwigshafen, bei einem Satellitensymposium
in Mannheim.
Aspirin in der Primärprophylaxe bei Risikopatienten
Aspirin in der Primärprophylaxe bei Risikopatienten
Besonders gut untersucht ist in dieser Hinsicht die Acetylsalicylsäure (ASS). "Aspirin
ist das am häufigsten eingesetzte und am besten erforschte Arzneimittel", berichtete
Zeymer. So gehört der Thrombozytenhemmer bei Patienten mit Akutem Koronarsyndrom zur
Standardtherapie. "Das umstrittenste Gebiet ist die Primärprophylaxe", betonte Zeymer.
Derzeit empfiehlt die American Heart Assoziation eine Primärprophylaxe mit ASS, wenn
das 10-Jahres-Risiko für ein kardiovaskuläres Ereignis mehr als 10% beträgt. Dagegen
rät die Europäische Gesellschaft für Kardiologie zu ASS in der Primärprophylaxe, wenn
die Gefahr für ein kardiovaskuläres Ereignis in den kommenden zehn Jahren 20% übersteigt.
Laut der BRAVO-Studie (Blockade of the IIb/IIIa-Receptor to Avoid Vascular Occlusion)
sollte die Dosierung in der Primärprophylaxe weniger als 162 mg ASS täglich betragen,
um ein erhöhtes Blutungsrisiko zu vermeiden.
ASS hemmt selektiv das Enzym Cyclooxygenase-1 (COX-1) der Thrombozyten. Als besser
verträgliche Alternative wurden vor einigen Jahren Cyclooxygenase-2-Hemmer, so genannte
COX-2-Inhibitoren eingeführt. Diese hemmen das Enzym Cyclooxygenase-2 und damit die
Prostacyclin (PGI2)-Synthese, die bei der Atherosklerose und anderen entzündlichen
Erkrankungen erhöht ist. Neuere klinische Studien ergaben allerdings, dass einige
dieser COX-2-Hemmer das Risiko für Myokardinfarkte steigern können. Ob es sich bei
den beobachteten Wirkungen um einen Gruppeneffekt der Coxibe handelt, ist derzeit
noch unklar. Sicher ist jedoch, dass die hemmende Wirkung von ASS auf die Plättchenfunktion
durch COX-2-Hemer nicht beeinflusst wird. "Damit ist zu erwarten, dass ASS auch ein
erhöhtes Infarktrisiko bei Patienten unter Coxiben reduziert", vermutete Prof. Dr.
Karsten Schrör aus Düsseldorf.
Telmisartan greift in die Kaskade der Gefäßschädigung ein
Telmisartan greift in die Kaskade der Gefäßschädigung ein
"Wenn man über Protektion der Gefäße spricht, spielt die adäquate Blutdruckeinstellung
eine zentrale Rolle", apellierte Prof. Dr. Jürgen Scholze aus Berlin. Dabei ist der
metabolische Einfluss bei den verschiedenen Antihypertensiva unterschiedlich. Aus
der Gruppe der Sartane scheint der Nutzen von Telmisartan[1] besonders groß zu sein, wie eine Studie von Derosa et al. demonstriert. Im Vergleich
zu Eprosartan kam es in dieser Untersuchung unter Telmisartan zu einer signifikanten
Reduktion des Gesamtcholesterins, des LDL-Cholesterins und der Triglyceride, wobei
sich gleichzeitig das HDL-Cholesterin erhöhte. Dass Telmisartan auch einen positiven
Effekt auf den Glukosestoffwechsel hat, zeigte eine Vergleichsstudie mit Losartan.
Hier bewirkte Telmisartan einen signifikanten Abfall des Nüchternblutzuckers und des
Nüchterninsulins sowie eine Verbesserung der Insulinsensitivität. Der Grund dafür
könnte der positive Effekt der aktivierten PPAR -Rezeptoren (Peroxisome Proliferator-Activated
Receptor- ) sein, "indem über Insulinsignale eine verbesserte Insulinsensitivität
entsteht, verbunden mit besseren Glukose- und Insulinspiegeln", erklärte Scholze.
Damit greift Telmisartan direkt in die Kaskade der Gefäßschädigung ein und vermindert
über diese metabolischen Wirkungen oxidativen Stress sowie eine Inflammation und Vasokonstriktion.
Zudem senkt der Wirkstoff den systolischen und den diastolischen Blutdruck sowie den
Pulsdruck und die Pulswellengeschwindigkeit, womit die Steifigkeit der Gefäße abnimmt.
"Dagegen bewirkt die gleiche Drucksenkung unter Betablockern oder Diuretika keine
Veränderung auf die Gefäßstruktur, ein sehr wichtiger Befund", betonte Scholze.
Identifikation von Hochrisikopatienten über Risikofaktoren
Identifikation von Hochrisikopatienten über Risikofaktoren
Dass kardiovaskuläre Risikofaktoren nur selten isoliert auftreten, zeigte auch Prof.
Dr. Diethelm Tschöpe aus Bad Oeynhausen. "Viel häufiger ist das Cluster unterschiedlicher
Risikofaktoren wie Hypertonie, Dyslipoproteinämie, Insulinresistenz und Adipositas,
die häufig als Metabolisches Syndrom zusammentreffen", betonte er. Es scheint gesichert,
dass die Summe dieser Risikofaktoren aus kardiologischer Sicht gefährlicher ist als
die einzelnen Risikofaktoren an sich. Kontrovers diskutiert wird aber, ob beziehungsweise
ab wann das Metabolische Syndrom zu behandeln ist. "Neu ist, dass nicht mehr der BMI
als Messgröße herangezogen wird, sondern der Bauchumfang", betonte Tschöpe. So empfiehlt
das NECP (National Cholesterol Education Panel) einen Grenzwert von 88 cm Bauchumfang
für Frauen und von 102 cm für Männer. Ab diesen Werten ist eine gezielte Therapie
notwendig. Strenger sieht das die IDF (International Diabetes Federation), die einen
Bauchumfang von 80 cm bei Frauen und 94 cm bei Männern als Grenzwert für die abdominelle
Adipositas sieht. Das Ziel ist, schon frühzeitig Herzinfarkt und Schlaganfall zu verhindern,
indem Patienten identifiziert und konsequent therapiert werden.
Quelle: Satellitensymposium "Rolle von Aspirin und Sartanen in der kardiovaskulären
Protektion" im Rahmen der 72. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie
- Herz und Kreislaufforschung, April 2006 in Mannheim. Veranstalter: Bayer Vital GmbH,
Leverkusen.