Diabetes aktuell 2007; 5(1): 39-40
DOI: 10.1055/s-2007-985314
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Serenade in Kapstadt - Rimonabant zeigt erneut positive Auswirkungen auf kardiometabolische Risikofaktoren

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18 July 2007 (online)

 
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Dass der Typ-2-Diabetes meist mit einem erhöhten Körpergewicht einhergeht und dass in der Regel damit kardiometabolische Risikofaktoren wie ein erhöhter Taillenumfang (der den "BMI" als Risikoindikator ergänzen sollte), ein erniedrigtes HDL und ein zu hoher Triglyzeridspiegel verbunden sind, ist nun wirklich nicht neu. Das ändert nichts an der Tatsache, dass Therapieversuche bei den betroffenen Patienten oder Risikopersonen meist frustran enden - Therapievereinbarungen bezüglich einer "gesunden" Ernährung und mehr Bewegung zur Reduzierung des Gewichts und damit einer Verbesserung der Gesamtsituation werden oft gar nicht oder nur für einen begrenzten Zeitraum eingehalten.

Dazu kommt, so die Aussage der bei der Tagung der International Diabetes Federation (IDF) im Dezember 2006 in Kapstadt versammelten Experten, dass eine Verbesserung des Blutzuckerkontrolle bei den meisten verfügbaren Therapien oft mit einer Gewichtszunahme verbunden ist, die dann wiederum die positiven Effekte auf die kardiometabolischen Risikofaktoren teilweise konterkariert.

Es gibt deshalb, so die Experten, unbestreitbar einen hohen und bisher nicht gedeckten Bedarf für orale Antidiabetika, die den HbA1c verbessern und gleichzeitig das Gewicht reduzieren helfen.

Vor diesem Hintergrund wurden die am 5. Dezember 2006 beim Weltkongress der IDF in Kapstadt in einer Hotline-Session präsentierten Ergebnisse der SERENADE-Studie[1] mit Spannung erwartet. Schließlich handelt es sich dabei um die erste Studie mit Rimonabant bei Patienten mit Typ-2-Diabetes, die bisher keine oralen Antidiabetika erhalten hatten. Der erste selektive Blocker der Rezeptoren vom Cannabinoidtyp 1 (CB1) regelt zentral und peripher die endogene Überaktivität des Endocannabinoid-Systems und führt zur Gewichtsreduktion, zur Abnahme des Taillenumfangs und der Triglyzeride und zu einem Anstieg des HDL-Spiegels. Außerdem beeinflusst die Substanz peripher und zentral die Produktion von Adiponektin im Fettgewebe und die Glukoseaufnahme im Muskel und es gibt auch eine Evidenz für eine Expression von CB1-Rezeptoren im Pankreas und der Leber.

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Umfangreiches Studienprogramm

In der RIO-Diabetes-Studie[2], in die Patienten mit Typ-2-Diabetes eingeschlossen waren, hatte Rimonabant eine deutliche Verbesserung der glykämischen Kontrolle mit einem Absinken des HbA1c von durchschnittlich 7,3 % auf 6,7 % unter der Therapie mit 20 mg Rimonabant über einen Zeitraum von 52 Wochen gezeigt. Dies sollte in SERENADE weiter untersucht und belegt werden. SERENADE, die erste Studie an Patienten die bisher keine oralen Antidiabetika erhalten hatten, ist dabei Teil eines Studienprogramms, das mit den beiden RIO-Studien (RIO-Diabetes und RIO NA-EU-Lipids) begonnen hat. Fortgeführt wird das "musikalische" Programm nach Prof. Julio Rosenstock, Medicine University of Texas Southwestern Medical School in Dallas, der die SERENADE-Daten präsentierte, mit mehr als 22 000 Patienten in den Studien ADAGIO[3], ARPEGGIO[4], RAPSODI[5], STRADIVARIUS[6], AUDITOR[7] und CRESCENDO[8] - die letzten Daten werden etwa bis 2011 erwartet.

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SERENADE - Ziele und Ergebnisse

Bei Serenade handelt es sich um eine multizentrische (56 Zentren in sieben Ländern), randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Studie mit einer Parallelgruppe über sechs Monate. Dabei sollte die Wirkung von 20 mg Rimonabant pro Tag auf die Blutzuckerkontrolle (Parameter: Änderung des HbA1c in Bezug auf die Ausgangssituation) bei Patienten mit Typ-2-Diabetes verglichen werden, die bisher keine oralen Antidiabetika erhalten hatten (primärer Endpunkt). Die sekundären Endpunkte umfassten

  • den Prozenzsatz an Patienten, die einen HbA1c von < 6,5 % und 7 % ereichten

  • Änderungen im Nüchternblutzucker-Spiegel

  • Änderungen im Nüchterninsulin-Spiegel und dem HOMA IR-Index

  • Änderungen beim Körpergewicht und beim Taillenumfang

  • Änderungen beim HDL und den Triglyzeriden

  • Änderungen beim Blutdruck

Zusätzlich sollen LDL-Partikelgröße, Apo-B und APO-A1, Adiponektin, Leptin, Ghrelin und Urinalbumin/Kreatinin untersucht werden.

