Notfall & Hausarztmedizin 2006; 32(6): 285
DOI: 10.1055/s-2006-948062
Blickpunkt

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Raucherentwöhnung - Auch Cowboy der Zigarettenwerbung starb an Lungenkrebs

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Publikationsdatum:
14. Juli 2006 (online)

 
Inhaltsübersicht

An den Folgen des Rauchens sterben in Deutschland jeden Tag 383 Menschen. "Das ist so, als würde täglich ein vollbesetzter Jumbojet abstürzen", verglich Prof. Hans-Ulrich Klör aus Gießen während eines Workshops im Rahmen des diesjährigen gesundheitspolitischen Jahresauftaktes der Kardiologie in Pots-dam. Zwischen 1992 und 2003 stieg der Anteil der Raucher unter den 15- bis 19-Jährigen von etwa 18 auf fast 26% (Abb. [1]). Oft beginnt die "Raucherkarriere" aber bereits mit 11 bis 13 Jahren. Trotz dieser beachtlichen Zahlen gibt es in Deutschland - im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern wie Irland, Italien und Schweden - noch keinen umfassenden Nichtraucherschutz an öffentlichen Orten. Wie Diplomökonom Andrej Rasch, Bielefeld, ausführte, ist Deutschland sogar Schlusslicht in Europa, noch hinter klassischen Raucherländern wie Griechenland oder osteuropäischen Ländern. Über die Frage, warum in Deutschland so wenig gegen das Rauchen unternommen wird, könne letztlich aber nur spekuliert werden. Vordergründig könnten ökonomische Gründe eine Rolle spielen, denn die Einnahmen aus der Tabaksteuer beliefen sich 2004 auf 13,7 Mrd. Euro. Demgegenüber stehen aber direkte Kosten von jährlich rund 17-20 Mrd. Euro zur Behandlung gesundheitlicher Folgen des Rauchens wie Lungenkrebs, Schlaganfall und Herzinfarkt. Unter den derzeit herrschenden gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen könne das Problem "Rauchen" nicht in den Griff bekommen werden, so Klör, der auch die Aktion "Ärzte-Initiative Raucherhilfe e.V." (AIR) gründete.

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Eigenverantwortung des Patienten stärken

Zudem sind Raucher in Deutschland offensichtlich auch nicht ausreichend zum Aufhören motiviert, denn der Anteil der Raucher mit mindestens einem ernsthaften Aufhörversuch liegt mit rund 43% deutlich unter dem EU-Durchschnitt von 55% und weit entfernt von Skandinavien und den Niederlanden mit 70 beziehungsweise 80%.

Aufhörwillige Raucher in Frankreich können seit 1999 mithilfe eines gezielten Programms Nikotinersatzprodukte rezeptfrei erwerben, für Einkommensschwache gibt es eine Kostenerstattung. Auch in Großbritannien sind Nikotinersatzprodukte seit mehreren Jahren erstattungsfähig und viele der Präparate von der Apothekenpflicht entbunden. In Deutschland dagegen werden Maßnahmen zur Raucherentwöhnung beziehungsweise die Beratung der Raucherentwöhnung in der Regel von der GKV nicht erstattet oder vergütet. Entsprechend gering ist derzeit auch das Interesse der Ärzte, entwöhnungswillige Raucher zu motivieren und langfristig zu betreuen. Wobei sich die Arztpraxis doch sehr gut für eine Raucherberatung eignet: Mehr als drei Viertel aller Raucher suchen jährlich ihren Hausarzt auf.

Dennoch haben einige Krankenkassen inzwischen die Bedeutung der Raucherentwöhnung erkannt. Beispielsweise bietet die BARMER Ersatzkasse (BEK) ihren Versicherten unter anderem kognitiv-verhaltenstherapeutische Gruppenberatungen an. "Das Angebot wird jedoch nicht in dem Maße genutzt, wie wir es uns wünschen", erklärte Dr. Rüdiger Meierjürgen, BEK Wuppertal. Die Aufnahme einer Raucherentwöhnung in den ärztlichen Leistungskatalog, aber auch eine Einbindung der Ärzte in Nichtraucherkonzepte könnte daher ein Lösungsansatz sein. Der Hausarzt sollte seine Patienten zumindest kurz auf das Thema Rauchen ansprechen und zum Aufhören motivieren. Die Stärkung der Eigenverantwortung des Rauchers ist dabei der Schlüssel zum Erfolg. Gute Ergebnisse wurden beispielsweise in den USA mit der Methode der "5 As" erzielt. Der Arzt fragt aktiv beim Patienten nach (Ask), er berät (Advice), er erfasst die Ausstiegsmotivation (Assess) und er bietet Hilfe an (Assist). Anschließend wird der Patient kontinuierlich in der Praxis betreut (Arrange).

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Nur konzertiertes Vorgehen steigert Erfolgsaussichten

Spontan und ohne Hilfe gelingt es höchstens etwa 5-10% der einsichtigen Raucher aufzuhören. Durch eine längerfristige Intervention, einschließlich medikamentöser Unterstützung und regelmäßiger Praxisbesuche, lassen sich jedoch Abstinenzraten von 20-36% über sechs Monate erzielen. Dazu müssen die Rahmenbedingungen stimmen, wofür auch die Politik gefordert ist: Verbot von Tabakwerbung und Sponsoring, Schaffung einer rauchfreien Umwelt, Regulierung von Abgabe und Vertrieb von Tabakprodukten, Prävention in den Schulen und über Medien sowie Beratungs- und Behandlungsangebote sind Forderungen, die schon seit Langem vom Deutschen Krebsforschungszentrum erhoben werden. Übrigens, der legendäre Cowboy aus der Zigarettenwerbung hieß Wayne McLaren und starb wenig werbewirksam an Lungenkrebs.

Quelle: Presseinformation der Pfizer Pharma GmbH

 
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