psychoneuro 2007; 33(6): 224
DOI: 10.1055/s-2007-985118
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Morbus Parkinson - Auf der Suche nach den Ursachen

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Publication Date:
26 July 2007 (online)

 
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Ursache für den Tod von Gehirnzellen bei der Nervenkrankheit Morbus Parkinson scheint ein fataler Irrweg zu sein, den die Neuronen einschlagen (Abb. 1): "Obwohl sich die Nervenzellen des Gehirns nicht durch Zellteilung vermehren können, schalten erkrankte Zellen die gesamte molekulare Maschinerie an, die für die Zellteilung nötig ist", erklärte Dr. Günter U. Höglinger vom Fachbereich Medizin der Philipps-Universität Marburg, "und gehen schließlich daran zugrunde."

Diese Erkenntnis, die Basis für neue Therapieansätze sein könnte, veröffentlichte das internationale Team um den Neurologen Höglinger nun in den Proceedings der US-amerikanischen Nationalakademie (PNAS). Die Publikation (Band 104, Nr. 9, 3585-3590) erschien online bereits am 21. Februar 2007 unter dem Titel "The pRb/E2F cell-cycle pathway mediates cell death in Parkinson's disease". In Marburg wurde das Projekt unter Mitarbeit der Neurologen Dr. Candan Depboylu und Dr. Daniel Alvarez-Fischer sowie von Prof. Dr. Wolfgang H. Oertel, Direktor der Klinik für Neurologie der Philipps-Universität, durchgeführt.

Tatsächlich weist bei den untersuchten und von Parkinson betroffenen Nervenzellen laut Höglinger alles darauf hin, dass sie sich gleich teilen wollten: "Im Gehirngewebe verstorbener Patienten wiesen wir nach, dass sich der DNA-Strang bereits verdoppelt hatte und dass verschiedene molekulare Schalter aktiviert waren, die normalerweise zu einer Zellteilung führen" - ein erstaunlicher Vorgang angesichts der Tatsache, dass sich die ausdifferenzierten Nervenzellen des Gehirns grundsätzlich nicht durch Zellteilung vermehren können.

Im Reagenzglas sowie in Tiermodellen konnten die Forscher zudem nachweisen, dass es bei den erkrankten Nervenzellen, die scheinbar kurz vor einer Teilung stehen, diese aber dann doch nicht ausführen können, zu einem Konflikt von Signalen kommt. Dieser führt schließlich dazu, dass sie sich selbst umbringen.

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Schalter werden nicht mehr umgelegt

"Der Versuch der Zellteilung und diese Art von Zelltod hängen wahrscheinlich eng miteinander zusammen", erklärt Höglinger. Beides sind entwicklungsgeschichtlich sehr alte Prozesse, die sich möglicherweise parallel entwickelten und daher über "Schalter" verfügen, die beiden gemeinsam sind.

In experimentellen Parkinson-Modellen konnten die Forscher bereits die detaillierte Abfolge der zellulären Signale entschlüsseln, die letztlich zum "irrtümlichen" Zelltod führen. "Besonders interessant ist", so Höglinger, "dass wir diese Signale bereits beeinflussen können. Im Tierversuch haben wir durch gentechnische Manipulation erreicht, dass die molekularen Schalter für die Zellteilung nicht mehr "umgelegt" werden und dass infolgedessen auch der Zelltod ausbleibt." Das internationale Forscherteam erhofft sich nun, dass ihre Erkenntnisse zur Entwicklung neuroprotektiver, also die gefährdeten Zellen schützender Strategien führen.

Aktuell arbeitet die Arbeitsgruppe um Höglinger intensiv daran, zu verstehen, was in den erkrankten Zellen dazu führt, diese fehlgeleiteten Signale zur Einleitung der "frustranen" Zellteilung zu aktivieren. Auf diese Weise hoffen sie, an einem möglichst frühen Punkt der fatalen Signalkaskade therapeutisch eingreifen zu können.

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Abb. 1 Die Abbildung zeigt dopaminproduzierende Nervenzellen (grün/blau) in der Substantia Nigra einer Maus mit Parkinson. Die Nervenzelle links der Mitte hat fälschlicherweise ein molekulares Signal (rot) zur Einleitung der Zellteilung aktiviert (Bild: Günter U. Höglinger)

Quelle: idw-online.de/pages/de/news197225

 
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Abb. 1 Die Abbildung zeigt dopaminproduzierende Nervenzellen (grün/blau) in der Substantia Nigra einer Maus mit Parkinson. Die Nervenzelle links der Mitte hat fälschlicherweise ein molekulares Signal (rot) zur Einleitung der Zellteilung aktiviert (Bild: Günter U. Höglinger)