Radiologie up2date 2007; 7(3): 205-224
DOI: 10.1055/s-2007-966822
Muskuloskelettale Erkrankungen

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Perkutane Biopsien am Bewegungsapparat

Percutaneous biopsy of musculoskeletal lesionsJ.  Wiens
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Publication Date:
25 September 2007 (online)

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Zusammenfassung

Durch den gezielten Einsatz der heute in der Radiologie zur Verfügung stehenden Untersuchungsmethoden gelingt es in vielen Fällen, das Spektrum von Veränderungen am muskuloskelettalen System nichtinvasiv differenzialdiagnostisch einzuengen oder präzise zu diagnostizieren. Es bleiben allerdings eine Reihe von Läsionen übrig, die einer bioptischen Abklärung bedürfen. Dies ist oft minimalinvasiv möglich. Unter Zuhilfenahme von Computertomographie, Sonographie, Röntgendurchleuchtung oder Magnetresonanztomographie sind dem versierten, mit Biopsietechniken vertrauten Radiologen nahezu alle Abschnitte des Körpers zugänglich geworden. Voraussetzung für diese Interventionen sind neben der Erfahrung des interventionell Tätigen spezielle Kenntnisse über die Indikationsstellung und die Durchführung des Eingriffs sowie die Interpretation der Biopsieergebnisse im klinisch-radiologischen Kontext.

Abstract

Differential diagnosis of musculoskeletal disorders can be limited or even rendered precise if all available non invasive radiological modalities are used. Not otherwise classified lesions have to be biopsied. A minimal invasive approach is often applied. Using computed tomography, ultrasonography, fluoroscopy or magnetic resonance imaging, the herewith experienced radiologist is in a position to biopsy almost all parts of the body. Prerequisites for the successful implementation of these procedures are experience and specific knowledge about indication, intervention as well as interpretation of the results of the biopsy in clinical and radiological context.

Kernaussagen

Beurteilung von Tumoren des muskuloskelettalen Systems

Nur etwa 10 % aller benignen primären Skelettläsionen sind mit radiologischen Methoden nicht verlässlich einzustufen und müssen daher histologisch abgeklärt werden.

Mit dem Lodwick-Grading ist es möglich, osteolytische Skelettläsionen im Projektionsradiogramm zu beurteilen. Die Wachstumsgeschwindigkeit einer Läsion ist dabei umso größer, je höher ihr Grading ist.

Biopsiegrundlagen

Nutzen einer Biopsie. Um den Nutzen einer Biopsie einschätzen zu können, sind folgende Parameter geeignet:

  • „accuracy”: berücksichtigt die richtig positiven und richtig negativen Resultate,

  • „effective accuracy”: berücksichtigt zusätzlich die fragwürdigen oder unsicheren Ergebnisse,

  • „diagnostic utility”: berücksichtigt den klinischen Nutzen eines möglichen Testresultates und die Wahrscheinlichkeit, dass ein solches Resultat eintreten wird.

Die „accuracy” bei primären oder sekundären Knochentumoren bzw. infektiösen Skelettveränderungen liegt zwischen 80 und 90 %, die „effective accuracy” zwischen 50 und 80 %.

Indikationen. Osteolytische, in geringerem Umfang auch osteosklerotische Läsionen sind bei Metastasenverdacht Indikationen zur Biopsie. Eine Biopsie bei Verdacht auf eine infektiöse Veränderung ist insbesondere dann sinnvoll, wenn der Patient antibiotisch nicht anbehandelt ist oder wenn die Möglichkeit einer tuberkulösen Genese in Betracht gezogen wird („accuracy” 80 - 90 %, „diagnostic utility” ca. 50 %). Bei der - grundsätzlich ebenfalls indizierten - Biopsie primärer Knochentumoren ist zu berücksichtigen, dass Knochentumoren in ihrem Aufbau oft inhomogener sind als z. B. Metastasen.

Komplikationen. Komplikationsraten bei Biopsien (typischerweise Gefäß-, Nervenverletzungen, Wundinfektionen, Pneumothorax) werden meist mit 1 - 2 % angegeben. Biopsiebedingte Probleme können den Behandlungsplan (ca. 20 %) und die Prognose (8 %) negativ beeinflussen. Implantationsmetastasen in den Weichteilen entlang des Biopsiekanals sind klinisch relevant, verlässliche Zahlen gibt es aber nicht.

Zugangswege. Der Zugangsweg sollte so geplant werden, dass er im Rahmen der Tumorresektion mit einem ausreichend großen Sicherheitsabstand revidiert werden kann. Er sollte nicht entlang von Gefäßen oder Nerven verlaufen und keine Kompartimentgrenzen überschreiten. Eine interdisziplinäre Absprache ist notwendig.

Durchführung der Biopsie

Patientenvorbereitung. Die Patientenvorbereitung umfasst Aufklärung, Routinelabor und oft eine Skelettszintigraphie (systemische Erkrankungen!). Die gesamte erforderliche klinische und radiologische Diagnostik müssen vor der Biopsie abgeschlossen sein. Die Biopsie kann meist in Lokalanästhesie durchgeführt werden. Anschließend sollte der Patient liegen.

Durchführung. Die Durchführung einer Biopsie ist abhängig von der Art der Läsion.

Bildgebung. Perkutane Weichteil- oder Knochenbiopsien können ultraschall-, durchleuchtungs-, CT- oder MRT-gesteuert durchgeführt werden. Die CT ist dabei den anderen Verfahren in den meisten Fällen überlegen.

Zugangswege. An der Wirbelsäule gelten der transpedikuläre, der dorsolaterale, der interkostotransversale und der laterale Zugang als Standardzugang. An der Halswirbelsäule, insbesondere der oberen HWS und Schädelbasis mit schwierigen anatomischen Verhältnissen kommen transoraler, anterolateraler, retromandibulärer, retromaxillärer, dorsal retromastoidaler und transpedikulärer Zugang infrage. Außerdem gibt es eine elegante Möglichkeit über die „mandibular sigmoid notch”.

Ergebnisbeurteilung

In der Interpretation der Ergebnisse von Biopsien muskuloskelettaler Läsionen ist die Zusammenarbeit von Radiologie und Pathologie wesentlich.

Literatur

Dr. med. Jürgen Wiens

Klinik für bildgebende Diagnostik und interventionelle Radiologie

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