psychoneuro 2006; 32(6): 294
DOI: 10.1055/s-2006-948052
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Morbus Parkinson - Rasagilin als neue Therapieoption?

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Publication Date:
10 July 2006 (online)

 
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    Bei der Therapie des Morbus Parkinson ist die Bekämpfung des striatalen Dopaminmangels die wichtigste pharmakologische Strategie. Je nach Erkrankungsphase und vorherrschenden Symptomen kommen eine Monotherapie oder unterschiedliche Medikamentenkombinationen infrage. Seit Juli 2005 steht in Deutschland auch Rasagilin (Azilect®) zur Verfügung.

    Als irreversibler Hemmer der Monoaminooxidase-B (MAO-B) kommt das Präparat als Add-on-Therapie zu L-Dopa plus Dopadecarboxylase-Hemmer (DCI) infrage, sobald End-of-dose-Fluktuationen auftreten. Die Wirkstärke entspricht der einer zusätzlichen COMT-Hemmung mit Entacapon, wie die LARGO-Studie zeigte. Hierzu erhielten 687 Parkinson-Patienten (Hoehn & Yahr-Stadium während der Off-Phase < 5), die trotz optimierter Behandlung mit Levodopa/DCI sowie teilweise weiterer Antiparkinsonmedikamente unter motorischen Fluktuationen litten, über 18 Wochen zusätzlich entweder 1 mg Rasagilin/Tag, 200 mg Entacapon mit jeder Levodopadosis oder Plazebo. Die Verlängerung der On-Zeit und Verkürzung der Off-Zeit war bei beiden Zusatzpräparaten vergleichbar. Sowohl Rasagilin als auch Entacapon verursachten hier eine signifikante Verbesserung gegenüber Plazebo. Darüber hinaus zeigte Rasagilin eine günstige Wirkung auf die nicht dopaminerg vermittelten Symptome posturale Instabilität und Freezing.

    Die vergleichbar angelegte PRESTO-Studie, die 0,5 und 1 mg Rasagilin/Tag gegenüber Plazebo verglich, ergab ebenfalls eine signifikante Verkürzung/Verlängerung der Off- bzw. On-Zeit.

    Prof. Lutz Lachenmeyer, Hamburg, sieht Rasagilin bei der beschriebenen Indikation als wirksame Zusatztherapie an, die noch dazu nebenwirkungsarm, mit weiteren Medikamenten (auch Dopaminagonisten) gut kombinierbar und aufgrund der einmal täglichen Gabe auch einfach handhabbar sei.

    Die TEMPO-Studie untersuchte, ob Rasagilin auch bei Patienten im frühen Stadium (Hoehn & Yahr-Stadium ? 3) als Monotherapeutikum wirksam ist und möglicherweise einen neuroprotektiven Effekt hat. Es handelte sich um eine multizentrische, randomisierte, doppelblinde Parallelgruppenstudie, bei der die Patienten entweder 1 oder 2 mg Rasagilin/Tag über 52 Wochen erhielten oder zunächst Plazebo über 26 Wochen, gefolgt von 2 mg Rasagilin/Tag über 26 Wochen. Diese verzögerte Startphase sollte eine Trennung zwischen der sofortigen symptomatischen Wirkung und einer etwaigen Verzögerung der Krankheitsprogression ermöglichen.

    "Die Ergebnisse belegen, dass Rasagilin gut vertragen wird, im Frühstadium gegen die Parkinsonsymptome wirkt und vermutlich krankheitsmodifizierende Eigenschaften hat", folgerten die Studienautoren, da die Auswirkungen von Rasagilin auf den Verlauf der Behinderungen nicht ganz mit seiner symptomatischen Wirkung erklärt werden könnten. Die offene Verlängerung der Studie über maximal 6,5 Jahre, bei der die Patienten 1 mg Rasagilin sowie falls nötig weitere Antiparkinsonmedikamente erhielten, zeigte, dass auch nach zwei Jahren bei 46% der Patienten die Parkinsonsymptome allein mit einer Rasagilin-Monotherapie beherrschbar waren, nach drei Jahren waren es noch 32%. Die Vorteile der frühen Rasagilin-Therapie blieben tatsächlich im Langzeitverlauf erhalten, das heißt, je früher mit der Rasagilin-Behandlung begonnen wird, desto geringer sind die Funktionsverluste der Patienten. Diese Ergebnisse sollen nun in der umfassenderen ADAGIO-Studie mit etwa 1100 Patienten repliziert werden.

    Anne Bleick

    Satellitensymposium "Azilect® - eine Erweiterung des therapeutischen Konzepts?" im Rahmen der 122. Wanderversammlung am 10. Juni 2006 in Baden-Baden, veranstaltet von Lundbeck/Teva