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DOI: 10.1055/s-2006-957191
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Diagnostische und therapeutische Eingriffe bei Patienten mit antithrombotischer Medikation: Was ist zu beachten? - Erwiderung
Publication History
Publication Date:
29 November 2006 (online)

Die Konsequenzen einer eingriffsbedingten Unterbrechung der plättchenfunktionshemmenden Medikation sind durch Berichte über katastrophale Komplikationen in den ersten Monaten nach frisch gelegten medikamentenfreisetzenden Stents (DES) verstärkt in die Diskussion gekommen [1] und bedürfen auch für andere Indikationen einer kritischen Evaluation. Andererseits ist die Fortführung der Thrombozytenfunktionshemmung mit einem eingriffsabhängig unterschiedlich erhöhtem Blutungsrisiko und im Gefolge davon mit einem erhöhten Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko belastet [2] [3].
Im Gegensatz zur weit geübten Praxis bei elektiven Eingriffen eine thrombozytenfunktionshemmende Medikation zu pausieren, stimmen wir mit Klauss und Spannagl überein in der Auffassung, dass überbrückende Maßnahmen bei Patienten mit der Notwendigkeit zur Unterbrechung einer thrombozytenfunktionshemmenden Medikation sinnvoll und notwendig sein können.
Antikoagulanzien sind grundsätzlich zur Vermeidung artherothrombotischer Komplikationen wirksam [4] [5] [6], besitzen allerdings ein ungünstigeres Nutzen-Risiko-Profil als verfügbare Plättchenfunktionshemmer. Die von den Autoren angegebene Arbeit zu klinischen Endpunkten innerhalb von 30 Tagen nach Stentimplantation [7] wird unseres Erachtens fehlgedeutet, wenn daraus die gänzliche, insbesondere längerfrisitge Unwirksamkeit einer Antikoagulantienbehandlung im arteriellen Hochstromgebiet abgeleitet wird. Die grundsätzliche Wirksamkeit der Antikoagulation auch bei Stent-Patienten wurde vielmehr in früheren Arbeiten [6] und in Einzelfallberichten über den erfolgreichen Einsatz von Antikoagulantien nach Koronarstentimplantation bei Patienten mit Clopidogrel- und/oder Aspirin-Resistenz [8] belegt. Antikoagulantien sind somit zwar nicht die primär zu empfehlenden Substanzen nach Stentimplantation, jedoch ist von deren grundsätzlicher Wirksamkeit insbesondere außerhalb der Hochrisikoperiode nach Stentimplantation auszugehen.
Allerdings beziehen sich unsere Ausführungen (10) keinesfalls vorrangig oder gar ausschließlich auf das zweifelsohne sehr wichtige Gebiet der Stentpatienten, sondern wir fordern generell beim Bridging eine differenzierte Abwägung des individuellen Nutzen-Risiko-Verhältnisses, bevor eine Entscheidung zur vollständigen oder teilweisen Unterbrechung der antithrombotischen Therapie getroffen wird.
Das Fehlen evidenzbasierter Empfehlungen entbindet den klinisch tätigen Arzt nicht davon, auch für die Situation einer indizierten Plättchenfunktionshemmung Alternativen zwischen Fortführung und Pausieren der entsprechenden Medikation zur Minimierung des eingriffsspezifischen Blutungsrisikos zu erwägen. Wir sind dem berechtigten Wunsch des Lesers nachgekommen und haben unter Verweis auf die fehlende Datenlage eine im klinischen Alltag praktisch umsetzbare Empfehlung zum Bridging der lang wirksamen thrombozytenfunktionshemmenden Medikation mit niedermoleku-larem Heparin in Hochrisikoprophylaxedosis abgegeben, wie sie von uns und anderen „subjektiv erfolgreich” bei elektiven Eingriffen eingesetzt und zum Teil empfohlen [9] wird. Heparine besitzen im Vergleich zu Acetylsalizylsäure und Thienopyridinen eine für das Bridging geeignete Pharmakokinetik, zudem besteht damit - im Gegensatz zu ebenso wenig belegten denkbaren Alternativen - perioperativ/periinterventionell ausreichend Erfahrung.
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Prof. Dr. med. Hanno Riess
für die Autoren: MT Rosenfeldt, W Haverkamp, R Trappe, P Kujath, H Riess
Charité - Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow Klinikum, Medizinische Klinik
mit Schwerpunkt Hämatologie und Onkologie
Augustenburger Platz 1
13353 Berlin
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