Zeitschrift für Palliativmedizin 2006; 7(3): 60-61
DOI: 10.1055/s-2007-970242
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Palliativversorgung in NRW - Vom Modellprojekt zur Regelversorgung

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Publication Date:
22 February 2007 (online)

 

Am 30.6.2006 endet das NRW-Modellprojekt für die ambulante palliativpflegerische Versorgung und geht am 1.7.2006 in die Regelversorgung über. Das Projekt begann im Jahr 2000 und wurde vom Land NRW und den beiden ALPHA-Stellen unterstützt und begleitet. Die Versorgung wurde gesichert durch einen dem Modellprojekt zugrunde liegenden "Vertrag über die ambulante palliativmedizinische und -pflegerische Versorgung auf der Basis des § 132 a SGB V in Verbindung mit § 72 SGB XI". Dieser Vertrag wurde zwischen den gesetzlichen Krankenkassen, den zuständigen Sozialhilfeträgern und 15 ambulanten Palliativpflegediensten in NRW geschlossen. Auf der Grundlage des Konzeptes zur Finanzierung palliativmedizinisch und -pflegerisch tätiger Hausbetreuungsdienste des Ministeriums für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit des Landes NRW vom 14.9.1999 sollten im Rahmen eines ursprünglich auf zwei Jahre begrenzten Projekts die Kriterien für künftige Standards der ambulanten palliativmedizinisch und pflegerischen Versorgung mit dem Ziel der Vermeidung einer stationären Hospizversorgung entwickelt werden. Weiterhin sollten Möglichkeiten einer Finanzierung durch die Kranken- und Pflegeversicherung aufgezeigt werden [1].

Die Finanzierung erfolgte über die Vergütung sämtlicher palliativpflegerischer Leistungen durch eine Tagespauschale, unabhängig von Art und Anzahl der Leistungen und Einsätze der Palliativpflegedienste. Voraussetzung für die Kostenübernahme durch die Kostenträger war die Notwendigkeit der Verordnung von SGB V- und/oder SGB XI-Leistungen, in Verbindung mit der Beschreibung des palliativpflegerischen Bedarfs mittels Schnellbegutachtungsbögen. Die Leistungen der Dienste wurden in einem eigens entwickelten Bogen dokumentiert und ausgewertet. Die daraus gewonnenen Daten trugen zur Entwicklung eines die palliativpflegerische Regelversorgung sichernden Vertrages nach § 132a Abs. 2 SGB V bei. Dieser Vertrag trat am 1.7.2006 in Kraft und löst das vorangegangene Modellprojekt ab. Damit ist ein Baustein des Rahmenprogramms zur Sicherung einer nahezu flächendeckenden Palliativversorgung in NRW umgesetzt [2].

Es wurde eine den derzeitigen gesetzlichen Erfordernissen in SGB V und SGB XI genügende Regelung erreicht und die gemäß Rahmenprogramm angestrebte Vernetzung von Hospizdiensten (AHPB) und qualifizierten Palliativärzten (QPA) vertraglich festgeschrieben. Die Vergütung entspricht neben den palliativpflegerischen Erfordernissen den anspruchsvollen in § 4 genannten personellen Voraussetzungen, die vorliegen müssen, um an diesem Vertrag teilnehmen zu können. Danach muss das Pflegepersonal des Dienstes (AHPP) zu 100% examiniertes Pflegepersonal mit Palliative-Care Zusatzweiterbildung (160 Stunden) sein und mindestens 4 Vollzeitstellen umfassen. Die psychosozialen Leistungen werden über eine Kooperation mit einem Hospizdienst über §39 a SGBV erbracht und sichergestellt.

Die Vergütung der Leistungen erfolgt im SGB V Bereich (Behandlungspflege) über Einsatzpauschalen und im SGB XI Bereich (Grundpflege) über die Pflegekasse [3]. Nach 6 Jahren (!!) harter Arbeit und manchmal auch zähem Ringen aller Beteiligten liegt nun ein Vertragswerk vor, das sicher nicht alle bis ins Detail zufrieden stellt und noch manchen Wunsch offen lässt. Dennoch ist es gelungen, dem Ziel ein gutes Stück näher zu kommen, erstmals die Finanzierung ambulanter Palliativpflege nahezu flächendeckend in der Regelversorgung eines Bundeslandes im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten zu erreichen. Nun gilt es, diesen Vertrag und seine Umsetzung sorgfältig zu evaluieren, um Aussagen über eine Veränderung der pflegerischen Versorgung sterbender und schwerstkranker Menschen in NRW machen zu können und so möglicherweise eine bundesweite Regelung im SGB V zu erreichen.

Thomas Montag, Köln

Für die am Modellprojekt und an den Vertragsverhandlungen beteiligten Ambulanten Palliativpflegedienste NRW

Literatur

  • 01 1. Präambel des Vertrages über die ambulante palliativ-medizinische und -pflegerische Versorgung aus dem Jahr 20002. 
  • 02 Rahmenprogramm zur flächendeckenden Umsetzung der ambulanten palliativmedizinischen und palliativpflegerischen Versorgung in NRW vom 19.05.20053.  
  • 03 Die im Vertrag festgelegten Leistungen der ambulanten Palliativversorgung sind insbesondere: Psychosoziale Betreuung, Grundpflege/Pflegeleistungen (SGB XI), Delegierte ärztliche Leistungen, wie z. B. die Punktion von Portsystemen oder die Gabe von IV-Infusionen sowie subkutane Infusionen mit Medikamenten.