Der Nuklearmediziner 2007; 30(2): 87
DOI: 10.1055/s-2007-981192
Nachruf

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Nachruf auf Professor Lissner

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Publication Date:
04 June 2007 (online)

Die deutschen Radiologen haben eine ihrer herausragendsten Persönlichkeiten verloren, die über Jahrzehnte die Fortschritte in der Radiologie maßgeblich gestaltet und beeinflusst hat.

Prof. Dr. med. Dr. h. c. Josef Lissner starb am 30. Dezember 2006 im Alter von 83 Jahren, nachdem er über viele Jahre gegen eine heimtückische Erkrankung gekämpft hatte, die ihn schließlich doch besiegte.

Josef Lissner wurde in Westpreußen geboren und studierte Medizin an der Universität von Erlangen, wo er das Studium 1951 mit dem Staatsexamen abschloss. Anschließend erhielt er seine Weiterbildung in den Fächern Diagnostische Radiologie und Strahlentherapie bei den Professoren Gebauer und Rajewsky in Erlangen und Frankfurt. 1960 habilitierte er sich mit einem Thema über Röntgenbildverstärker. 1965 wurde er apl. Professor, und 1970 erhielt er den Ruf auf den Lehrstuhl für Radiologie der Universität München.

In dieser Funktion und als Ärztlicher Direktor des neu gegründeten Klinikums Großhadern gelang es ihm, eine der größten und bedeutendsten universitären Abteilungen für Radiologie in Europa und der ganzen Welt aufzubauen.

Josef Lissner hatte ein nahezu prophetisches Gespür für die Bedeutung von neuen technischen Entwicklungen, wobei er schon sehr früh die komplementäre Bedeutung unterschiedlicher bildgebender und funktioneller Untersuchungsverfahren erkannt und im Sinne eines „Multimodality Imaging” miteinander integriert hat.

Als weltweit renommierter Radiologe war Josef Lissner Präsident der Deutschen Röntgengesellschaft, Mitglied der Leopoldina und Gastprofessor der McPhalen-Universität in Glasgow. Darüber hinaus war er Ehrenmitglied von mehr als 12 nationalen radiologischen Gesellschaften sowie der erste Deutsche, der Ehrenmitglied der RSNA wurde.

Josef Lissner hat sich große Verdienste bei der Organisation radiologischer Tagungen auf internationalem Niveau erworben. Er gründete die weltweit anerkannte, internationale MR-Tagung in Garmisch, und auch in den letzten Jahren seines Lebens hat er dafür wichtige Impulse gegeben. Zu seinen besonderen Verdiensten gehört die Neugründung des „European Congress of Radiology”, der sich zu einem der weltweit wichtigsten radiologischen Fachkongresse mit zuletzt über 17 000 Teilnehmern entwickelt hat. Die von ihm gegründete Zeitschrift „European Radiology” wurde zu einem anerkannten und international hoch geachteten wissenschaftlichen Publikationsorgan.

Für diese herausragenden Verdienste wurde Josef Lissner mit der Goldmedaille sowie der Ehrenpräsidentschaft des ECR ausgezeichnet und auf Lebenszeit zum Ehrenherausgeber von „European Radiology” ernannt.

Obwohl Josef Lissner ein bekennender Deutscher und Europäer war, blieb seine Tätigkeit nicht auf Europa beschränkt, sondern er dachte auch in globalen Kategorien. So hat er mit seinem engen Freund, Prof. Alexander Margulis, das Konzept der „International Society for Strategic Studies in Radiology” entwickelt, die internationale führende Persönlichkeiten der Radiologie zusammenführt, um die globalen Herausforderungen des Faches zu diskutieren und Lösungsvorschläge zu erarbeiten.

2006 wurde Josef Lissner von der RSNA mit dem speziellen RSNA-Award des Präsidenten ausgezeichnet, eine Ehrung, die er wegen seiner Krankheit nicht mehr persönlich entgegennehmen konnte.

Nicht nur für die Radiologie, sondern auch für die Nuklearmedizin ist der Tod von Josef Lissner Anlass zur Trauer. Zwar war er in den Bereichen der Patientenversorgung, Forschung und Lehre der große und überzeugte Radiologe, dennoch ließ er in den von ihm geleiteten radiologischen Kliniken in den Klinika Großhadern und Innenstadt in München den manchmal durchaus konkurrierenden Verfahren der Nuklearmedizin freie Entwicklungsmöglichkeiten.

Dies führte dazu, dass sich in diesen Kliniken eine Reihe von weltweit anerkannten nuklearmedizinischen Persönlichkeiten entwickeln konnten, die dann auch folgerichtig auf nuklearmedizinische Lehrstühle an deutschen Universitätskliniken sowie Chefarztstellen berufen wurden.

Von besonderer Bedeutung für die Strahlentherapie des Klinikums der Ludwig-Maximilians-Universität München war die Weitsicht von Prof. Lissner, in Großhadern eine leistungsfähige radiotherapeutische Versorgung mit einer umfassenden stationären Behandlungsmöglichkeit zu etablieren und damit die Voraussetzung für eine wirksamere Strahlenbehandlung maligner Tumoren zu schaffen.

Josef Lissner hat nach seiner Emeritierung im Jahre 1993 die aus seiner Klinik hervorgegangenen Einrichtungen am Klinikum der Universität München, Radiologie und Neuroradiologie, Nuklearmedizin und Strahlentherapie mit Interesse und Wohlwollen begleitet. Uns, seinen Nachfolgern war er ein immer freundschaftlicher und kenntnisreicher Berater, der uns noch lange unterstützt hat und dem das Wohl dieser Einrichtungen und unserer Fächer ein persönliches Anliegen war. Sein eleganter Stil, seine brillante Intelligenz und seine menschliche Wärme haben ihn immer ausgezeichnet. Auch in der schweren Zeit, in der seine Erkrankung nicht mehr zu beherrschen war, hat er uns durch seine Würde und seine weise Einstellung zum Leben und auch zum Sterben tief beeindruckt. Seine Familie und seine langjährige Lebensgefährtin waren ihm dabei eine große Stütze und Hilfe. Wir verneigen uns in Hochachtung und Dankbarkeit vor dieser großen und eindrucksvollen Forscher- und Arzt-Persönlichkeit und einem bedeutenden und liebenswerten Menschen.

Maximilian Reiser
Klaus Hahn
Eckhart Dühmke
Hartmut Brückmann

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