Endo-Praxis 2007; 2(4): 5
DOI: 10.1055/s-2007-1001015
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Organisation in der Endoskopie - Strategien der Ablaufverbesserung

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Publication Date:
30 November 2007 (online)

Die Organisation und der Ablauf in einer Endoskopieabteilung, insbesondere, wenn sie interdisziplinär angelegt ist, gleicht in der momentanen Situation des Gesundheitssystems einer Quadratur des Kreises: immer mehr und immer komplexere Untersuchungen in kürzerer Zeit mit immer weniger Personal zu immer geringeren Kosten und das selbstverständlich mit immer höherer Qualität. Von weiteren Charakteristika wie Hygienerichtlinien, permanenter Aus- und Weiterbildung des pflegerischen und ärztlichen Personals oder auch dem zeitintensiven Heranführen endoskopisch unerfahrener Personen gar nicht zu reden. Bei negativer Interpretation der Situation bleibt lediglich der übliche Blick auf das sich unverändert immer schneller drehende Rad mit den darin gefangenen Personen übrig.

Welche Möglichkeiten gibt es aber aus einer positiven Betrachtungsweise heraus für eine solche kritische Situation?

Da in der aktuellen Situation Personalgrenzen sicher nicht nach oben verschoben werden, müssen bereits vorhandene Ressourcen in Organisation, Zeit und Material bei bestehender Personaldecke analysiert und angepasst werden.

Dazu bedarf es in den Schlüsselbereichen einer sorgfältigen Datenerhebung zur Effizienz und Effektivität, die unter reellen Bedingungen vor Ort am besten die Endoskopiezeit als Zielvariable definiert. Hinzu kommt neben der gesamt verfügbaren Zeit die für spezifische Untersucher oder Kliniken typische Untersuchungszeit sowie das Zeitintervall zwischen den Untersuchungen. Auch sind die untersuchten Rahmenbedingungen an die Vor- und Nachlaufzeiten der Patienten anzupassen. Ein solches Audit, am besten durch eine Arbeitsgruppe der beteiligten Kliniken unter Leitung der hauptverantwortlichen Klinik ist geeignet, ohne Friktionen die notwendigen Daten zu erarbeiten.

Analysen aus den letzten Jahren belegen, dass bei solchen Untersuchungen meist nur 60-80 % der gegebenen Zeit effektiv genutzt werden. Mehr als 30 % der Untersuchungen weisen überproportionale Verzögerungen auf, am häufigsten durch mangelnde Untersucherverfügbarkeit verursacht. Die Aufklärung und klinische Untersuchung der Patienten direkt vor der Untersuchung erklärt die Verzögerungen nur unzureichend.

Veränderungen der gesamten Situation sind pragmatisch zu beschreiben und umzusetzen. Definition von Ärzten oder Kliniken mit hoher Untersuchungsfrequenz, die Zuordnung von bisher ungenutzten Zeitbereichen und eine frühzeitige Kommunikation organisatorischer Spezifika bzw. Veränderungen sind hier hervorragend geeignet, schnelle Verbesserungen im Untersuchungsalltag zu generieren.

Sie berücksichtigen neben einfachen hochfrequenten Untersuchungen auch schwierige interventionelle zeitaufwendige Techniken und die Etablierung neuer endoskopischer Methoden. Personalkosten sind bei diesen Betrachtungen typischerweise ohne Einfluss.

Basierend auf solchen Analysen sind Endoskopieabteilungen sicher in der Lage, 20 % und mehr an Effizienz zu erreichen. Eine Reduktion der Zeitverzögerung einer Untersuchung (z.B Koloskopie) von 5 Minuten resultiert dann bei einer Untersucherfrequenz von 12/Tag bereits in einer Stunde Zeitgewinn für Personal, Raum etc. !

Häufig gelingt eine Anpassung erst nach einer teilweise auch schmerzhaften Umorientierung wie disziplinierter Untersucherverfügbarkeit, rigides Einhalten von Untersuchungszeitbereichen, Veränderung des Patiententransports, adäquate Aufwachkapazität für Patienten, Abstimmung zwischen ambulanten und stationären Untersuchungsbedingungen etc. Auch die Art und Weise einer adäquaten Sedierung (Propofol als Mittel der Wahl) ist für eine schnelle und effiziente Untersuchungsfrequenz zu diskutieren. Ebenso sind alte Strukturmechanismen von Einzelkliniken auf den Prüfstand zu stellen und typische Anpassungsprobleme der in einer interdisziplinären Endoskopieabteilung tätigen konservativen und operativen Untersuchergruppen.

Die Beurteilung der dabei definierten und angepassten Charakteristika ist sinnvoller Weise in regelmässigen Abständen zu kontrollieren. Dabei sind elektronische Tools wie ein klinikweit etabliertes Anmeldewesen und Terminkalender ebenso sinnvoll wie Projekt- und Organisationssoftware. Bei aller Komplexität ist aber immer auch integral auf die pragmatische Anwendbarkeit zu achten, da eine verbesserte Organisation keinen Selbstzweck, sondern konkrete Verbesserungen verfolgt.

In der Zukunft werden nur die Endoskopieabteilungen erfolgreich und effizient arbeiten, die die Qualität des organisatorischen Ablaufs analog der Qualität der endoskopischen Untersuchungen gestalten und permanent anpassen können.

Prof. Dr. med. S. Rossol

M.Sc. F.E.B.G.

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