Eine Leitliniengerechte medizinische Behandlung ist erfolgreicher als Therapien, die
sich nicht an Leitlinien orientieren - dies zeigen Studien. Sie belegen auch, dass
Ärzte Leitlinien in der täglichen Praxis zunehmend besser umsetzen. Die Deutsche Gesellschaft
für Innere Medizin (DGIM) weist aber auch auf Probleme mit medizinischen Leitlinien
hin: diese müssten stärker die Besonderheiten unserer Gesellschaft und unseres Gesundheitssystems
berücksichtigen, fordert die Fachgesellschaft. Die Verantwortung für die Versorgung
des einzelnen Patienten liege nach wie vor bei dem behandelnden Arzt.
Denn jeder individuelle Fall entzieht sich der statistischen Analyse: "Leitlinien
sind Empfehlungen, die auf medizinisch-wissenschaftlicher Evidenz von Studien basieren,
die wiederum den Einzelfall nicht zwangsläufig repräsentieren", sagt Prof. Georg Ertl,
erster Vorsitzender der DGIM und Direktor der Medizinischen Universitätsklinik I,
Würzburg. Nur der behandelnde Arzt könne die individuelle Lage der Patienten angemessen
bewerten. Er müsse Lücken und Einschränkungen von Leitlinien berücksichtigen.
Richtig angewandt verbessern Leitlinien die Therapie
Auf Leitlinien basieren auch Deutschlands Nationale Versorgungsleitlinien (NVL). Sie
sollten eigentlich die Grundlage für "Disease Management Programme" (DMP) - strukturierte
Behandlungsprogramme für chronische Erkrankungen wie Asthma, Brustkrebs oder Diabetes
bilden. "Damit ist die evidenzbasierte Medizin in der Gesundheitspolitik angekommen
und erlangt entscheidende Bedeutung für die medizinische Versorgung", sagt Prof. Ertl.
Doch das Instrument DMP sei in seinen "Wirkungen und Nebenwirkungen" im deutschen
Gesundheitssystem bisher nicht wissenschaftlich überprüft: "Der Anspruch der Politik
an die Qualitätssicherung im Gesundheitssystem muss an dieser Stelle zurück gegeben
und eine Qualitätssicherung auch für gesundheitspolitische Maßnahmen gefordert werden",
betont der Vorsitzende des 114. Internistenkongresses.
Richtig angewandt verbessern Leitlinien die Therapie, erhöhen die Lebenserwartung
und -qualität, so die DGIM. Sie sollten auf breitem Konsens von Experten basieren.
Die DGIM setzt sich für entsprechende Studien im Bereich Versorgungsforschung ein.
Im Rahmen ihrer Jahrestagung 2008 mit den Hauptthemen "Prävention und Therapie: von
Grundlagen- zur Versorgungsforschung" und "Von Leitlinien zur Therapie des individuellen
Patienten" wird sie dem Thema besonderes Gewicht verleihen.
Diana Kieper, Stuttgart