psychoneuro 2007; 33(6): 222-225
DOI: 10.1055/s-2007-985117
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Hirnverletzungen - Reorganisation der Nervenzellen

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Publikationsdatum:
26. Juli 2007 (online)

 
Inhaltsübersicht

    Insbesondere während der Embryonalentwicklung und in der Pubertät, aber auch während des ganzen Lebens, werden Verknüpfungen im Gehirn neu gebildet und andere aufgelöst. Eine Studie von Joshua Young und Klaus Obermayer, Technische Universität, Berlin, untersuchte jetzt fundamentale Prozesse dieser Reorganisation, die auch eine wichtige Aufgabe nach Verletzungen z.B. nach Schlaganfall oder Netzhautverletzungen, spielt.

    Bisherige Studien zeigen, dass die Weitergabe von Signalen regelrecht geübt werden kann. Wenn eine Zelle A einen Impuls aussendet, der in Zelle B eine Antwort auslöst, wird der Kontakt von der Zelle A zur Zelle B verstärkt. Die Verstärkung des Kontaktes zwischen den beiden Zellen führt wiederum dazu, dass Zelle B nun mit einer höheren Wahrscheinlichkeit auf ein Signal der Zelle A antwortet. Durch diesen Prozess "lernt" Zelle B das Aktivitätsmuster von Zelle A und übernimmt dieses ("didaktische Reorganisation"). Young und Obermayer fanden, dass bei einer Verletzung der Retina die Neurone in einer kleinen, klar umrissenen Region des visuellen Kortex die entsprechenden Eingangssignale aus der Retina verlieren. Durch diesen Verlust von Input antworten die Neurone umso stärker auf Signale von anderen, ihnen vorgeschalteten Zellen, in der Regel benachbarte Kortex-Zellen, die noch direkte Signale aus der Retina erhalten. Wegen dieser verstärkten Empfindlichkeit der betreffenden Zellen lässt sich das Prinzip der didaktischen Reorganisation am Beispiel der neuronalen Regeneration nach einer Retinaverletzung besonders eindrücklich demonstrieren.

    Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass sowohl die Entstehung neuronaler Schaltkreise während der Entwicklung des Gehirns als auch die verschiedenen Schritte der Regeneration den gleichen grundlegenden Prinzipien folgen. Möglicherweise können mit diesen Informationen bessere Behandlungsmöglichkeiten bei Hirnverletzungen entwickelt werden.

    Quelle: www.bernstein-zentren.de