psychoneuro 2007; 33(6): 264
DOI: 10.1055/s-2007-985219
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Schwerste Epilepsie - Behandlung des Lennox-Gastaut-Syndroms

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Publication Date:
26 July 2007 (online)

 
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Das Lennox-Gastaut-Syndrom (LGS) ist eine besonders schwere Epilepsieform mit mehreren Anfällen pro Tag. Am häufigsten sind tonische Anfälle in unterschiedlicher Ausprägung. Aber auch myoklonische Anfälle treten häufig auf, oft bei Müdigkeit, sowie atonische Anfälle, atypische Absencen, Grand-mal-Anfälle, fokale und teils auch tonisch-klonische Anfälle. Ursache ist in vielen Fällen eine tief greifende hirnorganische Störung, die prä-, peri- oder postnatal entstanden ist. Bisher war LGS nur sehr schwierig zufriedenstellend zu behandeln. Seit kurzem wurde Rufinamid (Inovelon®) als erste und bislang einzige Substanz von der europäischen Arzneimittelagentur (EMEA) spezifisch zur Behandlung des LGS bei Patienten ab vier Jahren zugelassen. Rufinamid, ein Triazolderivat, das strukturell nicht mit anderen Antiepileptika verwandt ist, inhibiert die Aktivität von Natriumkanälen und verlängert so deren inaktives Stadium.

Inovelon® ist in Deutschland als Filmtablette zur oralen Einnahme (2x täglich) in den Dosisstärken 200 mg und 400 mg erhältlich. Die empfohlene Einstiegsdosierung beträgt 200 mg/Tag bis 400 mg/Tag, abhängig von Alter und Gewicht des Patienten sowie der antiepileptischen Komedikation.

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Studienergebnisse

In einer randomisierten, placebokontrollierten Doppelblindstudie mit 139 LGS-Patienten im Alter von vier bis 30 Jahren zeigte sich unter Rufinamid als Add-on ein signifikanter Rückgang sowohl der Häufigkeit als auch des Schweregrades aller mit LGS-assoziierten Anfälle. Alle Patienten waren zu Studienbeginn mit bis zu drei verschiedenen Antiepileptika behandelt worden. Anschließend erhielten die Patienten randomisiert Placebo oder Rufinamid zusätzlich zu ihrer Standardmedikation. Nach einer zweiwöchigen Titrationsphase wurden die Patienten 70 Tage lang mit 45 mg Rufinamid/kg Körpergewicht pro Tag bzw. Placebo behandelt.

Die Zahl der Anfälle reduzierte sich bei den Patienten, die mit Rufinamid behandelt wurden, um durchschnittlich 32,7 % im Vergleich zu vier Wochen vor Behandlungsbeginn. In der Plazebogruppe lag die Reduktion der Anfälle lediglich bei 11,7 % (p = 0,0015). Insbesondere reduzierte sich die Frequenz der Sturzanfälle (42,5 % weniger Anfälle vs. 1,4 % mehr Anfälle unter Placebo; p < 0,0001). 42,5 % der mit Rufinamid behandelten Patienten sprachen auf die Behandlung an (d.h. >50 % Reduktion der Sturzanfälle), unter Placebo lag die Responderrate bei 16,7 % (p = 0,002). Der Schweregrad der Anfälle nahm unter Rufinamid bei 53,4 % der Patienten, unter Placebo nur bei 30,6 % der Patienten ab (p = 0,0041). Die häufigsten Nebenwirkungen unter Rufinamid waren Müdigkeit und Erbrechen.

KW

Quelle: Glauser TN et al. Efficacy and Safety of Rufinamide Adjunctive Therapy in Patients With Lennox-Gastaut-Syndrome (LGS): a Multicenter, Double-blind, Placebo-controlled, Parallel Trial. Neurology 2005; 64: 1826