Aktuelle Neurologie 2007; 34: 36
DOI: 10.1055/s-2007-980071
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Therapie der Zukunft

U.  Wüllner
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Publication Date:
08 August 2007 (online)

Die ideale Therapie des idiopathischen Parkinson Syndroms (iPS) wäre kurativ. Gerade der enorme Wissenszuwachs der letzen Jahre macht jedoch deutlich, das das iPS keine homogene Entität darstellt: nicht nur das genetisch determinierte, familiäre PS (fPS), auch das „typische” idiopathische bzw. sporadische Ps (sPS) ist vermutlich ätiologisch heterogen und ein einheitlicher kurativer Ansatz daher nicht zu erwarten. Die derzeit gängigen Vorstellungen zur Pathophysiologie des sPS sind von den identifizierten Genen des fPS, bzw. deren vermuteter Funktion einerseits und Toxinmodellen (MPTP, Rotenon, Laktazystein) andererseits geprägt. Mitochondriale Fehlfunktion, erhöhter oxydativer Stress, Exzitotoxizität, Proteinfehlfaltung und Entzündungsreaktionen scheinen zur Neurodegeneration beizutragen und eine Reihe von Substanzen, die diese Prozesse modulieren und den Verlauf des iPS modifizieren könnten, sind zurzeit in der klinischen Testung ([Tab. 1]). Dabei zählen vermutlich die MAOB-Inhibitoren zu den viel versprechenden neuen (und alten) Kandidaten für die nahe Zukunft, zumal sie auch symptomatische Wirksamkeit besitzen. Weitere Langzeitstudien der neuen nicht-ergolinen Dopamin-Agonisten werden klären, ob auch diesen Substanzen verlaufsmodifizierende Eigenschaften aufweisen.

Hinsichtlich der symptomatischen Therapie sind dopaminerge Substanzen mit neuen pharmakokinetischen Eigenschaften (transdermale Systeme), Dopamin-reuptake-Hemmer, neue Dopamin-Agonisten, neue Levodopaformulierungen und eine Reihe nicht-dopaminerger Pharmaka in der klinischen Testung ([Tab. 1]). Zukünftige Therapiestrategien werden auch den nicht-motorischen Symptomen des iPS verstärkt Rechnung tragen müssen. Nicht zuletzt durch die verbesserten therapeutischen Möglichkeiten und der fast normalisierten Lebenserwartung wächst der Anteil von Parkinson-Patienten mit kognitiven Problemen. Nachdem kürzlich Rivastigmin zur Behandlung der Demenz bei iPS in Tablettenform zugelassen wurde, wird hier in Kürze ein Pflaster mit anscheinend deutlich besserer Verträglichkeit zur Verfügung stehen.

In den letzten Jahren haben sich mehrere invasive Verfahren zur Behandlung der motorischen Spätkomplikationen des sPS etabliert. Hierzu zählt insbesondere die Tiefe Hirnstimulation (THS) subkortikaler Kerngebiete (Nucleus subthalamicus, Globus pallidus internus, Nucleus ventralis intermedius thalami). Zukünftige Entwicklungen der THS beziehen sich auf die Etablierung weiterer geeigneter Zielpunkte mit möglicherweise andersartigem Wirkprofil (Nucleus pedunculopontinus). Daneben werden derzeit Bestrebungen unternommen, die dauerhafte Applikation uniformer hochfrequenter Reize durch so genannte desynchronisierende Stimulationsalgorithmen zu ersetzen.

Tab. 1 Pharmaka in präklinischer und klinischer Testung Verlaufsmodifizierend MAOB-Inhibition Rasagilin, Safinamid mitochondriale Funktion Coenzym Q10, Kreatin Zelltod (Apoptose) TCH346*, CEP-1347* Inflammation Minozyclin, Neuroimmunophiline Neurotrophismus GDNF, P63 Symptomatisch Dopamin-Agonisten Dinapoline, SLV-308, Rotigotin, Lisurid Dopamin-reuptake-Hemmer NS-2330* anti-glutamaterg NMDA Antagonisten (Ro-25-6981) AMPA Antagonisten (Eisai-2007,Talampanel) Glutamatfreisetzung (Safinamid) adrenergeα2 Antagonisten Idazoxan, Fipamezol AdenosinA2a Antagonisten Istradephyllin 5-HT1A Agonisten Sarizotan* Gentransfer Glutaminsäure-Decarboxylase (GAD) * = Entwicklung eingestellt

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