Z Orthop Unfall 2007; 145(4): 406-407
DOI: 10.1055/s-2007-986516
Orthopädie und Unfallchirurgie aktuell

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Hüft-Endoprothetik - Tantal-Implantat bei Hüftkopfnekrose - eine Alternative?

Further Information

Publication History

Publication Date:
02 October 2007 (online)

 
Table of Contents

Etablierte gelenkerhaltende operative Verfahren bei der Hüftkopfnekrose sind die Anbohrung des Osteonekroseherdes und das Knochentransplantat. Nun wurde ein poröses Tantalum-Implantat entwickelt, das in seiner Effektivität (Abstützung des Hüftkopfes) einem Knochentransplantat vergleichbar sein soll.

Die ersten Erfahrungen deuten darauf hin, dass eine temporäre Stabilisierung der Hüftkopfkalotte mit dem verwendeten Tantal-Implantat möglich ist. Dies gilt vor allem für Patienten mit einem frühen Stadium der Hüftkopfnekrose - auch unter einer postoperativ durchgeführten Vollbelastung. Bei Patienten, die zuvor eine Chemotherapie/Kortikosteroidtherapie erhalten hatten und die ein bereits zu weit fortgeschrittenes Stadium der Hüftkopfnekrose aufweisen, reicht das eigene Regenerationspotential nicht aus, um den Hüftkopf auch im weiteren Verlauf zu erhalten. Bei diesen Patienten sehen wir nur eine sehr eingeschränkte Prognose bei der alleinigen Versorgung mit einem Tantal-Implantat. Diskutiert werden sollte, ob bei dieser Patientengruppe nicht die Versorgung mit einer Kombination aus einem Tantal-Implantat und dem Einbringen von Wachstumsfaktoren (BMP) eine Möglichkeit zur Gelenkerhaltung darstellen könnte.

#

Operative Behandlungsmethoden

Die Behandlungsmethoden der Hüftkopfnekrose werden in der Literatur kontrovers diskutiert. Unterschieden wird prinzipiell zwischen konservativen und operativen Behandlungsmethoden. Bei den operativen Therapieoptionen wird im Weiteren zwischen gelenkerhaltenden und gelenkopfernden Maßnahmen differenziert.

Während zu den gelenkopfernden Maßnahmen die endoprothetische Versorgung des Gelenkes zählt, beinhalten die gelenkerhaltenden Maßnahmen die Anbohrung des Hüftkopfes zur Dekompression mit und ohne Spongiosaplastik sowie die Umstellungsosteotomie.

Bei allen Behandlungsmethoden ist im Allgemeinen eine mehrwöchige Entlastung der betroffenen Extremität an Unterarmgehstützen erforderlich, was neben den klinischen Beschwerden bei den Patienten der meist jungen Altersgruppe eine entscheidende Reduktion ihrer Lebensqualität mit schwerwiegenden Veränderungen für die weitere berufliche und private Lebensführung bedeutet.

Ziel der Behandlung sollte sein, die Diagnose einer Hüftkopfnekrose in einem möglichst frühen Stadium zu stellen (d. h. vor Einbruch des Hüftkopfes), eine gelenkerhaltende Versorgung anzustreben und die Implantation einer Endoprothese zu vermeiden.

Zoom Image

Abb. 1 Röntgenverlauf eines 48-jährigen Patienten mit Z. n. Chemotherapie, bei dem es nach Versorgung mit Tantal-Implantat zu einem Fortschreiten/Einbruch der Hüftkopfnekrose kam, so dass die Versorgung mit Endoprothesen beidseits erforderlich wurde. a präoperativ, b direkt postoperativ, c 4 Monate postoperativ, d, e Versorgung mit Hüft-TEP links ca. 5 Monate und rechts 9 Monate postoperativ.

Zoom Image

Abb. 2 Röntgenverlauf 48-jähriger Patient mit Hüftkopfnekrose links (ARCO 2) 14 Monate postoperativ nach Versorgung mit Tantal-Implantat, deutliche Besserung der Beschwerdesymptomatik im Harris-Hip-Score von 18 Punkten präoperativ auf 94 Punkte postoperativ. a Patient mit Hüftkopfnekrose links (ARCO 2), b 14 Monate postoperativ.

#

Nachteile der herkömmlichen Methoden

Als gelenkerhaltende Verfahren werden die Anbohrung des Osteonekroseherdes und das Einbringen eines Knochentransplantates am häufigsten durchgeführt. Beide Methoden bringen Nachteile mit sich. Der Nachteil der Herdanbohrung ist, dass sie nur wenig Abstützung im Bereich des subchondralen Knochens bietet. Die Auffüllung mit einem Knochentransplantat ist verbunden mit einem zusätzlichen operativen Trauma an der Entnahmestelle, längerer Dauer der Operation und Blutverlust.

