Zeitschrift für Palliativmedizin 2006; 7(1): 6-7
DOI: 10.1055/s-2007-972176
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Erste Habilitation in der Palliativmedizin in Deutschland

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Publication Date:
27 March 2007 (online)

 

PD Dr. Frank Elsner, Oberarzt an der Klinik für Palliativmedizin des Universitätsklinikums Aachen, hat am 24. Januar 2006 sein Habilitationsverfahren beendet. Er hat damit die erste Habilitation in der Palliativmedizin in Deutschland vollendet. Die Implementierung der Palliativmedizin in der medizinischen Lehre und Forschung ist damit ein weiteres Stück voran gebracht worden.

PD Dr. Frank Elsner

Elsner ist seit 10 Jahren wissenschaftlich im Bereich Schmerztherapie und Palliativmedizin tätig, zunächst in der Schmerzambulanz der Klinik für Anästhesiologie des Universitätsklinikums Köln, seit 2003 am Lehrstuhl für Palliativmedizin der RWTH Aachen. In der Habilitationsschrift "Modellprojekt zur Verbesserung der ambulanten schmerztherapeutischen Versorgung bei Tumorpatienten" stellt Frank Elsner Ergebnisse aus einem Modellprojekt in der Region Köln vor.

Das Modellprojekt wurde von 1996 bis 2000 vom Bundesministerium für Gesundheit gefördert. Kooperationspartner im Netzwerk waren Abteilungen des Universitätsklinikums Köln (Psychosomatik und Anästhesiologie), niedergelassene Ärztinnen und Ärzte (STAN-Ärzte) sowie Organe der ärztlichen Selbstverwaltung (Kassenärztliche Vereinigung und Ärztekammer Nordrhein).

Den Befunden und Behandlungsergebnissen von 75 Tumorschmerzpatienten, die von niedergelassenen Ärzten im Netzwerk behandelt worden waren (STAN), konnten als Vergleichsgruppe 288 Tumorpatienten des Onkologischen Schwerpunktes Köln (OSP) und 100 Tumorpatienten, die in der Schmerzambulanz des Universitätsklinikums behandelt worden waren (SA), gegenübergestellt werden. Eines der Projektziele war der Nachweis der Verbesserung der schmerztherapeutischen Effektivität bei niedergelassenen Ärzten durch Fortbildung und Beratung. Nach Erfassen des Ist-Zustands folgte eine Interventionsphase von 2 Jahren, in der anhand eines umfangreichen Beratungs- und Fortbildungsangebots sowie der Möglichkeit einer direkten Patientenmitbetreuung die schmerztherapeutisch ambulante Versorgung verbessert werden sollte. Mit dem gewählten Ansatz war es nicht möglich, eine Kontrollgruppe von Ärzten ohne Fortbildungs- und Beratungsangebot parallel zum Netzwerk einzuschließen. Aussagen zur Verbesserung von Fähigkeiten und Kenntnissen der Netzwerkärzte im 3-jährigen Projektzeitraum sind damit nur eingeschränkt möglich. Der Vergleich der 3 Gruppen STAN, OSP und SA ermöglicht jedoch weitgehende Aussagen zu den im ambulanten Bereich behandelten Patienten und dem Stand der schmerztherapeutischen Versorgung.

Neben der Erfassung der tatsächlichen Nutzung eines breit gefächerten Angebotes und der Wünsche und Prioritäten der niedergelassenen Ärzte wurde als neuer Ansatz eine Conjoint-Analyse aus der Marktforschung übernommen, um Prioritäten bei komplexen Angeboten einschätzen zu können. Dabei stellte sich auch heraus, dass niedergelassene Ärzte ein kostenpflichtiges Angebot bevorzugen, wenn damit höhere Qualität und Verfügbarkeit verbunden sind.

Die Kooperationsstrukturen zwischen Universitätseinrichtungen und niedergelassenen Ärzten konnten im Netzwerk vertieft werden. Mehr als 80 niedergelassene Ärzten der Modellregion nahmen am Projekt teil. Zur Bewertung der Tumorschmerztherapie lagen über 530 Fragebogen von Tumorpatienten des STAN, des OSP und der universitären Schmerzambulanz vor. Die Patienten der Schmerzambulanz gaben mehr und stärkere Symptome als die STAN-Patienten an. Von Patienten des OSP wurden häufig keine Beschwerden dokumentiert. Trotz der hinter den Erwartungen gebliebenen Zahl von dokumentierten Tumorpatienten konnten bei einigen Zielkriterien signifikante Verbesserungen nach Anbieten von Interventionen nachgewiesen werden.

Neben den quantitativen Ergebnissen bietet das Netzwerk eine Fülle von Erfahrungen, die bei der Vorbereitung und Planung zukünftiger Netzwerkprojekte genutzt werden können. Die Arbeit von Elsner belegt die meist geringe Zahl von Palliativpatienten in den einzelnen Arztpraxen, bei denen das Ausmaß der Beschwerden aber durchaus mit einer spezialisierten Klinik vergleichbar sein kann. Die Erkenntnisse aus diesem Projekt sind von hoher Relevanz für die aktuelle Diskussion um krankheitsbezogene, medizinische Netzwerke und sektorenübergreifende Patientenversorgung. Die Darstellung und kritische Diskussion der methodischen Probleme liefern wichtige Vorarbeiten bei der Planung künftiger Netzwerke.

Dr. Christoph Ostgathe

Palliativmedizin

Universitätsklinikum, Köln