psychoneuro 2006; 32(10): 466
DOI: 10.1055/s-2006-956553
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Schlaganfall-Sekundärprävention - Bei hohem Risiko Kombination im Vorteil

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Publication Date:
09 November 2006 (online)

 
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Patienten, die einen Schlaganfall oder eine transitorische ischämische Attacke (TIA) durchgemacht haben, droht ein hohes Rezidivrisiko. Beträgt es pro Jahr 4% und mehr, ist sekundärpräventiv die Kombination aus 25 mg ASS und 200 mg retardiertem Dipyridamol (Aggrenox®) indiziert. Sie ist der ASS-Monotherapie signifikant überlegen, wie die ESPS-2-Studie (European Stroke Prevention Study) zeigte. Dank der Kombination bildete sich das Rezidivrisiko im Gesamtkollektiv um 23% zurück. Je höher das Risiko, das sich anhand des Essen-Risiko-Scores linear berechnen lässt, desto stärker wirksam ist die Kombination.

Die deutliche Überlegenheit der Kombination wurde jetzt durch die offene, randomisierte Multicenterstudie ESPRIT (European/Australasian Stroke Prevention in Reversible Ischemia Trial) bestätigt, freute sich Prof. H.-C. Diener, Essen. Die 2763 Patienten hatten eine TIA oder einen Schlaganfall hinter sich und erhielten zweimal täglich die Kombination oder ASS allein. Ausgewertet wurden die Daten von 1363 Patienten der Kombinationsgruppe und von 376 der Monotherapiegruppe. Bei einer mittleren Beobachtungsdauer von 3,5 Jahren war das relative Risiko, den primären Endpunkt zu erreichen, unter der Kombination um 20% reduziert. Der kombinierte Endpunkt umfasste vaskulären Tod, nicht-tödlichen Apoplex, nicht-tödlichen Myokardinfarkt oder massive Blutungskomplikationen.

Leitlinien empfehlen Kombinationstherapie

Der überlegene präventive Effekt von ASS plus Dipyridamol manifestierte sich nach rund zwei Jahren. Überraschend war, dass unter der Kombination weniger Blutungen auftraten als unter ASS-Monotherapie. Angesichts der überzeugenden Datenlage empfehlen die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) seit gut einem Jahr, zur Sekundärprävention des ischämischen Schlaganfalls bei einem Rezidivrisiko von 4% und mehr pro Jahr die Kombination zweimal täglich als Standardtherapie zu geben.

Um dem apoplektischen Insult vorzubeugen, müssen Patienten mit Vorhofflimmern unbedingt antikoaguliert werden. Dabei ist mit Warfarin eine Risikosenkung um bis zu 67% zu erzielen. Eine Alternative zur Antikoagulation wurde bislang nicht gefunden, wie Diener bedauerte. Hat eine Karotisstenose eine TIA oder einen Apoplex ausgelöst, ist die Endarteriektomie nur sinnvoll, wenn sie innerhalb von zwei Wochen vorgenommen wird.

Karl B. Filip, Landsberg

Pressegespräch "Ein Jahr neue Leitlinien von DGN/DSG" anlässlich der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, Mannheim, 21. September 2006; Veranstalter: Boehringer Ingelheim