Um die mit der Knochentransplantation verbundene Problematik zu vermeiden, wurde ein poröses Tantalum-Implantat entwickelt, das gleichzeitig eine mechanische Abstützung des Hüftkopfes und die Versorgung mit Blut- und Knochenzellen gewährleisten soll. Das Implantat soll in seiner Effektivität der Abstützung des Hüftkopfes mit einem Knochentransplantat vergleichbar sein.

Beim Einsatz dieses Tantal-Implantats bei einer Patientengruppe waren folgende Fragestellungen besonders wichtig:

  • Ist eine Vollbelastung nach Versorgung mit einem Tantal-Implantat möglich?

  • Welche Grenzindikationen liegen für die Versorgung mit einem Tantal-Implantat vor?

  • Gibt es Patienten, für die das Tantal-Implantat nicht geeignet ist?

#

Nachuntersuchungszeitraum vom 18 Monaten

Im Zeitraum zwischen Dezember 2003 und März 2006 wurden 16 Patienten mit einem Tantal-Implantat bei Vorliegen einer Hüftkopfnekrose versorgt. Bei drei Patienten erfolgte ein beidseitiges Einbringen des Tantal-Nagels, so dass insgesamt 19 Hüftköpfe versorgt wurden. Das Alter zum Zeitpunkt der Operation betrug im Mittel 41 Jahre (16-63 Jahre). In der Patientengruppe von 12 Männern und 4 Frauen waren Patienten mit einem ARCO (Association Research Circulation Osseous)-Stadium I-III eingeschlossen, wobei mit 15 Patienten am häufigsten das ARCO II-Stadium vertreten war. Jeweils zwei Hüftköpfe wurden dem ARCO-Stadium I bzw. dem ARCO-Stadium III zugeordnet. Da für Patienten mit einem komplett destruierten Hüftkopf (ARCO IV) der endoprothetische Ersatz empfohlen wird, wurden diese Patienten nicht mit eingeschlossen. Postoperativ wurde allen Patienten Vollbelastung gestattet. Der durchschnittliche Nachuntersuchungszeitraum betrug 18 Monate. Ausgewertet wurden die Krankenunterlagen, außerdem wurden die Patienten klinisch, radiologisch und mit Hilfe des Harris-Hip-Scores nachuntersucht.

#

Jeder zweite Patient profitierte

Die Auswertung der Krankenunterlagen betreffend der Ätiologie der Hüftkopfnekrose zeigte, dass bei drei Patienten (5 Hüftköpfe) zuvor eine Chemotherapie erfolgt war. Bei drei weiteren Patienten war die Hüftkopfnekrose posttraumatisch entstanden, bei einem Patienten erfolgte bereits im Vorfeld eine Herdanbohrung, und ein Patient gab Nikotinabusus an. Alle Patienten konnten für die Nachuntersuchung, zumindest telefonisch, erreicht werden, um den Harris-Hip-Score zu erfragen. Dabei zeigte sich, dass bereits zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung nach 18 Monaten bei acht Patienten (10 Hüftgelenke) vom liegenden Tantal-Implantat auf einen endoprothetischen Ersatz des Hüftgelenkes gewechselt werden musste. Grund für die Wechseloperation waren vor allem persistierende Schmerzen. Die mittlere Standzeit der revisionsbedürftigen Nägel betrug im Mittel 14,6 (5-25) Monate. Zu den revisionsbedürftigen Patienten zählten alle diejenigen, die im Vorfeld eine Chemotherapie oder ein fortgeschrittenes Stadium der Hüftkopfnekrose hatten.

Literatur bei der Verfasserin

Zoom Image

PD Dr. Gabriela von Lewinski

PD Dr. Gabriela von Lewinski, Prof. Dr. Henning Windhagen, Dr. Fritz Thorey,

Orthopädische Klinik Medizinische Hochschule Hannover,

Email: Gabriela.von.lewinski@annastift.de

 
Zoom Image

Abb. 1 Röntgenverlauf eines 48-jährigen Patienten mit Z. n. Chemotherapie, bei dem es nach Versorgung mit Tantal-Implantat zu einem Fortschreiten/Einbruch der Hüftkopfnekrose kam, so dass die Versorgung mit Endoprothesen beidseits erforderlich wurde. a präoperativ, b direkt postoperativ, c 4 Monate postoperativ, d, e Versorgung mit Hüft-TEP links ca. 5 Monate und rechts 9 Monate postoperativ.

Zoom Image

Abb. 2 Röntgenverlauf 48-jähriger Patient mit Hüftkopfnekrose links (ARCO 2) 14 Monate postoperativ nach Versorgung mit Tantal-Implantat, deutliche Besserung der Beschwerdesymptomatik im Harris-Hip-Score von 18 Punkten präoperativ auf 94 Punkte postoperativ. a Patient mit Hüftkopfnekrose links (ARCO 2), b 14 Monate postoperativ.

Zoom Image

PD Dr. Gabriela von Lewinski