Diabetologie und Stoffwechsel 2007; 2(1): 31-32
DOI: 10.1055/s-2007-960537
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Würdigung deutscher Diabetesforscher 2006 / 2007

Appreciation of German Diabetes Researchers 2006 / 2007D. Müller-Wieland1
  • 1Asklepios Klinik St. Georg, Abteilung für Innere Medizin, Hamburg
Further Information

Publication History

Publication Date:
12 February 2007 (online)

Zwei Highlights für die molekulare Diabetesforschung Deutscher Wissenschaftler waren ohne Frage die Verleihung des Outstanding Scientific Research Award der amerikanischen Diabetesgesellschaft (ADA) auf der Jahrestagung 2006 an Prof. Dr. med. Markus Stoffel sowie die Verleihung des Leibniz-Preises der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) an Herrn Prof. Dr. med. Jens Claus Brünning im vergangen Dezember.

Prof. Markus Stoffel wurde am 13.3.1962 in Köln geboren und studierte Medizin in Cambridge und Bonn. Nach einer klinischen Weiterbildungszeit von 2 Jahren am Universitätskrankenhaus Eppendorf in der medizinischen Kernklinik und Poliklinik (Direktor Prof. Dr. A. Greten) in Hamburg ging er für drei Jahre als Postdoc und dann als Assistant Professor in das Labor von Prof. G. I. Bell am Howard Hughes Medical Institut der Universität von Chicago. 1995 ging er an die Rockefeller Universität als Leiter des Labors für Stoffwechselerkrankungen, wo er nach Ablehnung von Rufen an die Universität Düsseldorf und Münster, eine volle Professur bzw. Lehrstuhl annahm. Seit dem 15.7.2006 ist Markus Stoffel Professor und Leiter des Instituts für Molekulare Systembiologie an der ETH Zürich, Schweiz. Markus Stoffel hat bereits zahlreiche internationale Auszeichnungen erhalten, wie z. B. den Pew Scholar Award Biomedical Sciences (1996) den Career Development Award der amerikanischen Diabetesgesellschaft 1997, Ernst Klenk Award 2002 und den Dorothy Hodgkin Award der britischen Diabetesgesellschaft 2005; 2006 wurde er zum Mitglied der deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina gewählt.

Der Outstanding Scientific Research Award, der ihm nun in diesem Jahr von der amerikanischen Diabetesgesellschaft verliehen wurde, ist die höchste wissenschaftliche Auszeichnung für jüngere aktive Wissenschaftler der amerikanischen Diabetesgesellschaft. Er wird international vergeben und Markus Stoffel steht damit in einer Reihe von zahlreichen international anerkannten Diabetesforschern.

Die frühen Forschungsarbeiten von Markus Stoffel fokussierten sich auf die Struktur und Funktionsbeziehung der Glukosetransporte sowie auf die molekulare Genetik des Maturity Onset Diabetes of the Young (MODY)-Diabetes. Hier hat er bahnbrechende Arbeiten bei der Identifizierung neuer Glukosetransporter und ihre Veränderung und ihre Mechanismen der Regulation sowie Veränderungen bei verschiedenen Formen des Diabetes mellitus geleistet. Mit der Identifizierung neuer MODY-Gene eröffnete er Wege in unserem molekularen Verständnis und damit für therapeutische Konsequenzen von jungen Patienten mit nicht Insulinabhängigen Diabetes mellitus. Zudem hat sich hieraus beispielhaft ein Konzept entwickelt, dass eine sinnvolle molekulare Diagnostik dazu beiträgt, unterschiedliche klinische Verläufe und damit auch therapeutische Konsequenzen besser zu differenzieren. Zudem legte er damit den Weg, dass Gene, die für Transkriptionsfaktoren kodieren und ein neuer Anhaltspunkt für die komplexen Zusammenhänge zwischen Glukose und Fettstoffwechsel sind. Transkriptionsfaktoren regulieren das genetische Aktivitätsprogramm einer Zelle. Es zeigen sich Parallelen zwischen Transkriptionsfaktoren und Programmen der Bauchspeicheldrüse bzw. dem endokrinen Pankreas und der Leber und damit auch zwischen Insulinsekretion und Insulinresistenz. In Zürich versuchen sie nun mit innovativen Techniken weitere regulatorische Gene zu identifizieren, um neue molekulare Zusammenhänge zwischen Fettstoffwechselveränderungen und Diabetes mellitus aufzuzeigen. Vor diesem Hintergrund wurde von ihm mit zahlreichen Mitarbeitern und operativen Arbeitsgruppen ein interessanter Bevölkerungsansatz an Rockefeller entwickelt, wo sie Stoffwechsel- bzw. Diabetesgene an Einwohnern der Insel Kosrae, Mikronesien, identifiziert haben. Es wurden mehr als 2 000 Teilnehmer mit mehr als 400 Mikrosatellitenmarkern genotypisiert. Hierdurch haben sie chromosomale Regionen identifiziert, die es ermöglichen werden neue Diabetes-Gene zu identifizieren.

