ergoscience 2008; 3(2): 85
DOI: 10.1055/s-2008-1027377
Veranstaltungsberichte

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Clearingstellen - Aufgaben und Verantwortung im Umfeld der Entwicklung von Leitlinien

Veranstaltung an der HAWK Hildesheim am 30.11.2007Angelika Roschka, Annekatrin Franzky, Anita Zwicky
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Publication Date:
16 April 2008 (online)

An der Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) in Hildesheim fand im Rahmen des Master-Studiengangs der Gesundheitsfachberufe Ergotherapie, Logopädie und Physiotherapie am 30.11.07 eine Tagung zum Thema der Clearingstellen im Umfeld der Entwicklung von Leitlinien statt. Als externe Referenten waren Frau S. George aus dem Vorstand des Deutschen Verbandes der Ergotherapeuten und Herr Kramer, Unternehmensberater, geladen. Die auf die Referate folgenden Diskussionen wiesen auf die Umbruchstimmung, konkret: auf die Notwendigkeit einer Weiterentwicklung im Bereich des Erstellens von Leitlinien und der Einrichtung von Clearingstellen hin.

Es wurde zunächst die Frage aufgeworfen, wer Leitlinien entwickeln sollte und wo diesbezüglich die Gesundheitsfachberufe anzusiedeln seien. Oft werden nach Ansicht der Tagungsteilnehmer Leitlinien, die von den Berufsverbänden erstellt werden, kritisch betrachtet, da Berufsverbände vor allem politisch agierten. Es sollte aber vermieden werden, dass sich Politisches und evidenzbasierte Forschung vermischen. Um in Zukunft eine Brücke zwischen Politik und Praxis schlagen zu können, sei überdies die Gründung von Fachgesellschaften sinnvoll.

Viel grundlegender war unseres Erachtens aber, zu diskutieren, welche Bedeutung die evidenzbasierte Praxis im therapeutischen Handeln eigentlich hat. Ein großes Problem bei der Erstellung von Leitlinien in den Gesundheitsfachberufen ist nämlich die geringe Zahl an vorhandenen RCT-Studien, die derzeit als der Gold-Standard evidenzbasierter Medizin und demnach auch für die Leitlinienentwicklung gelten. Es ist demnach zu diskutieren, ob die bisher gepflegte Vorgehensweise bei der Entwicklung von Leitlinien für die Gesundheitsfachberufe überhaupt der richtige Weg sein kann. Eine Alternative bestünde darin, sich an vorhandene Studien der WHO anzulehnen, da sie (auch) in punkto Funktion, Aktivität und Partizipation eine bedeutende Rolle in den Gesundheitsfachberufen spielen. Der darauf basierende klientenzentrierte Ansatz verbindet die Gesundheitsfachberufe untereinander und stellt gleichzeitig ihr Alleinstellungsmerkmal gegenüber der Medizin dar.

Praktiker empfinden die Leitlinien oft als zu theoretisch und äußern den Wunsch nach Handlungsempfehlungen oder auch „Clinical Pathways”. Neben Leitlinien sind daher optimalerweise auch konkrete Behandlungspfade zu formulieren.

Zur Frage der Gestaltung von Leitlinien wäre eine Trennung nach internen, heilmittelbezogenen und interdisziplinären Leitlinien ein möglicher Ansatz. Eine Clearingstelle wäre unseres Erachtens für die Koordination von Aufträgen und Anfragen für die Leitlinienentwicklung ein großer Vorteil, weil sie als Projektmanagementstelle fungieren und die wichtige Zusammenarbeit mit Ärzten und anderen Therapeuten unterstützen könnte.

Leitlinien sollen als Qualitätsnachweise gegenüber Systempartnern zur Regelung der Arbeitsteilung (Integration der Gesundheitsfachberufe) und schon allein wegen des Professionalisierungsprozesses vorangetrieben werden. Es ist wichtig, dass die Gesundheitsfachberufe ihr therapeutisches Handeln durch Offenlegung und Begründung transparent gestalten. So wird die Kommunikation sowohl gegenüber den Ärzten und der Gesellschaft als auch innerhalb der Gesundheitsfachberufe gewährleistet.

Außerdem wurde diskutiert, wie Leitlinien und Clearingstellen realisiert und finanziert werden können. Anzustreben wären eine unabhängige Finanzierung z.B. durch Forschungsprojekte und eine gemeinsame Erarbeitung durch Praktiker, Berufsverbände, wissenschaftliche Fachgesellschaften und Hochschulen.

Angelika Roschka Bsc OT

Ploßstr. 14

04347 Leipzig

Email: like_an_angel@roschka.de

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