Zeitschrift für Klassische Homöopathie 2007; 51(1): 19-23
DOI: 10.1055/s-2007-968057
Originalia

Karl F. Haug Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG

Eine Beobachtung zum § 216 Organon

Martin Bündner
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Publication History

Publication Date:
23 March 2007 (online)

Zusammenfassung

Der § 216 des Organon der Heilkunst wird erklärt, im historischen Verlauf betrachtet und durch eine Kasuistik veranschaulicht.

Summary

§ 216 of the organon of the art of healing will be explained, observed in historic development and demonstrated with a case.

Anmerkungen

01 Zum Vergleich wird hier der Text der ersten Auflage des Organon der rationellen Heilkunst (1810) wiedergegeben (der sehr ähnlich dem der zweiten Auflage ist): „Die Fälle sind nicht selten, wo eine den Tod drohende, so genannte Körperkrankheit - eine Lungenvereiterung, oder die Verderbniß irgend eines andern edeln Eingeweides, oder eine acute gefährliche Krankheit, z.B. im Kindbette u.s.w. durch schnelle Erhöhung des bisherigen Gemüthssymptoms, in Wahnsinn, Melancholie oder Raserei ausartet, und alle Todesgefahr der Körpersymptomen verschwindet; diese bessern sich indeß fast bis zur Gesundheit, oder verringern sich vielmehr bis zu dem Grade, daß ihre dunkel fort währende Existenz nur von dem beharrlich und fein beobachtenden Arzte noch erkannt werden kann. Sie arten mit einem Worte zur einseitigen Krankheit, gleichsam zu einer Lokalkrankheit aus, in welcher das in der ursprünglichen Krankheit gegen die übrigen Symptomen bisher nur verhältnißmäsige, gelinde Symptom der Gemüthsumstimmung zum Hauptsymptome sich vergrößert, welches dann zum größern Theile für die übrigen Symptome vikarirt, und ihre Heftigkeit palliativ beschwichtiget, wie wir bei den großen Hauptsymptomen der sogenannten Lokalkrankheiten gesehen haben.” (§ 192 des Organon der rationellen Heilkunde).

02 Der Autor hält Letzteres bei der großen Zahl der in den Kliniken auftretenden organischen Psychosyndrome für sehr wahrscheinlich.

03 Die Rubrik „Geist (Gemüt), Schlechte Nachrichten, Beschwerden durch” (KK 87) wurde nicht verwendet, da die Kausalbeziehung zwischen dem Todesfall des Bettnachbarn und der Verfassung der Patientin nicht sicher hergestellt werden konnte. Diese Rubrik enthält auch keine der in der ersten Repertorisation sich ergebenden Mittel, interessanterweise ist jedoch Stramonium aus der zweiten Mittelwahl enthalten.

04 Bei Verwendung der eigentlich passenderen Karteikarte Nr. 1397 („Mund und Schlund, trocken, aber kein Durst”) läuft kein Mittel durch, so dass die übergeordnete Karteikarte Nr. 1396 verwendet wurde. Ein Blick ins Kent’sche Repertorium zeigt jedoch, dass die sich aus dieser Repertorisation ergebende Arznei Stramonium auch in der Rubrik „Mund, Trockenheit, Durst, ohne” (KK 1344) (sogar zweiwertig) findet.

05 Vielleicht hätte Stramonium den Gesamtzustand schon initial komplett behoben; die Arznei hätte durchaus auch bereits den Ausgangszustand abgedeckt, fiel aber mangels Repräsentation in der Rubrik „Allgemeines, Puls, unregelmäßig, unregelmäßig und langsam (KK 1970)” aus den weiteren Überlegungen heraus.

06 Nach Auffassung und Erfahrung des Autors spricht die fast schlagartige Änderung des Zustandes nicht für eine Wirkung der chemischen Medikation.

Literatur

  • 01 Hahnemann S. Organon der Heilkunst. Dritte verbesserte Auflage Dresden; Arnold 1824
  • 02 Hahnemann S. Organon der Heilkunst. Fünfte verbesserte und vermehrte Auflage. Dresden und Leipzig; Arnold 1833
  • 03 Hahnemann S. Organon der Heilkunst. Textkritische Ausgabe der 6. Auflage. Bearbeitet und herausgegeben von Josef M. Schmidt. Heidelberg; Haug 1992
  • 04 Hahnemann S. Organon der Heilkunst. Vierte verbesserte und vermehrte Auflage. Dresden und Leipzig; Arnold 1829
  • 05 Hahnemann S. Organon der Heilkunst. Zweite Auflage Dresden; Arnold 1819
  • 06 Hahnemann S. Organon der rationellen Heilkunde. Dresden; Arnold 1810
  • 07 Kent J T. Repertorium der homöopathischen Arzneimittellehre. 14. überarbeitete Auflage Heidelberg; Haug 1998
  • 08 Therapeutische Taschenkartei. Hamburg; Verlag Bernd von der Lieth o.J.

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Martin Bündner

Kronenstr. 7

72070 Tübingen

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