Zugangsvoraussetzung für die Studie waren ein nicht kürzer als zwei Monate und nicht länger als drei Jahre diagnostizierter Typ-2-Diabetes und ein HbA1c ≥ 7 % bis ≤ 10 %), die Patienten mussten über 18 Jahre alt sein und durften vorher - von klar definierten kurzzeitigen Ausnahmen abgesehen, die mindestens mehr als sechs Monate vor Studienbeginn liegen mussten - keine Medikamente für ihren Diabetes eingenommen haben. In der zweiwöchigen Screeningphase sollten die Studienteilnehmer ihre Ernährungsgewohnheiten beibehalten, danach erhielten alle über sechs Monate eine Diät mit einem täglichen Energiedefizit von 600 kcal und die Empfehlung, körperlich aktiver zu werden, sowie entweder 20 mg Rimonabant täglich oder ein Placebo. Lag das HbA1c bei einer Kontrolle nach 90 oder 180 Tagen > 9 %, wurde eine "Rescue-Medikation" eingesetzt. Die Placebogruppe umfasste 140, die Verumgruppe 138 Patienten, die in ihren demografischen Daten vergleichbar waren (Tabelle [1]). Zahlreiche Patienten hatten außer dem diagnostizierten Typ-2-Diabetes eine Hypertonie, ein niedriges HDL, hohes LDL und hohe Triglyzeridspiegel. Insgesamt wurden letztendlich in der Placebogruppe 131 und in der Rimonabantgruppe 130 Patienten in die Studie eingeschlossen. Im Studienverlauf mussten nach den Studienbedingungen in der Placebogruppe 14 Patienten und in der Verumgruppe vier Patienten eine sogenannte "Rescue-Medikation" wegen eines zu hohen HbA1c erhalten, am Studienende waren in der Placebogruppe noch 125 und in der Verumgruppe 111 Patienten.

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Tab. 1 SERENADE - Patientendaten bei Studienbeginn

Insgesamt kam es in der Placebogruppe zu einer Verbesserung des HbA1c nach sechs Monaten um 0,3 %, in der Verumgruppe um 0,8 %. Wichtig ist dabei, dass nach Berechnung der Experten 57 % des positiven Effekts direkt auf Rimonabant zurückzuführen sind und für 43 % ist der Gewichtsverlust verantwortlich. Dies ist ein weiterer Hinweis darauf, so die Experten, dass Rimonabant direkte metabolische Wirkungen zeigt.

Ein noch besserer Effekt zeigt sich bei den Patienten, die zu Beginn der Studie einen HbA1c über 8,5 % hatten, hier sank der HbA1c in der Placebogruppe von 8,9 ± 0,3 auf 8,3 ± 1,8, eine Differenz von im Mittel - 0,7 ± 1,7 und in der Rimonabantgruppe von 8,9 ± 0,5 auf 7,0 ± 1,1, eine Differenz von 1,9 ± 1,1 %. Bei 50,8 % der Patienten senkte Rimonabant das HbA1c auf unter 7 % (Zielvorgabe der Amedican Diabetes Association ADA), in der Placebogruppe war dies nur bei 35 % der Patienten der Fall (p = 0,0122), einen HbA1c von unter 6,5 % hatten am Ende in der Placebogruppe 16 % der Patienten, in der Rimonabantgruppe dagegen 23,8 %.

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Positive Ergebnisse auch bei den sekundären Endpunkten

Die Placebopatienten verloren im Verlauf der Studie 2,8 kg an Körpergewicht, die Patienten in der Verumgruppe dagegen 6,7 kg (p = 0,0001), auch bei der Abnahme des Taillenumfangs zeigte Rimobant mit -6,1 cm deutlich bessere Ergebnisse als das Placebo mit -2,4 cm (p = 0,0001).

Der Nüchternblutzucker sank unter Rimonabant um 0,9 mmol/l, im Placeboarm um 0,1 mmol/l (p = 0,012), das HDL stieg um 10,1 % unter Verum gegenüber 3,2 % unter Placebo (p = 0,0001). Bei den Triglyzeriden kam es unter Placebo sogar zu einem Anstieg um 4,5 %, unter Rimonabant zu einem Absinken um 16,3 % (p = 0,0031). Der Adiponektinspiegel erhöhte sich unter Rimonabant um 1,6 µg/ml, verglichen mit einem Absinken um 0,2 µg/ml unter Placebo (p = 0,0001). Auch beim Blutdruck zeigte sich zumindest eine positive Tendenz unter Rimonabant, mit einem Rückgang um 5 mmHg beim systolischen 1,2 mmHg beim diastolischen Blutdruck, während es unter Placebo systolisch zu einem Absinken um 2,2 mmHg und einem Anstieg um 0,1 mmHg diastolisch kam.

