psychoneuro 2007; 33(6): 262
DOI: 10.1055/s-2007-985216
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Schizophrenie: Ergebnisse einer wissenschaftlichen Erhebung - Atypische Depot-Antipsychotika im Vorteil

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Publication Date:
26 July 2007 (online)

 
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Die Erhaltungstherapie schizophrener Erkrankungen nimmt aufgrund der hohen Rezidivraten im Rahmen des therapeutischen Gesamtkonzeptes einen besonderen Stellenwert ein. Nach jedem Rezidiv sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass das vorherige Funktionsniveau wiedererlangt werden kann und die Zeit bis zur Remission verlängert sich. Wesentliches Ziel der medikamentösen antipsychotischen Langzeittherapie ist daher neben der Unterdrückung der Krankheitssymptome die Rezidivprophylaxe in Kombination mit psycho- und soziotherapeutischen Maßnahmen.

Dabei spielen neue Optionen in der medikamentösen Langzeitbehandlung eine zunehmend wichtige Rolle, was sich auch in den kürzlich erschienenen S3 Praxisleitlinien für die Schizophrenie niederschlägt. So soll der Einsatz von Depot-Antipsychotika in der Langzeittherapie aufgrund ihrer pharmakologischen Vorteile grundsätzlich in Erwägung gezogen werden. Somit gibt es die Optionen einer oralen Therapie mit konventionellen oder atypischen Neuroleptika oder mit einem konventionellem oder atypischen Depot-Antipsychotikum. Besonders interessant dürfte sein, wie sich die bezüglich Wirkung und Verträglichkeit zu erwartenden Vorteile eines atypischen Neuroleptikums in einer Depot-Formulierung im Praxisalltag bewähren.

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Untersuchung zu Therapieentscheidungen von 590 Ärzten

Um den derzeitigen Umgang und die Präferenzen von Ärzten und Patienten bezüglich der medikamentösen Erhaltungstherapie der Schizophrenie zu untersuchen, wurde eine wissenschaftliche Erhebung durchgeführt. 590 Ärzte dokumentierten anhand standardisierter Fragebögen ihre Therapieentscheidungen bei an Schizophrenie erkrankten Patienten. Ziel der Untersuchung war es, Aufschluss darüber zu erlangen, wie die Entscheidung für eine medikamentöse Langzeittherapie in der täglichen Praxis entsteht und inwieweit diese Entscheidung von Betroffenen und behandelndem Arzt gemeinsam getroffen wird.

Dokumentiert wurden 2271 an Schizophrenie erkrankte Patienten. Das durchschnittliche Alter betrug 41 Jahre. 55 % waren männlichen Geschlechts. Die Erkrankungsdauer betrug im Durchschnitt 11 Jahre, die letzte akute Episode lag durchschnittlich 21 Monate zurück.

Als Hauptgründe für eine medikamentöse Umstellung auf ein Depot-Antipsychotikum wurden mangelnde Compliance (47 %) sowie mangelnde Wirksamkeit und Verträglichkeit der Vortherapie genannt. Es waren Mehrfachnennungen bei dieser Multiple-Choice-Frage möglich und es entfielen 24 % der Nennungen für den Umstellungsgrund auf den Punkt "Patientenwunsch". Vor der Ein- und bzw. Umstellung der Erhaltungstherapie wurden auch die Erwartungen und Bedürfnisse der Patienten und Angehörigen erfragt. Als Hauptthemen wurden hier Verträglichkeit und Sicherheit, Wirksamkeit und Rezidivprophylaxe aufgeführt. Weitere Gebiete waren Einnahme- und Therapiesicherheit sowie der Wunsch nach weniger Sedierung.

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Rezidivprophylaxe und weniger Krankenhausaufenthalte

Zur Beratung und Aufklärung von Patienten und Angehörigen gehört auch, den Nutzen einer neuen Therapie zu besprechen, um eine möglichst gute Therapietreue und -zufriedenheit zu erreichen. Auf die entsprechende Frage hin nannten Ärzte, die ein atypisches Antipsychotikum bevorzugten, die geringere Gefahr einer erneuten Symptomverschlechterung mit 74 % sowie die Unabhängigkeit von einer täglichen Tabletteneinnahme ebenfalls mit 74 %. Genauso eindringlich wurde auf die bessere Verträglichkeit (70 %) und die geringere Wahrscheinlichkeit von stationären Behandlungen (72 %) hingewiesen.

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Patienten bevorzugen atypisches Depot-Antipsychotikum

88 % aller Patienten/Angehörigen wurden nach ihren Wünschen und Erwartungen an ihre Medikation befragt. Im Anschluss an diese Befragung erschien 61 % der Patienten bzw. Angehörigen ein atypisches Depot-Antipsychotikum am besten geeignet, die eigenen Erwartungen und Bedürfnisse zu erfüllen. Waren die Patienten mit einem konventionellen Depot-Neuroleptikum vorbehandelt, lag die Zustimmung bei 73 %. Auf die Frage, welche Medikationsformen anschließend eingehend mit dem Patienten bzw. Angehörigen besprochen wurden, nannten 79 % "Atypisches Antipsychotikum in Depotform", und 32 % ein orales atypisches Antipsychotikum. Konventionelle orale und Depot-Neuroleptika wurden mit 3 bzw. 6 % genannt.

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Erste Präferenz: atypisches Depot-Antipsychotikum

Auch die Ärzte wurden zu ihrer Präferenz bezüglich der medikamentösen Erhaltungstherapie schizophrener Erkrankungen befragt. Bei der Muliple-Choice-Frage mit der Möglichkeit von Mehrfachnennungen entfielen 81 % auf "Atypisches Neuroleptikum in Depotform". Wenn der Patient mit einem konventionellen Depot-Neuroleptikum vortherapiert war, lag die Präferenz bei 88 %. Die Umstellung auf ein atypisches orales Antipsychotikum lag an zweiter Stelle mit 19 %. Als Hauptgründe für die Umstellung auf ein atypisches Depot-Antipsychotikum nannten die Behandler die Sicherheit (74 %), Wirksamkeit (75 %) und Verträglichkeit (71 %), aber auch eigene positive Erfahrungen (66 %) sowie positive Erfahrungen von Patienten. Die größten Vorteile einer Depotformulierung wurden von 47 % der Ärzte in einer verbesserten Compliance, von 33 % in einer verbesserten Einnahmesicherheit und von 31 % in einer verbesserten Arzt-Patientenbeziehung gesehen.

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Fazit

Die vorliegende Untersuchung zeigt, dass ein intensiver Austausch zwischen Arzt und Patient bzw. Angehörigen stattfindet, bevor es zu einer Umstellung auf eine neue medikamentöse Erhaltungstherapie kommt. Dabei werden auf beiden Seiten die Vorteile einer Therapie mit einem atypischen Depot-Antipsychotikum wie Risperdal® Consta® (Risperidon) mit i.m. Verabreichung alle 2 Wochen und gleichmäßigen Wirkstoffspiegeln klar erkannt: Therapiesicherheit, Compliance, Verträglichkeit, Rezidivreduktion, Reduktion der Krankenhaus-Aufenthaltswahrscheinlichkeit.

Dr. med. Peter Tonn, Hamburg

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