Laryngorhinootologie 2006; 85(10): 709-711
DOI: 10.1055/s-2006-954411
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Hörsturz - Kann Hitzeschockprotein 70 als prognostischer Marker herangezogen werden?

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Publication Date:
09 October 2006 (online)

 

Dem Hörsturz liegen plötzliche Mikrozirkulationsstörungen in der Kochlea zugrunde. An der Pathogenese sind vermutlich virale Infektionen der oberen Atemwege beteiligt. Park et al. untersuchten, inwieweit mithilfe des Serummarkers Hitzeschockprotein 70 (HSP70) der Verlauf der Erkrankung vorhergesagt werden kann (Laryngoscope 2006; 116: 121-125).

Die Autoren bestimmten HSP70 und seinen Antikörper im Serum von Patienten mit Hörsturz und gesunden Kontrollpersonen. An der Untersuchung nahmen 67 Patienten teil. Die 35 Männer und 32 Frauen waren im Durchschnitt 48 Jahre alt. In allen Fällen war die Definition des akuten Hörsturzes erfüllt. 58 Patienten berichteten über einen mit dem Hörsturz aufgetretenen Tinnitus, 19 hatten einen Drehschwindel. Beide Ohren waren in nahezu gleicher Häufigkeit betroffen. Alle Patienten wurden mit oralen Kortikosteroiden, Dextraninfusionen und Vasodilatatoren behandelt. In 28 Fällen konnte eine komplette Remission erreicht werden. 9 Patienten hatten Restsymptome, bei weiteren 9 wurde keine Besserung erreicht.

Die Ergebnisse sprechen dafür, dass HSP70 während des Hörsturzes durch beschädigte Innenohrzellen ausgeschüttet wird. Zwischen Audiogrammbefund und Serumspiegeln bestand keine Korrelation, wohl aber zwischen HSP70 und Prognose. Park et al. vermuten deshalb, dass möglicherweise eher eine virale Infektion des Hörnervs als eine Entzündung der Haarzellen pathogenetisch bedeutsam ist. Dies erkläre, warum auch bei schwerem klinischem Befund nicht zwingend ein hoher HSP70-Wert gefunden werde. HSP70 eigne sich aber zuverlässig für eine Aussage über den Verlauf und mögliche Restschäden.

Die Durchschnittswerte für HSP70 im Serum waren bei den Patienten signifikant höher als bei den Kontrollen (59,23 ng/ml vs. 4,65 ng/ml). Bei allen Patienten wurden Antikörper gegen das Eiweiß nachgewiesen. Im Gegensatz zu dieser ausgeprägten Immunreaktion wiesen die Kontrollen nur gelegentlich und in geringer Dichte Antikörper auf. HSP70 im Serum korrelierte invers mit der Prognose: Patienten mit niedrigen Werten erholten sich besser als Patienten mit hohem HSP70. Die Durchschnittswerte lagen in der Gruppe mit kompletter Remission bei 35,49 ng/ml. Patienten mit Restsymptomen und ohne Besserung hatten durchschnittlich 63,52 respektive 87,21 ng/ml HSP70 im Blut. Das Patientenalter, Begleitsymptome oder das Intervall zwischen Diagnose und Therapie beeinflussten diese Ergebnisse nicht.

Infusionen sind ein wichtiger Bestandteil der Therapie bei einem Hörsturz (Bild: Archiv).

Dr. Susanne Krome, 's-Hertogenbosch

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