Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2006; 41(9): 542-548
DOI: 10.1055/s-2006-951610
Fachwissen: Anästhesie

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Rückenmarknahe Regionalanästhesieverfahren bei Kindern - Kaudalblock und Spinalanästhesie

Alexander Reich
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Publication Date:
14 September 2006 (online)

Zusammenfassung

Der Kaudalblock ist die häufigste Form der zentralen Nervenblockade, die im Kindesalter in Regionalanästhesie durchgeführt wird. Aufgrund seines günstigen Risiko-Nutzen-Profils hat er zu Recht einen festen Platz in der perioperativen Schmerztherapie bei Eingriffen unterhalb des Nabels. Für ehemalige Frühgeborene hat die Spinalanästhesie besondere Vorteile. Sie hilft, die Allgemeinanästhesie zu umgehen, die bei unreifen Säuglingen vermehrt zu respiratorischen Störungen führt.

Summary

Caudal anesthesia is a safe, simple and very effective method to provide excellent perioperative analgesia. It is used routineously in pediatric anesthesia and can be applied to nearly all children with surgery below the umbilicus. In contrast, spinal anesthesia is a very special technique for former preterm infants below the 50th postconceptive week who are prone to develop postoperative apnea. It has been suggested that some of the problems associated with general anesthesia in these patients may be avoided by the use of spinal anesthesia.

Kernaussagen

  • Die am weitesten verbreitete Technik der Epiduralanästhesie bei Kindern ist der Kaudalblock. Er ist bei richtiger Durchführung weitgehend frei von Komplikationen. Limitiert ist sein Einsatz lediglich durch die begrenzte Wirkdauer der verwendeten Pharmaka (Lokalanästhetika vom Amidtyp, gemischt mit Adjuvantien). Eingriffe, die länger als zwei Stunden dauern, sind daher eine relative Kontraindikation für den Kaudalblock.

  • Das gebräuchlichste Lokalanästhetikum in der Kinderanästhesie ist heute Ropivacain in 0,2 %iger Lösung (geringe Toxizität, lange Wirkdauer, daher auch gute postoperative Analgesie). Das Injektionsvolumen wird nach dem Schema von Armitage errechnet. Eine Gesamtdosis von mehr als 20-25ml ist zu vermeiden, da sich sonst nicht sicher vorhersagen lässt, wie sich das Lokalanästhetikum ausbreitet.

  • Da der Kaudalblock ein rückenmarknahes Verfahren ist, muss im Aufklärungsgespräch die mögliche Komplikation „Querschnittlähmung” erwähnt werden. Sie ist in der Praxis bislang allerdings nicht beschrieben worden.

  • Bei der Durchführung eines Kaudalblocks ist folgende anatomische Besonderheit von Neugeborenen zu berücksichtigen: Das Rückenmark reicht bis in Höhe des 3. Lendenwirbels, der Durasack kann bis zum 4. Sakralwirbel ragen. Die Punktionsnadel darf daher nicht mehr als wenige Millimeter in den Epiduralraum vorgeschoben werden.

  • Die korrekte Lage der Punktionsnadel beim Kaudalblock wird wie bei allen periduralen Verfahren durch Injektion einer Testdosis überprüft. Dabei ist nicht geklärt, ob sich die Zugabe von Adrenalin zur Testdosis erübrigt, wenn man weniger toxische Substanzen als Bupivacain zur Anästhesie verwendet.

  • Die Spinalanästhesie ist vor allem bei ehemaligen Frühgeborenen indiziert, die sich einem kurzdauernden Eingriff an der unteren Extremität unterziehen müssen (typischerweise die Leistenhernie). Hauptvorteil gegenüber der Vollnarkose ist, dass man anästhesieinduzierte Apnoeanfällen bei dieser Patientengruppe vermeidet. Limitierender Faktor ist auch hier die Wirkdauer der verwendeten Pharmaka: Eingriffe, die länger als eine Stunde dauern, sind eine relative Kontraindikation.

  • Als Lokalanästhetikum wird für die Spinalanästhesie Bupivacain benutzt. Die Dosis beträgt in der Gruppe der ehemaligen Frühgeborenen (unter 2.500g) 1mg/kg (entsprechend 0,2 ml/kg Bupivacain 0,5 %). Mit steigendem Körpergewicht muss die Dosis reduziert werden. Der Zusatz von Adrenalin zu Bupivacain (10-50μg/ml bei Verwendung von hyperbarem Bupicvacain oder 5μg/ml bei Verwendung von isobarem Bupivacain) verlängert die Wirkdauer signifikant.

  • Bei bis zu 25 % der Spinalpunktionen kommt es zum Blutreflux (meist Zeichen, dass man eine epidurale Vene perforiert hat). Das dann notwendige erneute Punktieren („eine Etage tiefer”) ist bei Säuglingen unproblematisch, da mehrfache Punktionen bei Säuglingen im Unterschied zu Erwachsenen praktisch nie zu postpunktionellen Kopfschmerzen führen.

  • Der Erfolg der Blockade ist schon nach wenigen Sekunden bis zu einer Minute an der motorischen Lähmung der unteren Extremität zu erkennen. Um die kurze Wirkdauer des Lokalanästhetikums optimal auszunutzen, sollten zwischen Punktion und Hautschnitt weniger als 15-20 Minuten liegen. Die Punktion beginnt also erst, wenn das OP-Team vorbereitet ist.

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