Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2007; 42(6): 452-461
DOI: 10.1055/s-2007-984551
Fachwissen: Topthema: Pädiatrische Neuroanästhesie

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Spezielle pädiatrische Neuroanästhesie und Neurochirurgie

Paediatric anaesthesia for neurosurgical proceduresTim Papenfuß, Herbert Trautner, Ulrich Schwemmer
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Publication Date:
09 July 2007 (online)

Zusammenfassung

Narkosen bei neurochirurgischen Eingriffen im Kindesalter erfordern auf Grund der speziellen physiologischen und pathophysiologischen Besonderheiten des kindlichen Craniums genaue Kenntnisse der vorliegenden Erkrankung und des geplanten operativen Vorgehens. Die Kooperation aller an der Behandlung beteiligten Disziplinen ist für das erfolgreiche perioperative Management von zentraler Bedeutung. Mit dem Neurochirurgen werden bereits im Vorfeld des Eingriffs das operative Vorgehen und die besonderen Risiken diskutiert und die notwendige Lagerung, erwartete Operationszeit und Blutverlust abgefragt. Um für den gesamten Behandlungsprozess die optimale Versorgung der Kinder zu erreichen, ist die enge Einbindung der Pädiatrie ebenfalls obligat. Relevante, oft mit dem Grundleiden vergesellschaftete Begleiterkrankungen und Anomalien können präoperativ rechtzeitig detektiert und bestmöglich behandelt werden. Mit allen Partnern werden die wichtigen intra- und postoperativ notwendigen therapeutischen Maßnahmen abgestimmt. Narkoseeinleitung und Narkoseführung richten sowohl sich nach dem allgemeinen Zustand des Kindes, als auch dem speziellen neurochirurgischen Krankheitsbild und der geplanten Operation. Jede dieser Eingriffs-Gruppen ist mit Besonderheiten und Problemen behaftet. Im Folgenden werden einzelnen Verfahren dargestellt und die daraus für die anästhesiologische Versorgung resultierenden Konsequenzen vorgestellt.

Summary

Paediatric neurosurgical procedures request special considerations for the anaesthetic management. Due to patients age and diagnostic findings certain therapeutic procedures are performed under anaesthetic care. Main reasons for craniotomy are hydrocephalus, intracranial tumors and craniofacial synostosis. Neurosurgical therapy of newborn children is related mostly to hereditary spinal dysraphism. In spinal surgery and specific intracranial procedures for monitoring reasons sensory and/or motor evoked potentials (SEP, MEP) are used to improve surgical outcome. Due to sensibility for anaesthetic drugs these techniques request sound knowledge of physiologic and pharmacologic interaction. Cerebrovascular malformations are today usually treated using radiologic interventional procedures. Operative access will be performed for selected cases additionally to embolization, but is associated with risk of massive bleeding. Severe traumatic craniocerebral injury leads to compromised cerebral blood flow and hypoxic ischemia.

The article imparts funded knowledge of surgical as well as anaesthetic rationale and techniques in neuropaediatric therapies.

Kernaussagen

  • Die Komplexität neurochirurgischer Krankheitsbilder im Kindesalter fordert die enge Kooperation aller an der medizinischen Versorgung beteiligter Disziplinen. Durch gemeinsame Planung können präzise Vorbereitung, operative oder interventionelle Therapie und postoperative Nachbehandlung ohne Schnittstellenprobleme erfolgen.

  • Der Hydrozephalus manifestiert sich bei Neugeborenen und Säuglingen infolge der nicht ossifizierten Schädelnähte primär durch eine Zunahme des Kopfumfanges. Fehlt die Elastizität des Schädels, manifestiert sich die intrazerebrale Flüssigkeitszunahme als Erhöhung des Hirndrucks.

  • Bei Eingriffen, die sehr lange dauern, ist bei der Lagerung der Kinder ein besonderes Augenmerk auf mögliche Druckstellen zu legen und eine adäquate Abpolsterung durchzuführen.

  • Medikamentöse Vorbehandlung oder endokrinologische Störungen führen bei Kindern sehr schnell zu Imbalancen des Wasser- und Elektrolythaushaltes. Diese müssen zur Wiederherstellung der Homöostase frühzeitig erkannt und therapiert werden.

  • Nichttraumatische intrakranielle Blutungen sind im Kindesalter selten. Die zentrale Aufgabe des Anästhesisten besteht in der präzisen Kreislaufsteuerung. Massive Blutungen erfordern die Transfusion von Fremdblut und eine adäquate Gerinnungstherapie.

  • Die zentralen Ziele bei der Behandlung des kindlichen Schädelhirntraumas sind die Erhaltung eines ausreichenden zerebralen Perfusionsdrucks und die optimale Oxygenierung des Hirngewebes.

  • Kraniofaziale Synostosen führen wegen der schwerwiegenden Fehlbildung des Schädels häufig zu Problemen beim Atemwegsmanagement. Außerdem ist mit hohen Blutverlusten zu rechnen.

  • Für Operationen am Rückenmark oder spezielle intrakranielle Eingriffe wird zur Verbesserung des Outcomes ein Neuromonitoring (SEP, MEP) verwendet. In diesen Fällen müssen bestimmte Anästhetika und Medikamente, die die Ableitung der Potenziale oder die neuromuskuläre Übertragung beeinflussen können, vermieden werden.

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Dr. Tim Papenfuß

Email: Papenfuss_T@klinik. uni-wuerzburg.de

Dr. med. Herbert Trautner

Email: Trautner_H@klinik.uni-wuerzburg.de

PD Dr. Ulrich Schwemmer

Email: Schwemmer_U@klinik.uni-wuerzburg.de

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