Notfall & Hausarztmedizin 2006; 32(6): 292
DOI: 10.1055/s-2006-948070
Blickpunkt

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Selten, aber häufiger als vermutet - Pulmonal-arterielle Pneumonie - besser erkennen und frühzeitig behandeln

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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
14. Juli 2006 (online)

 
Inhaltsübersicht

Die pulmonal-arterielle Pneumonie (PAH) ist in letzter Zeit verstärkt in den Mittelpunkt des Interesses gerückt: Noch vor 20 Jahren handelte es sich dabei um ein wenig bekanntes, praktisch nicht behandelbares Syndrom mit denkbar schlechter Prognose. Dank intensiver Forschung ist es heute möglich, einzelne Krankheitsbilder klarer abzugrenzen und den Betroffenen mit einer differenzierten Therapie zu einem besseren und längerfristigen Überleben zu verhelfen. Ein internationales Symposium der Firma Actelion, das vom 24. bis 26. Februar 2006 in Barcelona stattfand, befasste sich mit dem aktuellen Kenntnisstand auf diesem Gebiet.

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Die "wahre" Prävalenz der PAH

Der schottische Pulmologe Andrew J. Peacock, Glasgow, widmete sich in seinem Vortrag der Frage nach der Häufigkeit der pulmonal-arteriellen Hypertonie: Ist sie so selten, wie bislang vermutet wurde, oder wird sie nur zu selten diagnostiziert? Er stellte die Zahlen verschiedener nationaler Register vor, die bei unterschiedlichen Populationen (z.B. in der Allgemeinbevölkerung, bei Angehörigen von Patienten mit PAH und bei Patienten mit bestimmten Grundkrankheiten) erhoben wurden. Die Ergebnisse bestätigten zwar die geringe Inzidenz der idiopathischen pulmonal-artetiellen Hypertonie (IPAH) von etwa 1-2 Fällen pro 1 Million Einwohner und Jahr (Prävalenz 8-10/1 Mio). Sehr viel höhere Zahlen fand man jedoch in den Gruppen, in denen sich die PAH im Rahmen einer anderen Erkrankung manifestierte (sog. assoziierte oder APAH bei angeborenen Herzfehlern, Kollagenosen, HIV-Infektion, Pfortaderhochdruck). Die "wahre" Prävalenz der PAH schätzt Peacock demzufolge auf 15-70 pro Million Einwohner. So ist die Erkrankung tatsächlich selten, aber insgesamt doch häufiger als vermutet. Angesichts der hohen Behandlungskosten ist es die richtige Indikationsstellung nach Peacocks Auffassung unerlässlich; daher empfahl er, die Patienten einem Zentrum mit ausreichender Expertise zuzuweisen.

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Im Frühstadium fehlen Symptome völlig

Die Diagnose der PAH ist nicht leicht zu stellen. Im Frühstadium fehlen Symptome völlig, später kommt es zu eher unspezifischen Symptomen wie Atemnot bei starker Belastung, Müdigkeit und Herzklopfen. Viele Patienten werden daher längere Zeit unter einer falschen Diagnose behandelt. Eine Grundvoraussetzung, um die Erkrankung früher zu erkennen, ist nach Adam Torbicki aus Warschau ein geschärftes Bewusstsein für die PAH unter den Allgemeinärzten. Die eigentliche Diagnose bleibt den Spezialisten vorbehalten. Laborbefunde, EKG und Röntgen liefern hier keine spezifischen Befunde. Allenfalls die Doppler-Echokardiographie gibt mit einem errechneten systolischen Pulmonalarteriendruck > 36 - 50 mmHg erste Anhaltspunkte, die durch eine Rechtsherzkatheterisierung als Goldstandard bestätigt werden müssen.

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Derzeit verfügbare Therapieoptionen

Die derzeit verfügbaren Therapieoptionen bei der IPAH und den assoziiert auftretenden Formen fasste Nazzareno Galiè von der Universität Bologna zusammen. Neben Basismaßnahmen wie Gabe von Diuretika und Digoxin, oraler Antikoagulation sowie gegebenenfalls Sauerstoffzufuhr sollte ein Vasoreaktivitäts-Test erfolgen: Nur bei den Respondern (etwa 10% der Patienten) ist eine Therapie mit Calciumantagonisten indiziert. In den übrigen Fällen werden für Patienten mit einer Herzinsuffizienz der NYHA-Klasse III in den Leitlinien der European Society of Cardiology vier Behandlungsformen empfohlen:

  1. der duale Endothelin-Rezeptorantagonist Bosentan

  2. Prostaglandin-Analoga wie Iloprost

  3. die kontinuierliche Prostacyclin-Infusion (Epoprostenol) sowie

  4. Phosphodiesterase-5-Inhibitoren wie Sildenafil.

Bei unzureichendem Ansprechen ist auch eine Kombination der einzelnen Substanzen möglich.

Über die umfangreichen Erfahrungen mit Bosentan[1], das seit dem Jahr 2002 für die Behandlung der pulmonal-arteriellen Hypertonie zugelassen ist, berichtete Marc Humbert aus dem französichen Clamart: Der duale Endothelin-Rezeptorantagonist wurde weltweit bislang bei mehr als 26000 Patienten eingesetzt. Randomisierte klinische Studien haben einen günstigen Einfluss der oral applizierbaren Substanz auf die Langzeitprognose, die Belastbarkeit und die Lebensqualität der Patienten gezeigt. Bosentan ist das einzige Medikament, das die Bindung von Endothelin an seine beiden Rezeptoren (ETA und ETB) antagonisiert und somit entscheidend in die Pathogenese der Erkrankung eingreift.

Dr. Ute Mader, Stuttgart

Quelle: Veranstaltung: 5th Scientific Symposium on ERA and Pulmonary Arterial Hypertension, 24.-26. Februar 2006 in Barcelona. Veranstalter: Actelion Pharmaceuticals Ltd, Allschwil, Schweiz.

06 Tracleer®, Actelion Pharmaceuticals Deutschland, Freiburg

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