Prof. Dr. Jens Brünning wurde am 4.6.1966 in Köln geboren und hat von 1985-1992 Humanmedizin an der Universität Köln studiert. 1992-1994 arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Müller-Wieland an der Klinik II und Poliklinik für Innere Medizin der Universität zu Köln (Herr Prof. Dr. W. Krone) und ging anschließend für drei Jahre als Postdoktorand in das Labor von Prof. Dr. C. R. Kahn Joslin Diabetes Center der Harvard Medical School in Boston. Im Juni 1997 kehrte er zunächst als wissenschaftlicher Mitarbeiter dann als Oberarzt an die Klinik II und Poliklinik für Innere Medizin der Universität zu Köln zurück und übernahm am 1.4.2003 die Nachfolge von Prof. Dr. Klaus Rajewsky und damit einen Lehrstuhl am Institut für Genetik der Universität zu Köln. Neben verschiedenen Preisen erhielt er auch den Bertram-Preis der Deutschen Diabetesgesellschaft. Am 7.12.2006 erhielt er die Nachricht, dass er Preisträger 2007 im Gottfried Wilhelm-Leibniz-Programm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) sein wird.

Der Leibniz-Preis ist der höchstdotierte deutsche Förderpreis, so erhält er 2,5 Mio. € um diese in einem Zeitraum von bis zu 7 Jahren flexibel für die Forschungsarbeiten einzusetzen. Das Leibniz-Programm wurde 1985 mit dem Ziel eingerichtet, die Arbeitsbedingungen herausragender Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu verbessern und ihre Forschungsmöglichkeiten zu erweitern. Für diesen Preis können Forscherinnen / Forscher aus allen Fachgebieten nominiert werden. Aus den Vorschlägen wählt der Nominierungsausschuss der DFG diejenigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus. Aus 129 Vorschlägen wurden dieses Jahr zwei Wissenschaftlerinnen und acht Wissenschaftler ausgewählt, und eben hierunter auch Prof. Dr. Jens Claus Brünning.

Die Molekulare Diabetesforschung hat er insbesondere durch die Einführung des Cre-lox-Systems für das Insulinrezeptorgen bei Dr. Kahn in Boston auf eine völlig neue Ebene gehoben; da durch dieses System zellspezifisch und damit gewebeselektiv Kanditatengene ausgeschaltet werden können. Hierdurch hat er es ermöglicht, dass Insulinrezeptorgen und damit die Insulinsignalkaskade gewebeselektiv auszuschalten, um zu untersuchen, welche Bedeutung eine gewebespezifische Insulinresistenz hat. Interessanterweise zeigte sich, dass die Ausschaltung des Insulinrezeptorgens in der Skelettmuskulatur keinen Diabetes aber die Zeichen eines metabolischen Syndroms zur Folge hatte. Interessanterweise führt eine selektive Ausschaltung des Insulinrezeptors in der Beta-Zelle, d. h. eine Insulinresistenz der Beta-Zelle zu Insulinsekretionsstörungen, die dem Typ-2-Diabetes vergleichbar sind. Weitere Studien nach seiner Rückkehr nach Deutschland haben verdeutlicht, dass die Insulinwirkung auch eine entscheidende regulatorische Funktion für das Immunsystem und die Ausprägung der Artheroskerose hat. Zudem konnte er zeigen, dass eine selektive Insulinresistenz im Gehirn ebenfalls verschiedenste Facetten des metabolischen Syndroms zur Folge hat. Aktuell zeigt er neue regulatorische Verbindungen zwischen Insulin und Glukosestoffwechsel sowie dem Energiestoffwechsel auf, die wiederum durch bestimmte Gehirnareale integriert werden. In diesem Zusammenhang konnte er auch neue Zellen und Regionen im Hypothalamus identifizieren, die mit der Entstehung einer Adipositas verbunden sein könnten.

All diese völlig neuen Zusammenhänge zwischen Geweben und molekularen Mechanismen von beiden Forschern haben beispielhaft gezeigt, dass eine monokausale Pathogenese der komplexen Zusammenhänge des metabolischen Syndroms oder des Typ-2-Diabetes unzureichend sind. Genregulatorische Netzwerke, die auch durch das Gehirn mit „geeicht” werden, spielen eine entscheidende Rolle. Neue Wege werden aufgezeichnet, die nicht nur interessant für die Diagnostik und neue therapeutische Strategien sind, sondern auch eines Tages den Weg für eine individuell basierte und damit genetisch sinnvolle sowie gesundheitsökonomisch potenziell durchführbare Prävention dieser Volkskrankheiten, i. e. Diabetes Typ 2, Adipositas und Fettstoffwechselstörungen, ermöglichen werden. Das ist der entscheidende Ansatz um eines Tages die kardiovaskulären Komplikationen, als Haupttodesursache, drastisch und frühzeitig zu reduzieren.

Prof. Dr. med. D. Müller-Wieland

AK St. Georg Abteilung für Innere Medizin I

Lohmühlenstr. 5

20099 Hamburg

Phone: 0 40/18 18 85 30 25

Fax: 0 40/18 18 85 30 29

Email: dirk.mueller-wieland@ak-stgeorg.lbk-hh.de

    >