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Sicher und verträglich

Bei 57,9 % der Patienten in der Placebogruppe und 70,3 % in der Verumgruppe traten unerwünschte Wirkungen auf, als schwerer wurden dabei 3,6 % (Placebo) bzw. 6,5 % (Verum) eingestuft, 2,1 % der Placebopatienten bzw. 9,4 % der Verumpatienten beendeten die Studie vorzeitig. Als häufigste unerwünschte Wirkungen wurden genannt (Placebo/ Verum): Schwindelgefühl mit 2,1 vs. 10,9 %, Übelkeit mit 3,6 vs. 8,7 %, eine Nasopharyngitis mit 7,9 vs. 7,2 %, Infektionen der oberen Atemwege mit 2,1 vs. 7,2 %, Ängstlichkeit mit 3,6 vs. 5,8 %, gedrückte Stimmung mit 0,7 vs. 5,8 % und Kopfschmerzen mit 6,4 vs. 3,6 %. Die Daten des Sicherheitsprogramms lagen damit auf einer Ebene mit den Daten der 6 000 Patienten im RIO-Studienprogramm.

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Die Ergebnisse von SERENADE

  • Das HbA1c sank um 0,8 % in der gesamten Verumgruppe

  • Bei Patienten mit einem Ausgangswert über = 8,5 % sank das HbA1c um 1,9 %

  • Das Körpergewicht sank um 6,7 kg, der Taillenumfang schrumpfte um 6 cm

  • Der HDL-Spiegel wurde um 10 % erhöht, der Triglyzeridspiegel sank um 16 %

  • Die häufigsten unerwünschten Wirkungen waren Schwindelgefühl, Übelkeit, Infektionen der oberen Atemwege, Ängstlichkeit und gedrückte Stimmung in der Verumgruppe

  • Eine Hypoglykämie trat nicht häufiger auf als unter Placebo

  • Rimonabant wurde allgemein gut vertragen, die Daten sind im Einklang mit denjenigen der RIO-Studien

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SERENADE - eine wichtige Studie

Die SERENADE-Studie ist wichtig, so die Experten in Kapstadt, weil darin mit Rimonabant eine signifikante Reduktion von HbA1c, Körpergewicht und Taillenumfang bei gleichzeitig verbessertem Lipidprofil und Adiponektinspiegel erreicht wurde.

Rimonabant eröffnet einen neuen Zugang zum Management des Typ-2-Diabetes und hat einen positiven Einfluss auf zahlreiche kardiometabolische Faktoren, die üblicherweise beim Typ-2-Diabetes beobachtet werden.

Mit Spannung werden weitere Studien mit möglichen Kombinationspartnern wie Metformin und/oder Glitazonen sowie DPP-4-Hemmern erwartet, aber auch mit Insulin, um den positiven Effekt einer glykämischen Kontrolle in Verbindung mit einer Gewichtsreduktion beim Management des Typ-2-Diabetes weiter zu untersuchen.

Günther Buck

Quellen: Hotline-Session beim Weltkongress für Diabetes der International Diabetes Confederation (IDF) am 5. Dezember 2006 in Kapstadt/Südafrika, Pressekonferenz von sanofi-aventis am 5. Dezember 2006 in Kapstadt.

01 SERENADE = Study Evaluating Rimonabant Efficacy in Drug-naive Diabetic Patients

02 RIO = Rimonabant In Obesity

03 ADAGIO = An International Study of rimonabant in Dyslipidemia with AtheroGenic Risk In Abdominally Obese Patients

04 ARPEGGIO = A Multicenter Randomized Placebo-controllEd Double-blind, Parallel-Group, Fixed-dose Study Evaluating the Effect of One Dose of rimonabant 20 mg/day on Glycemic Control in Type 2 Diabetes Patients Inadequately COntrolled with Insulin

05 RAPSODI = RimonAbant in Pre-Diabetic Subjects to Delay Onset of Type 2 DIabetes

06 STRADIVARIUS = Strategy To Reduce Atherosclerotic Development InVolving Administration of Rimonabant - The Intravascular Ultrasound Study

07 AUDITOR = Atherosclerosis Underlying Development Assessed by Intima-media Thickness in Patients On Rimonabant

08 CRESCENDO = Comprehensive Rimonabant Evaluation Study of Cardiovascular ENDpoints and Outcomes

01 SERENADE = Study Evaluating Rimonabant Efficacy in Drug-naive Diabetic Patients

02 RIO = Rimonabant In Obesity

03 ADAGIO = An International Study of rimonabant in Dyslipidemia with AtheroGenic Risk In Abdominally Obese Patients

04 ARPEGGIO = A Multicenter Randomized Placebo-controllEd Double-blind, Parallel-Group, Fixed-dose Study Evaluating the Effect of One Dose of rimonabant 20 mg/day on Glycemic Control in Type 2 Diabetes Patients Inadequately COntrolled with Insulin

05 RAPSODI = RimonAbant in Pre-Diabetic Subjects to Delay Onset of Type 2 DIabetes

06 STRADIVARIUS = Strategy To Reduce Atherosclerotic Development InVolving Administration of Rimonabant - The Intravascular Ultrasound Study

07 AUDITOR = Atherosclerosis Underlying Development Assessed by Intima-media Thickness in Patients On Rimonabant

08 CRESCENDO = Comprehensive Rimonabant Evaluation Study of Cardiovascular ENDpoints and Outcomes

 
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Tab. 1 SERENADE - Patientendaten bei Studienbeginn